BACCARA EXKLUSIV Band 45
als Sunny den Kindern ihre Gutenachtgeschichte erzählte, hatte er plötzlich Angst bekommen. Emma hatte sich die Geschichte von der schwerelosen Prinzessin gewünscht, doch Jason hatte sie ständig mit blutrünstigen Kommentaren unterbrochen.
Gerade weil es ein ganz normaler Wettstreit zwischen Geschwistern gewesen war, war ihm auf einmal klar geworden, dass Sunny sich möglicherweise nicht länger verpflichtet fühlte, bei ihnen zu bleiben. Natürlich würde sie nicht gleich sofort wieder in ihr Haus zurückkehren, nicht bis die Sache mit Arnie Zimmerman geklärt war. Aber wie sollte er sie danach noch halten? Emma sprach wieder, und Jason wurde immer ungezwungener.
Sunny hatte über eine von Jasons Bemerkungen hellauf gelacht. Dann war ihr Blick zu ihm geglitten, und sie hatten sich tief in die Augen geschaut. Er hatte sich wie vom ersten Moment an brennend zu ihr hingezogen gefühlt, und doch war es anders gewesen. Viel tiefer, und es war weit über reines Verlangen hinausgegangen.
Er liebte sie.
Als ihm das bewusst geworden war, war er hinaus auf den Balkon geflohen, um nachzudenken.
Er lehnte sich gegen das schmiedeeiserne Geländer und atmete die vertrauten Gerüche der Stadt ein, lauschte dem fernen Rauschen des Verkehrs. Gelegentlich drang das Hupen eines Lastwagens zu ihm hoch.
Hatte er sie schon geliebt, als er ihr diesen armseligen Antrag gemacht hatte? Und was sollte er jetzt tun, nun, wo er erkannt hatte, dass er sie liebte? Sunny hatte ihm deutlich zu verstehen gegeben, dass ihr Zuhause nicht bei ihm und den Kindern war.
„Chase?“
Er drehte sich um und sah sie in der Balkontür stehen. Im Mondlicht wirkte ihr Haar dunkler und ihre Haut heller, wie durchscheinendes, kühles Porzellan. Doch er wusste, er brauchte lediglich die Hand auszustrecken, um ihre Wärme zu spüren. Sunny war so schön. Ihre Schönheit raubte ihm den Atem.
„Weshalb bist du gegangen?“, wollte sie besorgt wissen. „Du bist schon einmal einfach aus dem Zimmer gegangen, als ich den Kindern eine Geschichte erzählte. Es ist nicht meine Absicht, deinen Platz bei ihnen einzunehmen.“
Der Wunsch, sie in die Arme zu schließen, war so mächtig, dass er das Balkongeländer umklammerte. „Du nimmst meinen Platz nicht ein. Du hast deinen eigenen Platz bei ihnen. Einen ganz besonderen. Wärst du nicht gewesen …“
„Nein“, unterbrach sie ihn. „Stell dein Licht nicht in den Schatten. Es ist dir zu verdanken, dass Emma wieder spricht. Du liebst sie, ebenso wie du Jason liebst. Das wissen die Kinder, und es gibt ihnen Kraft.“
„Du liebst sie auch.“
Sunny winkte ab. „Was ich getan habe, ist nicht der Rede wert. Wer würde die Kinder nicht lieben? Sie sind wundervoll.“
„Ja, das sind sie.“ Er sah einen Moment auf die Lichter der Stadt. Dann trat er auf Sunny zu und nahm ihre Hände. „Ich muss dir etwas gestehen“, begann er und stockte.
„Ja?“
Er seufzte und schüttelte den Kopf. „Ich arbeite ständig mit Worten, aber bei dir scheine ich nie die richtigen zu finden. Ich …“
Es klingelte an der Tür.
„Verdammt!“, fluchte er.
„Wer kann das sein?“, überlegte Sunny und sah auf ihre Uhr. „Es ist schon fast neun.“
„Das ist Hector.“
„Hector? Weshalb?“
„Unser Mr. Shulman ist dem Mann vom Sicherheitsdienst am späten Nachmittag entwischt. Ich erfuhr es, als du mit den Kindern die Hamburger zubereitet hast. Daraufhin rief ich Hector an.“
Verwirrt folgte sie ihm durch den Flur. „Hector?“, rief sie ungläubig, als er ihm die Tür öffnete.
Sie hatte ihren Assistenten unter der fransigen grauen Perücke und dem gut gepolsterten Kleid also doch erkannt. Allerdings passten seine Basketballschuhe nicht zum Gesamtbild.
„Ist es nicht ein bisschen spät für Halloween?“
Hector warf ihm ein Bündel Kleider zu. „Ich will nicht darüber sprechen, Sunny. Ich weiß sowieso nicht, warum ich mich damit einverstanden erklärt habe.“
Sunny kniff die Augen zusammen und wirbelte dann herum. „Chase! Was geht hier vor?“
„Hector wird es dir erklären“, versprach er vollmundig und verschwand ins Schlafzimmer. „Ich muss mich fertigmachen.“
„Fertig wofür?“, rief sie ihm nach.
„Frag Hector“, rief er zurück.
„Fertig wofür, Hector?“
„Für eine Observierung.“
„Erklär das mal genauer!“, verlangte Sunny und stemmte die Hände in die Hüften.
Hector hob die Hände und murmelte etwas auf Spanisch.
„Und nun bitte in Englisch!“ Sunny bohrte ihm
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