BACCARA EXKLUSIV, BAND 64
nicht einen Film mit Sissy Spacek? Aber der war lustig, und das hier war einfach nur … deprimierend. „Kaffee?“, sagte sie.
„Das Holz ist nass.“
„Ach ja.“ Wozu gab es überhaupt Filme? Wer brauchte so was? Was ihr eben passiert war, war ja auch fast wie ein Film: Es war nicht wirklich passiert.
Vor dem Zelt richtete sie sich auf. Ihr war überhaupt nicht mehr zum Lachen, auch nicht zum hysterischen. Sie fühlte sich verletzlich und war irgendwie traurig. Das Problem am Schauspielerdasein war, dass man dazu neigte, alles zu dramatisieren, sogar eine flüchtige sexuelle Begegnung. Und es war ja nicht einmal dazu gekommen.
Sie war nicht so töricht zu glauben, sie habe sich auf den ersten Blick verliebt. Noch vor einer Woche war sie in Eric verliebt gewesen. Nein, sie hatte versucht, sich einzureden, sie liebe ihn immer noch. In Wahrheit hatte sie ihn wohl überhaupt nie geliebt. Sie hatte verliebt sein wollen, und er war der geeignetste Kandidat in Reichweite gewesen. Was für eine traurige Nummer sie doch war.
Es war immer das Gleiche: Sie wollte zu jemandem gehören, zu jemand Besonderem. Ihre Mutter hatte das eine Zeit lang auch getan. Bis ihr Vater sich davongemacht hatte. Danach hatte sie mal zu diesem, mal zu jenem Mann gehört. Manche waren ganz in Ordnung gewesen, manche weniger.
Aber sie, Jasmine, hatte nie zu jemandem gehört. Manchmal dachte sie, sie wäre nur deswegen in Hollywood gelandet. Weil sie immer noch auf der Suche nach dem Märchenprinzen war.
Bis jetzt ohne Erfolg. Wenn etwas rar war in Hollywoods Welt des schönen Scheins, dann Märchenprinzen. Eric hatte zwar wie einer ausgesehen, war aber viel zu ichbezogen, um wirklich etwas mit jemandem zu teilen. Und er mochte ehrgeizige Frauen. Ihr Ehrgeiz war ihm viel zu bescheiden gewesen.
Peter, der allergisch auf ihr Parfüm reagiert hatte, war überhaupt nicht ehrgeizig gewesen, aber sympathisch. Sie hatte gedacht, vielleicht …
Nun ja, dann eben nicht.
Sie legte den Kopf zurück. Die Morgenluft strich eiskalt über ihr Gesicht. Das Licht der Sonne drang nur ganz schwach durch die Baumkronen, und über den Fluss zogen Nebelschwaden.
Du willst zu jemandem gehören? Na bravo, gehör dir erst mal selbst! Reiß dich zusammen, Clancy. Du bist die Meisterin deines Schicksals.
Sie wusste nicht viel über Daniel Lyon, aber eines wusste sie genau. Er war ein Einzelgänger, und er war einsam. Im Augenblick brauchte er sie wohl, aber es war ihm zuwider, jemanden zu brauchen. Und bald würde sie ihm zuwider sein.
So lange würde sie aber nicht warten. Sie würde gehen und ihn zurücklassen. Dann würde er sie vielleicht ein klein wenig vermissen, wenn er überhaupt einen Gedanken an sie verschwendete.
„Jasmine? Kommen Sie zurück.“
„Nein, danke. Ich muss überlegen, wie …“
„Wir müssen miteinander reden.“
„Nein, müssen wir nicht. Ich muss nachdenken.“
Ein merkwürdiges Geräusch, wie das Brummen einer Maschine, riss sie aus ihren Gedanken. Was konnte das sein? Ein Bienenschwarm? Nicht auch das noch! Genügte nicht schon die Allergie, die sie bereits hatte? Oder konnte es sein, dass …?
Flugzeuge.
„Flugzeuge! Lyon, kommen Sie raus, schnell. Es kommt jemand!“
Hastig schlüpfte sie in ihre Schuhe, rannte zur Lichtung und starrte zum Himmel hoch. Sie hatte sich doch hoffentlich nicht getäuscht?
„Kommen Sie ins Zelt!“, befahl Lyon leise. Sie hatte gar nicht gemerkt, dass er plötzlich hinter ihr stand.
„Ich hatte recht, es war ein Flugzeug! … Sehen Sie, dort kommt es wieder.“
„Jazzy, gehen Sie ins Zelt.“
„Dort vorn. Es fliegt direkt über dem Fluss auf uns zu, sehen Sie?“
Es war ein kleines, einmotoriges Ding, das sich eher wie ein Rasenmäher anhörte als wie ein Flugzeug. Lyon streckte die Hand nach Jasmine aus, aber sie riss sich los und rannte wild mit den Armen fuchtelnd das Flussufer hinab.
Zum Glück war nirgendwo Platz genug, damit ein Flugzeug hätte landen können. Deshalb hatte er diesen Ort ja gewählt, weil er so gut wie unerreichbar war. Aber falls der Pilot sie entdeckte, könnte er ihren Standort über Funk weitergeben, und ein Schnellboot wäre in knapp einer Stunde hier.
Das Flugzeug drehte ab und flog in südlicher Richtung weiter. Wozu? Um etwas zu suchen? Schwer zu sagen. Das Einzige, von dem er sich vorstellen konnte, dass man es ausgerechnet hier suchte, war er selbst.
Einer aus seinem Team hatte sie verraten, so viel stand fest. Er war nicht sicher, wer, aber
Weitere Kostenlose Bücher