Baccara Exklusiv Band 23
Alles in allem war es genauso schlimm, wie sie befürchtet hatte. Steves gesamtes Leben drehte sich um schöne Dinge, um Eindrücke, die er mit den Augen aufnahm. Der Raum war attraktiv und teuer eingerichtet, einer dieser Orte, wo die Leute immer sagen: "Das muss man wirklich gesehen haben."
Im Erdgeschoss befanden sich außerdem noch ein Esszimmer und eine Küche mit Frühstücksnische. Eine Doppeltür aus Glas führte an der Rückseite des Hauses auf die große Veranda hinaus, die einen Whirlpool und eine Treppe zum Balkon im ersten Stock enthielt.
Nina stieg diese Treppe hinauf. Die Aussicht auf den Washington-See war überwältigend. Auf einer Seite erhoben sich waldbedeckte Berge in den Himmel, auf der anderen war die Skyline von Seattle. Als Nina durch die Spitzengardine in den Raum dahinter hineinsah, erkannte sie ein geräumiges Schlafzimmer und einen Arbeitsbereich mit Zeichenbrett und zahlreichen Bücherregalen. Dann sah sie vom oberen Ende der Treppe auf die Terrasse hinunter. Hier war der Unfall passiert. Schließlich kehrte sie nach unten zurück und trat ins Haus.
Während sie den Rest des Erdgeschosses erforschte, war Edith Haggarty nie weit weg. Neben Ninas Zimmer gab es noch ein weiteres Gästezimmer, einen gemütlichen Raum mit Bar, ein Badezimmer und eine Toilette, eine Waschküche, ein Dienstbotenapartment und eine Garage, die groß genug für drei Wagen war. Von der Terrasse aus führte ein hölzerner Steg zu einem privaten Anlegeplatz auf dem See. Ein schnittiges Segelboot lag dort vor Anker. Nina hatte fast Angst, die Antwort auf ihre Frage zu hören. "Ich nehme an, das gehört ihm?"
"Oh, ja, sicher. Mr. Danforth liebt dieses Boot wirklich."
Nina schloss für einen kurzen Moment die Augen, um mit einem Gefühl von Niedergeschlagenheit fertig zu werden. Edith entschuldigte sich und lief in die Küche, als eine Zeitschaltuhr klingelte. Nina stieg die Treppe zum oberen Stockwerk hinauf.
Sie schlenderte durch Steves Schlafund Arbeitszimmer. Dieser Bereich würde sicher mehr über ihn verraten als irgendetwas anderes im Haus.
Licht kam durch große Deckenfenster herein. Die Wände des Arbeitsraums waren mit Fotos, Urkunden und ehrenden Erwähnungen bedeckt. Nina studierte sie alle sorgfältig. Die Fotos zeigten Häuser, die Steve entworfen hatte, und jedes war ein einzigartiges Meisterwerk. Die Preise hatte er für ausgezeichnete Leistungen erhalten, meist im Zusammenhang mit Umweltbelangen wie ausgiebiger Nutzung von Solarenergie und Entwürfen, die sich der Landschaft anpassten statt umgekehrt. Es war klar zu erkennen, wie leidenschaftlich und hingebungsvoll sich Steve seiner Arbeit widmete.
Auf dem Zeichentisch lag ein halb fertiger Entwurf für irgendein Gebäude. Auf einem großen Konferenztisch stand ein maßstabgetreues Modell. Mehrere Regale enthielten Bücher über Architektur, Kunst und Umweltthemen.
Als Nina den Schlafbereich betrat, durchfuhr sie ein leichter Schauer. Steve Danforths Gegenwart war überall zu spüren. Der Raum war männlich, aber doch gemütlich und warm.
Auf der Kommode stand eine etwa dreißig Zentimeter hohe Glasstatue eines perfekten weiblichen Körpers. An den Wänden hingen zahlreiche Zeichnungen und Gemälde, eine Mischung aus Originalen und Drucken. Bei den meisten ging es um vollendete Formen: eine sich öffnende Rosenknospe, eine beeindruckende Eiche, ein anmutiger Schwan auf dem Wasser, ein galoppierendes Pferd.
Eine Tuschezeichnung zog ganz besonders die Aufmerksamkeit auf sich. Sie war fast abstrakt, aber man konnte doch zwei ineinander verschlungene Körper erkennen. Nina trat näher heran. Sie riss die Augen weit auf, als ihr klar wurde, was genau der Mann und die Frau auf dem Bild taten.
Schnell wandte sie sich ab. Ihr Herz schlug heftig, und ihr Puls raste. Mit Sicherheit war ihr Gesicht knallrot angelaufen. Sie wusste, dass Abbildungen von nackten Körpern als Kunst galten, wie die Fotos in dem Raum, wo sie wohnen sollte. Aber dieses Paar auf der Zeichnung war nicht nur nackt, sondern …
Eine seltsame Neugier verdrängte ihre Verlegenheit, und sie sah sich das Bild noch einmal an. Sie musste zugeben, dass nichts daran war, das man wirklich hätte unanständig nennen können. Alles in allem war es eher sinnlich als pornografisch. Sie studierte es noch einen Moment lang, bevor sie sich weiter umsah. Die Zeichnung schien die Zusammenfassung all dessen zu sein, was diesen Raum ausmachte. Offenbar war Steve Danforth ein sehr sinnlicher Mann,
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