Baccara Exklusiv Band 98
ich es so weit kommen lassen dürfen, dachte sie.
Sie hörte seine Schritte auf den Dielen. Vor ihrer Tür machten sie Halt. Dann klopfte es. Lilly hielt den Atem an. Ihr Herz schlug, als fürchtete sie um ihr Leben.
„Wenn wir verheiratet sind, möchte ich nicht mehr, dass es zwischen uns verschlossene Türen gibt“, hörte sie Nicks Stimme.
4. KAPITEL
Nick fühlte sich unwohl in seiner Haut. Er ging hinunter in die Küche, öffnete den Kühlschrank und holte sich eine Dose Bier heraus. Die Dose gab ein einladendes Zischen von sich, als er sie öffnete. Er nahm einen großen Schluck.
Wie hatte sich sein Leben in diesen wenigen Stunden verändert! Gestern lief alles noch seinen Gang. Was er mit Marcy durchgemacht hatte, hatte ihn nicht mehr berührt. Und dann kam diese Frau, die bald seine Frau sein würde, und mit einem Mal war alles wieder da – die Sorge um andere, die Erinnerungen, die Selbstzweifel. Und nicht nur das. Innerhalb eines Tages war er so weit, dass es ihm gar nicht schnell genug gehen konnte, diese Frau zu heiraten. Ganz schön seltsam für einen Mann, der von sich behauptete, er werde niemals wieder den Treueschwüren einer Frau Glauben schenken.
Für ihn stand fest, dass er Lilly heiraten würde. Er war bereit, alles mit ihr zu teilen, auch wenn es hier nicht um Liebe ging und wenn Lilly sich noch so sehr dagegen wehrte. Darauf konnte er keine Rücksicht nehmen. Ihre Bedürfnisse waren in diesem Fall Nebensache.
Nick trank noch einen Schluck. Falsch, dachte er. Lillys Bedürfnisse sind keineswegs nebensächlich. Sie war die Mutter seines Kindes – natürlich spielte sie eine wesentliche Rolle. Außerdem war sie eine erstaunliche Frau. Sie hatte eine Stärke bewiesen, die man ihr auf den ersten Blick nicht ansah. Sie hatte Charakter – sie hatte es gewagt, ihm die Tür vor der Nase zuzuknallen. Sie dachte und handelte aus dem Herzen heraus. Welch ein Unterschied zu Marcy.
Dass er wieder an Marcy denken musste, ärgerte ihn. Und dass Lilly versucht hatte, ihm das Baby verschweigen, hielt sein Misstrauen wach, das er den Erfahrungen mit Marcy verdankte. Trotzdem fühlte er sich heute wieder genauso zu Lilly hingezogen wie an dem Abend vor zwei Monaten. Als sie im Laden in Ohnmacht gefallen war, wäre ihm fast das Herz stehen geblieben. Als sie zusammen in Shannas früherem Zimmer standen, hatte er ein ungeheures Verlangen nach ihr gespürt. Wenn er ganz ehrlich zu sich selbst war, musste er sich fragen, ob sein Drängen auf Heirat wirklich einzig und allein etwas damit zu tun hatte, dass sie ein Kind von ihm erwartete.
Er zerdrückte die leere Bierdose in seiner Hand. All das verwirrte ihn nur. Diese Grübeleien führten zu nichts. Aus dem Gefrierfach des Kühlschranks holte er eine Packung mit Hähnchenschenkeln. Dann ging er hinaus. Die Tür schlug hinter ihm zu. Er hatte noch in der Scheune und in den Ställen zu tun. Er hatte alle Arbeiten stehen und liegen lassen, als er heute Morgen in die Stadt gefahren war, um Lilly zur Rede zu stellen. Außerdem konnte ihm in seinem jetzigen Zustand körperliche Betätigung nur gut tun.
Unruhig ging Lilly in ihrem Zimmer auf und ab. Sie konnte sich nicht den ganzen Tag hier einschließen, obwohl es genau das war, wozu ihre Vorsicht ihr riet. Ihre Vorsicht! Wo war vor zwei Monaten die innere Stimme gewesen, die sie gewarnt hätte? Hätte sie auf eine solche Warnung gehört, wäre sie jetzt nicht in dieser verzwickten Lage.
Unten im Haus konnte sie Nick rumoren hören. Gleichzeitig stieg ihr der Duft von gegrilltem Fleisch in die Nase und erinnerte sie daran, dass sie seit Stunden nichts mehr gegessen hatte. Auch wenn sie Nick jetzt nicht gern über den Weg lief, musste sie etwas essen, um bei Kräften zu bleiben.
Lilly gab sich geschlagen. Sie fuhr sich mit den Händen durchs Haar und glättete ihren Rock. Einen Moment lang zögerte sie, dann ging sie hinunter in die Küche, indem sie dem Geräusch und dem Geruch folgte.
Nick hatte ihre leisen Schritte gehört und drehte sich um, als sie in der Tür erschien. Von Neuem war sie von seinem Aussehen wie geblendet. Von seinen blauen Augen ging ein Strahlen aus, wenn er lächelte. Sein kantiges Kinn hatte eine Kerbe, und jedes Mal, wenn Lilly diese tiefe Falte sah, überkam sie die Lust, mit dem Finger darüber zu fahren. Nick hatte den Abwasch in der Zwischenzeit erledigt, geduscht und sich ein sauberes weißes T-Shirt angezogen. Zum Anbeißen, dachte Lilly, rief sich aber gleich wieder zur
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