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Babettes Fest

Babettes Fest

Titel: Babettes Fest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Blixen
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verstummten. Es war ein köstliches Verstummen, und im Geiste hielten sie sich noch immer bei den Händen und sangen.
Babette hatte entlang der Mitte des Tischs eine Reihe Kerzen aufgestellt. Die Flämmchen glänzten wider auf den schwarzen Bratenröcken und Kleidern und auf der einen scharlachroten Uniform, und spiegelten sich in hellen, feuchten Augen.
General Löwenhjelm sah Martines Gesicht im Kerzenschimmer, nicht anders als damals bei ihrer Trennung, vor dreißig Jahren. Was hatten dreißig Jahre Berlevaag-Leben wohl für Spuren darauf hinterlassen? Das goldene Haar war jetzt mit Silber durchzogen; das blumenfrische Gesicht hatte sich langsam in Alabaster verwandelt. Aber wie klar war die Stirn, wie ruhevoll zuverlässig die Augen, wie rein und süß der Mund, als sei nie ein hartes Wort über die Lippen geglitten. Als alle saßen, sprach das älteste Mitglied der Gemeinde das vom Propst selbst verfaßte Tischgebet:
«Mög die Speise den Leib mir erhalten Und der Leib mir die Seele hochhalten, Daß die Seele in Taten und Worten Preis kann singen dem Herrn allerorten.»
Bei dem Wort «Speise» besannen sich die Gäste, die alten Häupter über den gefalteten Händen, ihres Gelübdes, daß sie über diesen Gegenstand kein Wort äußern wollten, und verstärkten in ihren Herzen noch den Schwur: auch keinen Gedanken wollten sie dem Thema zuwenden. Zwar saßen sie hier zu einem Mahl beisammen; aber das hatten die Leute bei der Hochzeit zu Kana auch getan. Und Gottes Gnade hatte es beliebt, sich alldaselbst zu offenbaren, im Wunder des Weins, nicht minder als an anderen Orten.
Babettes Gehilfe schenkte für jeden ein kleines Gläschen ein. Sie hoben es mit ernster Miene zum Munde, als Bestätigung ihres Entschlusses.
General Löwenhjelm, etwas mißtrauisch gegen den Wein, nahm ein Schlückchen, stutzte, hob sich halb vom Sitz, führte das Glas zuerst an die Nase und dann in Augenhöhe und ließ sich verwirrt wieder auf seinen Stuhl fallen. Das ist ja nicht zu glauben, dachte er. Amontillado! Und der feinste Amontillado, den ich je getrunken habe! Um die Zuverlässigkeit seiner Sinneswahrnehmungen zu prüfen, kostete er einen Löffel Suppe, kostete einen zweiten, und ließ dann den Löffel sinken. Das wird ja immer wunderlicher, sagte er sich; was ich hier esse, ist doch unzweifelhaft Schildkrötensuppe – und zwar was für eine! Er fühlte sich von einer seltsamen Art von Panik übermannt und leerte sein Glas.
Im allgemeinen redeten die Leute in Berlevaag nicht viel beim Essen. An diesem Abend aber schienen die Zungen gelöst. Einer von den alten Brüdern erzählte, wie er zum erstenmal mit dem Propst zusammengetroffen war. Ein anderer wiederholte fast wortwörtlich die Predigt, die vor sechzig Jahren seine Bekehrung bewirkt hatte. Eine alte Frau, dieselbe, der sich Martine in ihrer Not zuerst anvertraut hatte, erinnerte den Freundeskreis daran, wie in jeder Anfechtung alle Brüder und Schwestern bereit waren, die Lasten miteinander zu teilen.
General Löwenhjelm, eingedenk seines Vorsatzes, das Tischgespräch zu beherrschen, erzählte, daß die gesammelten Predigten des Propstes zu den Lieblingsbüchern der Königin gehörten. Doch brachte ihn das soeben neu aufgetragene Gericht alsbald zum Verstummen. Unglaublich! durchzuckte es ihn; das ist ja Blinis Demidoff! Er blickte sich nach seinen Tischgenossen um: still und gelassen speisten sie ihr Blinis Demidoff, ohne das geringste Zeichen der Überraschung oder Zustimmung, als hätten sie seit dreißig Jahren nie etwas anderes getan.
Eine Schwester ihm gegenüber brachte das Gespräch auf die seltsamen Geschehnisse, die sich begeben hätten, als der Propst noch unter den Seinen weilte, und die man sehr wohl als Mirakel bezeichnen könne. Erinnerten sie sich, wie er damals versprochen hatte, in dem Dorf drüben auf der anderen Seite des Fjords eine Weihnachtsandacht zu halten?
Vierzehn Tage lang war das Wetter so schlecht, daß kein Bootsmann oder Fischer die Überfahrt wagen wollte. Die Dörfler gaben bereits die Hoffnung auf, aber der Propst erklärte ihnen, wenn kein Boot ihn übersetzte, werde er übers Wasser wandeln. Und siehe da! drei Tage vor Weihnachten hörte der Sturm auf, scharfer Frost setzte ein, und der Fjord fror zu von Ufer zu Ufer – wie es seit Menschengedenken nicht geschehen war!
Der Junge füllte die Gläser neu. Dieses Mal wußten die Brüder und Schwestern, daß es sich bei dem Getränk nicht um Wein handeln konnte, denn es sprühte. Es muß

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