Babettes Fest
Tania Blixens Geschichten spielen im 18. oder 19. Jahrhundert, ihre Figuren leben in einem fast märchenhaft verklärten Orient oder in einem ruhigen, den politischen und sozialen Umwälzungen der Zeit scheinbar entrückten Europa. Und doch zeichnet Tania Blixen keine Idyllen. Voraufgegangene Katastrophen – die despotische Willkür eines orientalischen Herrschers oder die Niederschlagung der Pariser Kommune – prägen Tania Blixens Protagonisten, die sich einem vermeintlich schicksalhaft vorgezeichneten Leben ergeben. Entstanden sind ihre Erzählungen aus einem von Unglück und Niederlagen belasteten Leben, aus einer «Katastrophenerfahrung» (Jürg Glauser). Für die «Scheherezade des Nordens», wie sich Tania Blixen oft selbst nannte, war Erzählen Mittel und Chance, aus dem Alltag erwachsene Bedrohungen und Gefahren zu bannen, Niederlagen zu bewältigen. Ihre phantastischen, Traumhaft-Irreales und Reales vermengenden Geschichten sind breit angelegte Anekdoten: Eine pointierte Einzelhandlung erhellt blitzartig das Ganze eines Lebens. Die Erzählungen stehen in der Tradition der Geschichten aus «Tausendundeine Nacht», von Boccaccios «Decamerone», Goethes «Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten», aber auch der Novellen und Erzählungen E. T. A. Hoffmanns, Edgar Allan Poes und Heinrich von Kleists. Sie gewinnen in ihrer spannungsreichen Darstellung der Stoffe und der kunstvollen, dem mündlichen Erzählen angelehnten sprachlichen Gestaltung weltliterarische Bedeutung.
«Babettes Fest» wurde zuerst 1950 unter dem Titel «Babette’s Feast» in der amerikanischen Zeitschrift «Ladies’ Home Journal» veröffentlicht und erschien 1960 unter dem Titel «Babettes Gastmahl» in dem Band «Schicksalsanekdoten» erstmals auf deutsch. 1987 wurde dieses «lukullische Märchen» von dem dänischen Regisseur Gabriel Axel verfilmt. Es ist eine Parabel über die Befreiung des Menschen aus den vom Schicksal auferlegten Zwängen durch die Kunst. Gleichzeitig spiegelt diese Novelle das literarische Credo der Autorin wider: Ebenso wie die Meisterköchin Babette mit ihrer Kunst, dem »dîner français», den beiden Schwestern Martine und Philippa die Möglichkeit gibt, zumindest für wenige Stunden aus ihrem pietistisch-puritanischen Dasein auszubrechen, so war auch für Tania Blixen selbst die Kunst – das Schreiben und Erzählen – der einzige Weg, alltäglichen Sorgen und Schwierigkeiten zu entfliehen.
Unsere Ausgabe folgt dem 1982 bei der Deutschen Verlags-Anstalt, Stuttgart, unter dem Titel «Babettes Gastmahl» erschienenen Text aus dem Band «Schicksalsanekdoten».
D. L.
CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek
Blixen, Tania:
Babettes Fest / Tania Blixen.
Aus d. Engl. übers. von W. E. Süskind. – Zürich: Manesse Verlag, 1989
(Manesse Bücherei; Bd. 25)
ISBN 3-71758150-3
NE: GT
Vw: Blixen-Finecke, Karen [Wirkl. Name] – Blixen, Tania
Buchgestaltung Brigitte und Hans Peter Willberg, Eppstein
Diese Erzählung ist unter dem Titel «Babettes Gastmahl»
in dem Band «Schicksalsanekdoten» enthalten, der 1982
bei der Deutschen Verlags-Anstalt, Stuttgart, erschien.
Copyright © 1980 by VEB Hinstorff Verlag, Rostock/DDR
Wir danken dem S. Fischer Verlag, Frankfurt, für die Lizenz an der Übersetzung. Copyright © 1989 für die vorliegende Ausgabe by Manesse Verlag, Zürich
Alle Rechte vorbehalten
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