Baccara Exklusiv Band 98
mir immer so vorkommt, als fürchtetest du dich vor mir zu Tode.“
6. KAPITEL
Geduld gehörte nicht gerade zu Nicks herausragenden Tugenden. Aber solange er es mit Lilly zu tun hatte, blieb ihm gar nichts anderes übrig, als sich darin zu üben, und wenn es ihm noch so schwer fiel.
Am liebsten wäre er einfach zu ihr hingegangen, hätte sie bei den Schultern genommen, umarmt, geküsst – alles Mögliche getan, um die Gespenster aus der Vergangenheit zu vertreiben, und um den Panzer aufzubrechen, mit dem sie sich im Laufe der Zeit umgeben hatte.
Es schmerzte ihn, sie so zu sehen. Seit der Zeit, als Shanna auf die Welt gekommen war und er sie zum ersten Mal auf dem Arm gehalten hatte, hatte er nicht mehr ein so starkes Bedürfnis verspürt, für jemanden da zu sein und zu sorgen.
„Lilly, komm, erzähl es mir“, drängte er.
„Mit dem, was du über meine frühere Ehe vermutest, liegst du schon ziemlich richtig“, begann Lilly schließlich.
„Auch was euer Sexleben betrifft?“
„Auch darin. Das war bei uns klar geregelt: drei Mal die Woche.“
„Was? Hat er das so bestimmt?“
„Ja, so kann man es sagen.“
„Egal, ob dir danach zumute war oder nicht?“
„Das spielte keine Rolle. Aaron meinte, er brauche das, um mit dem Stress seines Jobs fertig zu werden.“ Lilly senkte den Blick. „Nach einem Jahr widerte es mich nur noch an.“
„Aber warum bist du dann bei ihm geblieben?“
„Das ist eine gute Frage. Wenn ich zehn Cent für jedes Mal bekäme, dass ich mich das selbst gefragt habe, hätte ich heute ausgesorgt.“ Sie machte einen kläglichen Versuch zu lächeln. „Ich war sehr jung, als wir uns begegnet sind. Ich ging aufs College in Durango, war zum ersten Mal von zu Hause fort und genoss die Unabhängigkeit. Als ich Aaron sah, habe ich mich Hals über Kopf in ihn verliebt. Ich glaube, ich habe ihn wirklich geliebt damals, sonst hätte ich ihn nicht geheiratet. Andererseits hat es mir natürlich auch geschmeichelt, dass jemand wie Aaron mir überhaupt Beachtung schenkte. Er hatte schon seinen Abschluss. Er hatte einen tollen Job, verdiente gut, hatte ein eigenes Apartment, und ich war nur ein dummes kleines Mädchen aus der Provinz.“
„Hat er das behauptet?“
„Anfangs nicht, im Gegenteil. Er überschüttete mich mit Aufmerksamkeiten. Er überredete mich, zu ihm zu ziehen. Bald darauf schwärmte er von meiner Häuslichkeit und meinen Kochkünsten. Wir gingen kaum noch aus.“
„Wahrscheinlich brauchte er keine Frau, sondern einen Dienstboten.“
„Du sagst es. Aber das habe ich damals noch nicht kapiert. Für mich war klar, dass er den Ton angab. Er war älter und erfahrener als ich, und ich vertraute ihm blind. Ich fühlte mich verpflichtet, auf meine Art für ihn zu sorgen, da er ja auch für mich sorgte. Wir einigten uns, dass wir eine Familie gründen wollten, sobald ich meinen Abschluss hatte. Ich wünschte mir zwei Kinder, und Aaron schien damit einverstanden zu sein.“
An dieser Stelle merkte Lilly, dass Nick sie aufmerksam ansah.
„Ich weiß, was du jetzt denkst, Nick“, sagte sie. „Ich habe dich nicht hereingelegt. Ich war bis vor zwei Monaten wirklich noch der Überzeugung, dass ich unfruchtbar bin. Aber damals hatte ich natürlich noch keine Ahnung davon.“
Nick stand am Kamin. Er trommelte mit seinen Fingern auf dem Kaminsims und sagte nichts dazu.
„Dann machte ich meinen Abschluss. Aaron überredete mich dazu, zu Hause zu bleiben und ein Hausfrauendasein zu führen. Ich ließ mich auch leicht davon überzeugen, denn das entsprach damals meiner Idealvorstellung von einer Familie: Der Mann geht Geld verdienen, die Frau sorgt für das Haus und die Kinder. So hatte ich mir das immer vorgestellt. Aber es dauerte nicht lange, bis Aaron anfing, an mir herumzumäkeln. Er behauptete, ich säße den ganzen Tag nur herum und kümmerte mich um nichts.“
Nick verzog den Mund, enthielt sich aber eines Kommentars. Lilly faul zu nennen war eine Unverschämtheit. Er kannte die Geschichte des kleinen Blumenladens „Rocky Mountains Flowers“ und wusste, wie viel Schweiß und Mühen sie und ihre Schwester investiert hatten, um das Geschäft zum Laufen zu bringen.
„Tja, so verging die Zeit“, beendete Lilly ihre Erzählung, „und ich saß nach drei Jahren da ohne eigenes Geld, ohne Kontakte nach draußen und immer noch ohne Baby. Inzwischen hatte ich sogar schon die Freude an dem Gedanken, ein Baby zu bekommen, verloren – jedenfalls bis vor Kurzem.“
Sie
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