Baccara Exklusiv Band 99
Tisch.
„Meine Großmutter Agnes, oder Grandma Aggie, wie ich sie immer genannt habe, sammelte Engel.“ Kyle drehte den Engel vorsichtig und behutsam in seinen Händen.
„Sie hat Engel gesammelt?“, fragte Meghan leise.
„Ja. Sie starb vor einigen Jahren.“
„Das tut mir leid.“
„Ja, ich habe sie sehr geliebt. Sie war eine ganz besondere Frau.“ Kyle berührte leicht die getrockneten Blumen in Lexies Händen. „Wo haben Sie ihn gekauft? Ich hätte auch gern so einen.“
„Ich habe ihn gemacht. Er ist nach einem Bild meiner Großmutter Lexie entstanden …“
„Er ist wunderschön.“
Kyles Anerkennung freute Meghan, und eine leichte Röte stieg in ihr Gesicht. Kyle lehnte sich gemütlich auf seinem Stuhl zurück und ignorierte ganz offensichtlich die Ausstrahlung, die er auf Meghan hatte.
„Ist das Ihr Hobby oder Ihr Beruf?“, erkundigte er sich.
„Das ist mein Beruf. Ich verkaufe die Engel hier in der Umgebung an die Geschäfte.“
„Arbeiten Sie hier zu Hause?“
„Ja, ich habe mein Atelier oben im Haus.“
„Das würde ich mir sehr gern ansehen.“ Er nickte ihr wie selbstverständlich zu.
Meghan erschrak. Bis jetzt hatte sie niemanden in ihr Atelier gelassen. Es war ihr Heiligtum, der Platz ihres Rückzugs und ihrer Kreativität. Andererseits – Kyle würde sowieso bald wieder abreisen, und vielleicht vergaß er bis morgen seinen Wunsch. So nickte sie. „Ja, sicher.“
„Haben Sie noch mehr Engel zu verkaufen?“, wollte er jetzt wissen.
„Ja, viele, denn ich habe eine Lieferung fertiggestellt, die ich heute Abend noch ausliefern wollte“, erklärte Meghan.
„Verkaufen Sie das ganze Jahr über oder nur zu Weihnachten?“
Oh Himmel, schon wieder dieses Wort – Weihnachten! Der Gedanke an einen Mistelzweig schoss Meghan durch den Kopf, und sie erinnerte sich an die Sitte, sich zu küssen, wenn man darunter stand.
„Weihnachten geht mein Geschäft am besten. Aber ich habe geplant, den Verkauf auch auf andere Staaten auszudehnen, um eine gewisse Kontinuität während des Jahres zu erreichen.“
„Was haben Sie eigentlich gegen Weihnachten?“, wollte Kyle wissen.
Meghan wurde abweisend. „Wie kommen Sie darauf? Ich habe nichts gegen Weihnachten.“
„Doch, jedes Mal, wenn Sie das Wort hören, zucken Sie zusammen. Jetzt gerade auch wieder.“
„Das stimmt nicht.“ Er ließ sich nicht täuschen. Wahrscheinlich würde er keine Ruhe geben, weiter fragen und sich nicht mit Ausflüchten zufriedengeben.
Zwar saß er völlig entspannt da und trank seinen Kakao, aber Meghan ahnte, dass sie ihm die Wahrheit würde sagen müssen.
„Ich habe eigentlich nichts gegen das Fest an sich“, begann sie tapfer und machte eine Pause.
„Ich höre Ihnen zu, bitte, sprechen Sie weiter.“
„Es ist das, was mit Weihnachten zusammenhängt, was ich vergessen möchte.“ Ihre Stimme war jetzt nur noch ein Flüstern, dann fuhr sie fort: „Ich habe nie wirklich Weihnachten erlebt. Meine Eltern waren zu sehr mit sich beschäftigt. Und meine Nanny wollte Weihnachten mit ihrer Familie verbringen …“
„Was für Eltern haben Sie denn?“
„Sehr reiche.“
Meghan sah, wie er sich die altmodische Küche anschaute, die verblichenen Vorhänge, die alten Küchengeräte. Sie lächelte ihn an. „Ich nehme von meinen Eltern kein Geld. Sie senden mir zwar jährlich zu Weihnachten einen Scheck, aber ich gebe das Geld für bedürftige Kinder weiter.“
„Verbringen Ihre Eltern die Ferien nicht mit Ihnen?“
„Aspen ist eine ziemliche Autofahrt von hier.“
„Also leben Ihre Eltern in den Staaten?“
Sie schüttelte verneinend den Kopf. „Sie kommen nur jedes Jahr zum Skilaufen und zu den Parties nach Colorado geflogen. Sie leben an verschiedenen Orten, da sie Wohnsitze in Florida und Frankreich haben.“
Kyle wunderte sich. „Und sie kommen nicht hierher, um Sie zu sehen und zu besuchen?“
„Doch einmal sind sie hierhergekommen.“
„Und was ist mit dem Heiligen St. Nikolaus, ist er vorbeigekommen?“, scherzte Kyle ein wenig.
Sie erging erleichtert auf seinen Ton ein. Was brachte es, sich an die Schmerzen zu erinnern? „Der hatte leider keine Zeit“, lächelte sie.
Kyle schüttelte den Kopf. „Wie schrecklich sind solche Erlebnisse, so etwas dürfte eigentlich nicht passieren.“
„Wahrscheinlich haben Sie recht“, entgegnete Meghan leise. „Aber so habe ich es immer erlebt, schon als Kind. Ich erinnere mich noch sehr gut an ein Ereignis. Als kleines Mädchen
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