BACCARA EXKLUSIV, BAND 64
Hätte er etwa noch länger herumliegen sollen, bis sie ihn dort aufspürten und seinem Leben endgültig ein Ende setzten, oder bis er vor Langeweile starb?
Er hatte sich dafür entschieden, zu verschwinden.
Obwohl die Krankenschwestern wirklich ihr Bestes getan hatten, um ihm die Langeweile zu vertreiben. Besonders eine schien ganz erpicht darauf gewesen zu sein, ihn zu verführen.
Er war auch gar nicht abgeneigt gewesen, sich verführen zu lassen, aber eine Affäre wäre wirklich das Letzte, was er im Moment gebrauchen konnte.
Er war aufgrund seiner Erfahrung zu dem Schluss gekommen, dass Sex für Männer und Frauen etwas völlig Verschiedenes war. Frauen – zumindest die, mit denen er für nennenswerte Zeit zusammengewesen war – benutzten Sex als Mittel zum Zweck.
Es gab wohl auch Frauen – doch sie waren eher die Ausnahme – für die Sex als solcher eine Verlockung war. Doch die meisten Frauen waren so programmiert, dass sie sich an den Mann mit dem meisten Geld hängten, den sie finden konnten. Das war die Lektion, die ihm sein alter Herr eingetrichtert hatte, bevor er sich mit den Tageseinnahmen seiner Firma davongemacht und eine verbitterte Ehefrau und einen wütenden, enttäuschten Zwölfjährigen zurückgelassen hatte.
Ansonsten hatte er nicht viel von seinem Vater gelernt, aber diesen Spruch hatte er zu oft gehört, um ihn jemals vergessen zu können.
Er hatte ihn vorsichtig werden lassen im Umgang mit Frauen, und dabei war er schon von Natur aus ein vorsichtiger Mensch, was ihm in seinem Job zugute kam. Mit Frauen war das so eine Sache. Nun ja, nicht alle waren unaufrichtig und intrigant. Nicht alle wollten einen Mann nur vor den Altar schleppen. Aber doch die meisten. Jedenfalls würde er kein Risiko eingehen.
Und was Sex betraf, so gehörte das für einen Mann zum Leben wie Essen, Trinken und Schlafen. Darüber hinaus war es für einen Mann in seiner Position besser, nicht allzu viel darüber nachzudenken.
Als er nun wieder auf der Landstraße war, stellte er im Radio einen Country-Music-Sender ein und gab das Nachdenken vorerst ganz auf. Es gab zu viele Dinge, über die das Nachdenken nicht lohnte. Noch nicht. Erst musste er sich völlig erholen, dann würde er weitersehen.
Zum Glück bemerkte er den Polizeiwagen rechtzeitig genug, um sein Tempo zu drosseln. Nicht dass sie ihm etwas hätten anhaben können. Seine Kennkarte machte ihn über jeglichen Zugriff der Polizei erhaben. Es war mehr eine Sache der Vernunft.
Eine Sache des Überlebens.
Vernünftig wäre es, wenn er sich überhaupt nicht auf der Landstraße befände, und schon gar nicht in diesem Tempo. Umso mehr, da er erst vor drei Tagen die Schmerzmittel und Medikamente zur Entspannung der Muskulatur abgesetzt hatte. Natürlich hatte er jetzt Schmerzen. Außerdem war er, wenn auch aus anderen Gründen, angespannt und nervös.
In der Nähe der Grenze zwischen Virginia und Carolina lenkte er den Wagen auf einen Rastplatz. Er stieg aus und sah sich um. Aus reiner Gewohnheit nahm er automatisch jedes Detail in sich auf wie ein elektronischer Scanner, die Folge seiner jahrelangen Agententätigkeit.
Nachdem er drei Runden um den Rastplatz gedreht hatte, waren seine Muskeln zumindest so weit wieder gelockert, dass er nur noch ganz leicht hinkte, selbst ohne Stock.
Zum Glück funktionierte sein Verstand noch ohne jede Einschränkung. Auch wenn die im Krankenhaus anderer Meinung gewesen waren.
Nachdem er noch einmal die Landkarte studiert hatte, bog er von dieser Landstraße ab und fuhr in südöstlicher Richtung weiter. Er hatte jede Menge Zeit. Genauer gesagt, drei Monate. Erst dann würde er sich entscheiden müssen, ob er als Agent weitermachen oder in den vorzeitigen Ruhestand treten wollte.
Wenigstens würde es dort, wo er jetzt hinfahren wollte, keine Reporter geben. Keine Drogenhändler. Keine Terroristen. Keine Abenteurer. Jede dieser Spezies für sich allein war schon schlimm genug. Aber wenn sie sich in die Quere kamen, wurde es wirklich übel.
Und wenn aus seinen eigenen Kreisen jemand gemeinsame Sache mit ihnen machte, wurde es noch übler. Dann starben plötzlich die falschen Leute.
Lyon bestellte sich zwei Hamburger, gut durchgebraten mit einer Extraportion Zwiebeln, einer Extraportion Käse und dazu einen großen Becher Kaffee. Die Kellnerin beugte sich weit vor, scheinbar, um die Behälter mit Gewürzen und Ketchup ordentlich in eine Reihe zu stellen, in Wirklichkeit aber doch wohl eher, um ihm Einblick in ihr
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