Baby, Liebe, Glück
ebenso aufregend, wie es die Entdeckung einer neuen Welt für Columbus gewesen war. Sie waren alle so eifrig und lernbegierig, und ihre Begeisterung steckte Ashley jedes Mal an.
In diesem Jahr hatte sie drei neue Schüler, und sie war bereits auf dem Schulhof gewesen, um sie zu begrüßen und die Eltern ins Klassenzimmer einzuladen. Sie lächelte Adam Webber zu, der in den fünften Klassen unterrichtete, Basketball-Coach der Jungen war und gerade mit dem orangefarbenen Ball unter dem Arm aus dem Schulgebäude kam.
„Sieh sie dir an.“ Adam schüttelte den Kopf. „So lernbegierig und aufgeregt.“
„Keine Sorge, das wirst du ihnen schon austreiben.“
Er grinste, denn er wusste, dass er einer der beliebtesten Lehrer an der Parkdale war. „Wie sieht deine Klasse aus?“
„Dreiundzwanzig Kinder. Zehn Jungen, dreizehn Mädchen“, erwiderte Ashley.
„Vierundzwanzig.“
„Wie bitte?“
„Hast du noch nicht mit Wendy gesprochen?“ Wendy war die Sekretärin des Direktors.
„Nein, ich war noch gar nicht drin.“
„Sie hat mir gesagt, dass sie eine aktualisierte Schülerliste für dich hat.“
„Aber ich habe die Liste doch erst gestern abgeholt und am Abend die Namensschilder und Magnete für die Spinde gemacht.“
Er zuckte mit den Schultern. „Ich überbringe die Nachricht nur.“
Als Ashley sich umdrehte, um ins Schulgebäude zu gehen, sah sie das kleine Mädchen.
Vom Alter her sah es wie eine typische Erstklässlerin aus, mit langem dunklem Haar und großen Augen. Es trug ein ärmelloses pinkfarbenes Kleid mit aufgestickten Gänseblümchen am Kragen und am Saum und dazu passende Canvas-Sneakers.
Das musste ihr neuester Schützling sein.
Ashley setzte ein beruhigendes Lächeln auf und wollte gerade zu dem Kind gehen, als ihr Blick auf den Vater fiel. Sie erstarrte.
Der Mann, der die Hand des kleinen Mädchens hielt, war Cam Turcotte.
Ashley holte die aktualisierte Liste aus dem Sekretariat, eilte in ihr Klassenzimmer und schloss die Tür hinter sich. Sie musste allein sein und brauchte fünf Minuten, um die Realität zu verarbeiten, mit der sie gerade ohne Vorwarnung konfrontiert worden war. Um zu akzeptieren, dass Cam ein Kind hatte – dass eine andere Frau ihm das Baby geboren hatte, von dem Ashley damals geträumt hatte.
Sie wollte es nicht glauben, aber es war nicht zu leugnen. Das kleine Mädchen mit dem schimmernden dunklen Haar und den großen grünen Augen hatte sich an seine Hand geklammert, als wäre er der Mittelpunkt ihrer Welt. Es konnte nur seine Tochter sein.
Wieso hatte sie das nicht gewusst?
Cam war vor zwölf Jahren fortgegangen, aber seine Eltern waren in Pinehurst geblieben. Von seiner Mutter hatte sie erfahren, dass er mit Danica verheiratet war. Gayle Turcotte musste gespürt haben, wie hart diese Nachricht Ashley traf, denn seitdem hatte sie mit ihr nie wieder über das Leben ihres Sohns in Seattle gesprochen. Natürlich hatte sie auch nicht erwähnt, dass Cams Ehefrau ein kleines Mädchen zur Welt gebracht hatte.
Madeline Carrington-Turcotte, so hieß es laut der Liste, die Ashley gerade in der geballten Faust zerknüllt hatte. Bestimmt war der Doppelname die Idee der Mutter gewesen.
Aber es war über ein Jahrzehnt her, dass Cam sich von ihr getrennt hatte. Warum tat es so weh, dass er ein Kind mit einer anderen Frau hatte?
Weil er ihre Beziehung damals aus einem ganz bestimmten Grund beendet hatte – er hatte nicht so leben wollen, wie sie es sich für sie beide vorgestellt hatte. Noch nicht, hatte er gesagt.
„Ich habe mich entschieden, nach Seattle zu gehen.“
Entsetzt starrte Ashley ihn an.
„Die medizinische Fakultät ist eine der besten des Landes“, fuhr er fort.
„Aber … du musst doch erst aufs College, du kannst frühestens in drei Jahren Medizin studieren.“
„Ich weiß. Aber hierzubleiben und auf ein College in der Nähe zu gehen würde das Unausweichliche nur hinausschieben.“
Das Unausweichliche?
Ashley fragte nicht nach, denn im Herzen kannte sie die Antwort.
„Es ist besser so, Ashley.“
„Besser für wen?“
„Für uns beide. Glaub nicht, dass mir der Entschluss leichtgefallen ist.“
„Woher sollte ich das wissen? Du hast nie mit mir darüber gesprochen.“
„Weil du versucht hättest, mich zum Bleiben zu überreden. Und weil ich Angst hatte, dass du es schaffst.“ Er nahm ihre Hände in seine. „Weil ein Teil von mir bei dir bleiben will.“
„Warum gehst du dann?“
„Weil wir verschiedene Dinge wollen,
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