BACCARA EXKLUSIV, BAND 64
großzügiges Dekolleté zu gewähren.
„Alles zum Mitnehmen“, bat er. „Und könnten Sie mir sagen, wo es hier ein Einkaufszentrum …“
„Aber natürlich. Was immer Sie suchen, ich kann Ihnen helfen. Sie sind wohl zum Jagen und Fischen hergekommen, richtig? Ich könnte Ihnen da ein paar wirklich gute Stellen zeigen.“
„Ja“, brummte er. „Zum Jagen und Fischen.“ Darauf wette ich, Herzchen, dachte er. Und es wäre bestimmt nicht schlecht, aber heute nicht, nein danke. „Könnten Sie mir sagen, wo ich das nächste Einkaufszentrum und das Rathaus finde?“
Jasmine war deprimiert. Dabei war sie den ganzen weiten Weg, während des Fluges und auf der Fahrt vom Flughafen hierher, voll freudiger Erwartung gewesen. Und jetzt waren diese Erwartungen so bitter enttäuscht worden.
Ihre Großmutter erkannte sie nicht. Die einzige lebende Verwandte, die sie nicht mehr gesehen hatte, seit sie mit ihrer Mutter vor achtzehneinhalb Jahren von Oklahoma nach Kalifornien gezogen war, wusste nicht, wer sie war.
Noch schlimmer, Hattie Clancy hatte nicht einmal Interesse daran gezeigt, sie näher kennenzulernen. Sie war sehr höflich und nett gewesen, aber geistig nicht mehr ganz auf der Höhe – milde ausgedrückt. Und es war offensichtlich gewesen, dass sie das Kartenspiel mit ihren Freundinnen und die Seifenopern im Fernsehen spannender fand als die Begegnung mit ihrer Enkelin, die doch den weiten Weg von der Westküste bis hierher gemacht hatte, um sie zu sehen.
Aber wahrscheinlich war das auch besser so. Warum sollte sie ihr Herz an eine alte Frau hängen, die Tausende von Kilometern entfernt lebte; die in ihren festgefügten Bahnen lebte und die bestimmt nicht daran interessiert wäre, nach L. A. zu ziehen, selbst wenn ihre Enkelin die Absicht gehabt hatte, sie zu sich zu holen?
Trotzdem, es wäre nett gewesen, jemanden zu haben …
Na schön. Jedenfalls kannte sie jetzt ihre einzige Verwandte, die sie noch hatte. Wenn sie ihr künftig Fotos und Briefe schickte, würde sie immerhin wissen, an wen sie sie schickte, wer sich hinter dem Namen und der Adresse verbarg, die sie in den Papieren ihres Vaters gefunden hatte, nachdem dieser gestorben war.
Auch ihn hatte sie ja kaum gekannt, bis er eines Tages vor ihrer Tür gestanden hatte – krank und ohne Geld – und sie zu ihrer Überraschung erfuhr, dass seine Mutter, ihre Großmutter, immer noch lebte. Und zwar in North Carolina, nicht in Oklahoma, wo sie früher gelebt hatten und wo ihre Eltern sich getrennt hatten.
Sie hatte sofort an Hattie Clancy geschrieben, zwar keine Antwort erhalten, sich davon aber nicht entmutigen lassen. Sie, Jasmine, war Schauspielerin, meistens allerdings ohne Engagement und deshalb ungemein damit beschäftigt, ihre Existenz zu sichern und die vielen Arztrechnungen ihres Vaters zu bezahlen, um noch Zeit übrig zu haben. Trotzdem hatte sie sich Zeit genommen, kleine Briefe an ihre Großmutter zu schicken und manchmal auch die Kopie eines Zeitungsausschnitts, wenn sie es geschafft hatte, eine Rolle zu bekommen und ihr Name in einem Artikel erwähnt wurde.
Was so gut wie nie geschah.
Um zu überleben, hatte sie ein paarmal eine Rolle in einem Werbespot übernommen. Außerdem jobbte sie vertretungsweise in einer Boutique. Dort bekam sie den Mindestlohn und einen winzigen Rabatt auf Kleiderkäufe, die sie sich trotzdem nicht leisten konnte.
Und jetzt hatte sie auch noch viel zu viel Geld ausgegeben, um ihre Großmutter zu besuchen, die gar kein besonderes Interesse an ihr zeigte. Da hätte sie genauso gut zu Hause bleiben können. Es war reine Zeit- und Geldverschwendung, dass sie hergekommen war.
Nein, war es nicht. Sie hatte wirklich Urlaub gebraucht. Ihr letzter Urlaub war …
Nun, das war ein anderer Grund gewesen, weshalb sie unbedingt aus L. A. hatte fortmüssen. Ihren letzten Urlaub hatte sie nämlich mit Eric verbracht. Und eine Woche, nachdem sie von Lake Tahoe zurückgekehrt waren, hatte Eric angefangen, sich mit ihrer besten Freundin zu treffen. Sie, Jasmine, hatte sich anfangs alle möglichen Erklärungen dafür ausgedacht und die Wahrheit schlichtweg verdrängt.
Darin war sie sehr gut. Oh, ja!
Ihre Freunde sagten von ihr, dass sie unkompliziert sei. Cool. Mit anderen Worten, sie flippte nicht gleich bei jeder Kleinigkeit aus. In der Welt des Films, wo jeder gegen jeden kämpfte, war das natürlich von Vorteil.
Wie auch immer, sie hatte sich alles andere als cool gefühlt, als Cynthia letzte Woche bei ihr in der
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