Baccara Exklusiv Band 04
halb so viele Tiere."
Schweine? Geflügel? Mike bemühte sich nach Kräften, sein Entsetzen zu verbergen. Um Gottes willen, hatte er etwa eine Schweinefarm geerbt? "Gibt es hier niemanden, der Pferde oder Rinder züchtet?" fragte er betont beiläufig. "Ich dachte, in Oklahoma gäbe es viel Viehwirtschaft."
Karen lächelte. "Weiter im Westen, ja, aber in diesem Teil des Landes weniger."
Mike überkam ein ungutes Gefühl.
Mike war sich seiner Befürchtungen noch gar nicht richtig bewusst geworden, als Karen nach einer scharfen Kurve vor einem Torbogen mit einem handgemalten Schild anhielt. Es verkündete, dass hier die Red Canyon Ranch begann.
Zu beiden Seiten der Auffahrt erstreckte sich Weideland. Ganz am Ende stand das seltsamste kleine Haus, das Mike jemals zu Gesicht bekommen hatte. Genauer gesagt: Es waren zwei Häuser, die durch eine Art überdachten Gang miteinander verbunden waren. Beide machten einen ziemlich bescheidenen Eindruck.
Karen zog die Handbremse an. "Wenn ich schon mal hier bin, kann ich auch gleich die Post mitnehmen", sagte sie und öffnete die Tür.
Von Neugier getrieben stieg er ebenfalls aus. Er trat an den hohen Drahtzaun und ließ seinen Blick über das Gelände dahinter schweifen. Von seinem Aussichtspunkt aus konnte er erkennen, dass das Grundstück größer war, als es auf den ersten Blick erschien. Es war lang und schmal und zog sich an einem flachen Felsvorsprung entlang. Jenseits des Hauses konnte er einen weiteren Abgrund sehen, und er hörte Wasser rauschen.
"Nun, wie finden Sie es?" rief Karen.
"Ich behalte mir mein endgültiges Urteil noch vor", erwiderte er. Zuerst musste er herausfinden, ob er Kühe, Hühner, Schweine oder Elefanten geerbt hatte.
Er atmete tief durch, streckte dann die Nase in den Wind und schnüffelte misstrauisch. Wenn hier Schweine gehalten wurden, müsste man sie doch sicher riechen können. Aber er roch nichts außer frischer, würziger Landluft.
Dann, in einiger Entfernung – hinter einer Reihe von Bäumen und Buschwerk –, sah er etwas sich bewegen. Ein Haufen undefinierbarer Tiere. Große Tiere, und sie waren schwarz und weiß.
Rinder! Es mussten Rinder sein! Immerhin. Na schön, eine große, beeindruckende Ranch war es nicht. Aber er war zumindest kein Schweinezüchter.
Karen trat neben ihn an den Zaun. "Wohin schauen Sie?"
Er wies auf die Tiere. "Dorthin. Wie viel Stück sind es?"
"Stück?" Ihre Mundwinkel verzogen sich zu einem Lächeln. "Achtzehn, als ich sie das letzte Mal gezählt habe."
Achtzehn? Konnte man das schon eine Herde nennen? Verdiente dieser Ort überhaupt die Bezeichnung "Ranch"?
"Dann sind da natürlich noch die Emus. Auf der Westweide halten wir ein Dutzend von den kleinen Kerlen."
"Ach so, ja, natürlich." Emus? Er hatte das Wort zwar schon gehört, konnte sich aber nicht erinnern, was es bedeutete. "Und wie viele Morgen umfasst das Grundstück insgesamt?" wollte er wissen. "Ich habe die Zahl vergessen."
"Einhundertzwanzig", antwortete sie. "Der größte Teil davon fällt allerdings steil ab", fügte sie trocken hinzu. "Und dann gibt es noch diesen einhunderteinundzwanzigsten Morgen, der Ihnen gehört – oder auch nicht, je nachdem, wessen Bericht Sie Glauben schenken. Ihr Onkel Clem und sein Nachbar, Ben Poteet, haben sich wegen dieses einen Morgens gestritten, seit Sie und ich auf der Welt sind."
"Wegen eines Morgens? Lächerlich! Warum haben sie ihn nicht einfach in einen Friedhof für zwei Familien verwandelt und damit basta?" entgegnete er. Sofort ging ihm auf, wie geschmacklos die Bemerkung war angesichts dessen, dass Clem erst vor kurzem gestorben war. "Ich … äh … es tut mir Leid. Ich wollte nicht so …"
Zu seiner Überraschung brach Karen in Lachen aus. "Wissen Sie, Sie haben mehr von Clem, als ich gedacht habe. Diese Bemerkung hätte auch von ihm stammen können."
Da er nicht sicher war, ob das ein Kompliment oder eine Beleidigung sein sollte, erwiderte er lieber nichts.
Karen lächelte erneut. "Kommen Sie, bringen wir erst einmal Ihr Gepäck ins Haus. Dann nehme ich Sie auf einen großen Rundgang mit." Sie schaute bedeutungsvoll auf seine Füße. "Sie haben doch hoffentlich auch vernünftige Schuhe mitgebracht, oder?"
"Ja, und auch Jeans", meinte er, als sie zum Lastwagen zurückgingen. Er erkannte jetzt, wie unpassend er gekleidet war, aber sein voller Terminkalender hatte ihm keine Zeit gelassen, sich etwas Bequemeres anzuziehen. Karen hielt ihn wahrscheinlich für etwas seltsam, weil
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