Baccara Exklusiv Band 98
ihre alten Bekannten, die immer noch unter dem Verlust ihrer Investitionen litten, seit dem Tag der Beerdigung nichts mehr mit ihr zu tun haben. Einige wirkten wenigstens betreten, als er sie aufsuchte, um sie zu fragen, ob sie Lana in letzter Zeit gesehen hätten, doch die meisten machten keinen Hehl aus ihrer negativen Meinung.
Lana stand ganz allein da, und daran war er schuld.
Der einzige Lichtblick, den er gegenwärtig hatte, war, dass Bella langsam und stetig Fortschritte machte. Fünfzehn Tage nach ihrer Geburt hatte sie den Brutkasten verlassen können, und der Schlauch für ihre künstliche Ernährung war entfernt worden. Auch wenn es ihr noch etwas schwerfiel, Saugen, Schlucken und Atmen zu koordinieren, waren alle auf der Säuglingsstation zuversichtlich, dass sie in ungefähr einer Woche nach Hause durfte.
Er war hingerissen von ihr und hielt sie so oft wie möglich in den Armen. Das Herz ging ihm auf vor Liebe und Stolz, wenn er ihren kleinen Körper an sich schmiegte. Wenn ihm bewusst wurde, dass Maria in dem winzigen Wesen weiterlebte.
Lana wäre so stolz gewesen, wenn sie sehen könnte, wie weit Bella sich entwickelt hatte. Raffaele hatte sich inzwischen eingestanden, dass die Vermutung der Schwestern neulich, Bella würde Lana vermissen, richtig gewesen war. Einige Tage lang hatte das kleine Mädchen keine Fortschritte gemacht, ehe sich ihr Zustand dann wieder täglich verbessert hatte.
Jetzt fehlte nur noch eins, um sein Leben perfekt zu machen, und das war, Lana wieder an seiner Seite zu haben, in seinem Bett, in seinem Leben.
Lana schloss die winzige 1-Zimmer-Wohnung auf, die sie bekommen hatte. Himmel, taten ihr die Füße weh. Sie war noch nie so erschöpft gewesen wie in dem einen Monat, seit sie in einem der beliebten Restaurants in Orewa bediente. Die kleine Stadt, die nördlich von Auckland direkt am Meer lag, lebte von Touristen und einheimischen Gästen, und einen ruhigen Abend gab es einfach nicht. Doch genau deshalb hatte sie einen Job gefunden, kaum dass sie aus dem Bus gestiegen war.
Energisch schob sie solche Gedanken beiseite. Sie hatte sich geschworen, nur noch nach vorn zu blicken. Sie war auf sich allein gestellt. Es lag an ihr, etwas aus ihrem Leben zu machen. Sie hatte Glück gehabt, dass die Tante ihres neuen Arbeitgebers diese billige Unterkunft zu vermieten hatte. Sie war sehr schlicht. Es gab ein Schlaf-Wohn-Zimmer, ein winziges Bad, einen Heißwasserkocher, eine Mikrowelle und einen Kühlschrank. Mehr brauchte sie nicht. Sie bekam eine ausreichende Mahlzeit abends im Restaurant und hatte gelernt, darüber hinaus mit wenig auszukommen.
Über ihr erstes Gehalt, das durch großzügige Trinkgelder aufgestockt wurde, hatte sie sich sehr gefreut. Doch nach Abzug ihrer Miete blieb nicht allzu viel übrig.
Sie arbeitete vom frühen Abend, bis die Küche schloss, und das war manchmal weit nach Mitternacht. Anschließend fiel sie todmüde ins Bett und schlief traumlos bis zum Morgen. Vormittags spazierte sie zum nahen Strand und fütterte die Möwen mit altem Brot, ehe sie gemächlich an der Flutkante entlangjoggte.
Ja, sie hatte ihre Routine. Und auch wenn sie nicht unbedingt behaupten konnte, glücklich zu sein, so ging sie doch ihren eigenen Weg. Da sie tagsüber Zeit hatte, hatte sie schon daran gedacht, irgendeinen Kurs zu belegen und eine nützlichere Qualifikation zu erwerben, als ein Mitglied der besseren Gesellschaft und eine Spendensammlerin zu sein. Egal was als Nächstes kam, es war nicht so wichtig. Sie nahm jeden Tag, wie er kam.
An diesem Abend war viel los gewesen, und auf den verschiedenen Feiern im Restaurant war viel fotografiert worden. Der Trubel hatte sie ganz nervös gemacht, und offenbar hatte sich das auf ihre Arbeit ausgewirkt. Lana zählte ihr Trinkgeld, nachdem sie die Schuhe abgestreift und sich auf die Bettkante gesetzt hatte. Nicht so viel wie sonst. Sie musste lernen, entspannter zu sein. Nicht jeder wollte ihr nachstellen. Sie war bereits in Vergessenheit geraten, und auf den Titelseiten der Boulevardblätter prangte schon der nächste Skandal.
Lana legte den Kopf zurück und ließ die Schultern kreisen. Es war verlockend, sich einfach hinzulegen und in ihren Kleidern einzuschlafen, doch sie zwang sich aufzustehen. Sie zog ihre schwarze Hose und das weiße kurzärmelige T-Shirt mit dem Logo des Restaurants aus. Die Hose war eine größere Anschaffung gewesen, doch zum Glück hatte sie sie in einem Secondhandladen günstig erstehen können.
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