Baccara Exklusiv Band 98
professioneller Ebene zu belassen, solange er an den Rollstuhl gebunden war. Doch je kräftiger er wurde, desto schwächer schien ihre Willenskraft zu werden. Sie wusste nicht, wie sie sich gegen die Gefühle wehren sollte, wenn er erst einmal seine ganze Kraft wiedererlangt hatte.
Obwohl er seit dem ersten Mal vor ein paar Wochen niemals mehr versucht hatte, sie zu küssen, konnte Rebecca die starke erotische Spannung zwischen ihnen spüren, die schon beim kleinsten Funken zu explodieren drohte. Egal, was sie tat, egal, wie sehr sie sich auch bemühte, rein professionell zu handeln und ihn auf Abstand zu halten, die magische Anziehungskraft war immer da. Sie zeigte sich in der Art, wie er ihren Blick gefangen hielt, wenn sie lächelte. Und darin, wie er sie anschaute, wenn er glaubte, sie würde es nicht bemerken. Oder darin, dass er unwillkürlich schneller atmete oder sich unwillkürlich anspannte, wenn sie ihn berührte.
Es war so lange her, dass Rebecca derartige Gefühle für einen Mann gehabt hatte. Es war alles so verwirrend, aufreibend und gleichzeitig wunderbar. Doch sie durfte sich nicht von solchen Gefühlen mitreißen lassen, die eher zu einem Teenager gepasst hätten. Es war völlig unprofessionell, um nicht zu sagen ungehörig, irgendeine Art von romantischer Beziehung zu einem Patienten zu unterhalten. Es kam oft vor, dass Patienten Dankbarkeit mit Liebe verwechselten, wenn sie wieder gesund wurden. Grants Ego hatte einen schweren Schlag erlitten und deshalb brauchte er die Bestätigung, dass er für das andere Geschlecht noch immer interessant war. Allein das war der Grund gewesen für jenen atemberaubenden Kuss und all die sehnsuchtsvollen Blicke, die danach folgten. Da sie im Moment die einzige Frau in seinem Leben war – mit Ausnahme von Mrs Walker, die Mitte sechzig war –, musste Grants Bedürfnis, sein männliches Ego wieder aufzubauen, zwangsläufig mit ihrer Hilfe geschehen.
Das alles klang so einfach, so offensichtlich. Sie wusste, wenn sie jemals versuchen sollte, ihm das zu erklären, würde er sie auslachen und so tun, als wäre er über solch ein Lehrbuch-Verhalten erhaben. Doch Grant war nicht nur ein hochintelligenter Mann, er war zudem empfindlich, was seine Gefühle betraf. Was auch immer er im Moment für sie empfand, es war ein Nebenprodukt seines Genesungsprozesses. Es wäre dumm, wenn sie seine Bewunderung zu ernst nehmen würde.
Sie selbst war ebenfalls ziemlich empfindlich. Seit Jacks Betrug traute sie Männern nicht mehr. Sie hatte Grant schon näher an sich heran gelassen als irgendeinen anderen Mann seit ihrer Scheidung. Aber fühlte sie sich zu ihm hingezogen, weil seine Bewunderung ihrem Selbstbewusstsein gut tat? Wahrscheinlich.
Und was war mit Courtney? War sie seine verflossene Liebe, oder waren Grants Gefühle für sie noch lebendig? Er sprach nie über seine Verlobte, aber Rebecca hatte Courtneys Foto auf seinem Nachttisch gesehen. Sie war eine sehr gut aussehende Frau gewesen, mit prächtigem blondem Haar und dem Gesicht und Körper eines Models. Rebecca hatte gehört, dass sie eine erfolgreiche Anwältin gewesen war.
Grant schlief mit Courtneys Bild nur Zentimeter von seinem Kissen entfernt, und Rebecca konnte sich vorstellen, welche quälenden Gedanken ihn jede Nacht verfolgten. Offensichtlich hatte er seine Gefühle für Courtney noch nicht bewältigt, und aufgrund seines Gedächtnisschwundes würde er das vielleicht auch nie tun.
Rebecca war klar, dass keine vernünftige Frau ihr Herz an einen Mann verlieren würde, der solch eine Bürde mit sich herumtrug. Die Schatten seiner Vergangenheit waren ein weiterer Grund, warum sie eine tiefer gehende Beziehung zu Grant vermeiden sollte.
Als sie jetzt ihre Aufmerksamkeit wieder Grant zuwandte, stellte Rebecca fest, dass er endlich sein Ziel erreicht hatte.
„Dreißig!“, verkündete sie fröhlich. „Ich wusste, dass du es schaffen kannst“, lobte sie ihn. „Hier, trink etwas.“
Sie reichte ihm eine Wasserflasche und sah zu, wie er den Kopf zurücklehnte und mit geschlossenen Augen gierig trank. Sein volles Haar war feucht, und Schweiß rann ihm über das Gesicht und die Brust, sodass sein dünnes T-Shirt und die Shorts an seinem Körper klebten.
Rebecca spürte, dass sich ein heftiges Verlangen nach ihm in ihrem Inneren ausbreitete. Sie schnappte nach Luft und wandte sich hastig ab, um nach einem Handtuch für ihn zu greifen.
„Wie fühlst du dich?“, fragte sie dann bemüht locker. „Was
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