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Babel Gesamtausgabe - Band 1-3

Babel Gesamtausgabe - Band 1-3

Titel: Babel Gesamtausgabe - Band 1-3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Winter
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doch, dass sie in den entscheidenden Momenten nie da war. Die ganze Scheiße, die ich gesehen habe, ist auch ohne Magie passiert. Welche Rolle spielt es also, ob du das kannst oder nicht? Es hat die Welt nicht groß verändert, oder?«
    Genau das war der springende Punkt. Gemessen am Weltgeschehen spielte es keine große Rolle, das lag an den Grenzen, die die Magie hatte. Außerdem fragte sich Babel, was in Tamys Vergangenheit passiert war. Sie hatte nie ein Wort darüber verloren. Babel wusste nichts über sie, nicht einmal, ob sie Geschwister hatte.
    »Du gehst ein ziemliches Risiko ein, mir das zu erzählen. Ich meine, was ist, wenn ich es weitertratsche oder versuche, dich damit zu erpressen?«
    »Das wirst du nicht. Meine Menschenkenntnis ist nicht so schlecht.«
    »Darauf kann man sich nicht immer verlassen.«
    Babel sah sie an, die gerunzelte Stirn und ihren Blick, der sie zu durchbohren schien. »Manchmal muss man eben ein Risiko eingehen, sonst gewinnt man nichts.«
    Tamy schien eine Weile darüber nachzudenken, dann nickte sie und löste das Armband. Selbst im Schein der Laternen konnte Babel die dünnen hellen Linien darunter sehen, die sich von ihrem Handgelenk nach oben zogen.
    Erschüttert blickte Babel sie an.
    »War eine enge Sache.«
    »Ich hätte nie gedacht, dass …«, stammelte Babel und hielt sofort wieder den Mund, weil alles, was ihr durch den Kopf ging, so banal klang.
    »Was? Dass ich der Typ bin, der so was versucht?«
    Sie nickte.
    »Alkohol ist auch nur Selbstmord auf Raten.«
    Wahrscheinlich hatte sie recht. Wahrscheinlich war eine solche Aktion sogar typischer für Tamy, als sie zuerst gedacht hatte – schließlich war sie aktiv und überließ nicht anderen die Entscheidung über das eigene Leben. Trotzdem wusste sie nicht, was sie sagen sollte.
    »Keine Bange, ich hab nicht vor, das zu wiederholen. Ist auch schon so lange her. Wie in einem anderen Leben.«
    Sie legte die Armbänder wieder um und räusperte sich. Schweigend saßen sie nebeneinander und brüteten über das Geständnis der jeweils anderen. Es kam Babel so vor, als hätte sich Tamy bei ihr für ihre Ehrlichkeit bedankt, als würde die Tatsache, dass Babel es ihr erzählt hatte, schwerer wiegen als der Fakt selbst. Dass Tamy ihr diesen Einblick in ihre Vergangenheit gewährt hatte, war ihre Art, das Gleichgewicht zwischen ihnen wiederherzustellen.
    Nachdem erneut Leute aus dem Club gekommen waren und Tamy sich wieder neben der Tür postiert hatte, kehrte sie zu ihrem alten Selbst zurück. »Dann mal raus mit der Sprache. Wozu brauchst du nun meine Hilfe?«
    »Ich muss ein paar Leute befragen. Kann sein, dass ich dabei jemanden brauche, der mir den Rücken deckt.«
    »Du kannst zaubern und brauchst trotzdem Muskeln?«
    Die Sache ließ sich anscheinend nicht klären, ohne eine peinliche Schwäche einzugestehen.
    »Möglicherweise habe ich das nicht ganz so gut im Griff. Das mit dem Zaubern.«
    Tamy sah sie misstrauisch von der Seite an. »Sag mal, hat das irgendwas mit unseren Montagstreffen zu tun?«
    »Könnte man so sagen.«
    »Verstehe. Komisch, ich hab immer gedacht, dass da was anders an dir ist. Wäre nur nicht auf so was gekommen.«
    »Was hast du denn gedacht?«
    »Mhm, na, eher so was wie eine wilde Affäre mit deinem Bruder oder so.«
    »Äh … Danke. Du hast ja eine hübsche Meinung von meinen moralischen Werten.«
    Tamy grinste. »Tja, hab ich mich eben getäuscht. Du bist nur ’ne Hexe.«
    »Genau, nur ’ne Hexe. Kann ich also mit deiner Hilfe rechnen?«
    »Aber ja.«
    Sie grinsten sich an, und Babel fiel ein riesiger Stein vom Herzen. Sie war erleichtert, dass Tamy jetzt Bescheid wusste, denn dann konnte sie ganz offen sein. Außerdem konnte sie Tamys Hilfe bei diesem Fall sehr gut gebrauchen – Babel konnte die Augen nicht überall haben, und zusätzliche Schlagkraft war nie eine schlechte Idee.
    Eine Weile schwiegen sie, denn die Geständnisse dieser Nacht hatten Kraft gekostet, und die Müdigkeit holte Babel ein.
    Als sie laut gähnen musste, sagte Tamy: »Sieh zu, dass du ins Bett kommst«, und obwohl es barsch klang, verspürte Babel eine Wärme, die sie einhüllte wie ein Tuch.
    Vielleicht konnte sie ihr auch irgendwann mal die Sache mit Sam erzählen.

10
    Am nächsten Morgen fühlte sich Babel wie gerädert. Ihre Augen brannten, hinter der linken Schläfe pochte ein anhaltender Schmerz, und ihre Zunge klebte am Gaumen, als wäre sie mit Klebstoff festgemacht. Mit pochendem Herzen lag Babel im Bett

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