[Baccara] Zaertliche Beruehrungen
Familie gern zu meinem Picknick morgen am Memorial Day einladen. Es ist eine Tradition, daß ich meine gesamte Nachbarschaft dazu einlade.
Gegen neun Uhr abends wird Essen serviert, aber Sie können gern schon früher zu einem Drink und Imbiß kommen, wenn Sie möchten. Die ersten unermüdlichen Gäste zeigen sich im allgemeinen bereits gegen sieben Uhr.”
Verblüfft starrte der junge Mann ihn an, bevor er sich soweit wieder gefangen hatte, um ihm zur Begrüßung die Hand zu reichen. „Kommen Sie herein, kommen Sie herein”, forderte er ihn dann überschwenglich auf. „Ich bin Ben Shaw, Carries Bruder. Vielen Dank für Ihre Einladung.”
Tyler trat ein und blickte sich unauffällig um. Die Tapeten in der Eingangshalle und in den zwei Räumen, in die man von dort aussehen konnte, waren verblichen. Altes Mobiliar stand herum, die Fußböden waren abgetreten und stellenweise beschädigt, die Fenster ziemlich verwittert. Das Haus wirkte völlig verwahrlost, und eine Restaurierung würde eine Stange Geld kosten. Die Witwe und ihre Familie wären gut beraten, von dem hübschen Sümmchen, das sie für das Grundstück bekommen könnten, irgendwo anders hinzuziehen, entschied Tyler für sich.
Ben Shaw holte tief Atem, als wolle er sich Mut machen. „Sie… Sie sind doch wohl keiner von ,Den Tremaines’, oder? Ich meine diejenigen, die die Drogerien-und Buchladenkette besitzen?”
Tyler lächelte wohlwollend. Er war diese ehrfürchtige Scheu gewöhnt, mit der die Leute reagierten, sobald sie ihn mit der phänomenal erfolgreichen Kette Discountdrogerien und der rasch wachsenden Buchladenreihe des Familienunternehmens in Verbindung brachten.
„Ich bekenne mich schuldig”, erwiderte er höflich. Dann holte er aus seinem Jackett eine Visitenkarte, die ihn als Tyler Tremaine, Vorsitzender für den Bereich Marketing und Öffentlichkeitsarbeit der Tremaine Incorporated, auswies.
Beeindruckt studierte Ben die Visitenkarte, bevor er sie in die Tasche seiner abgeschnittenen Jeans steckte. „Es ist mir eine Ehre, Sie kennenzulernen, Sir”, sagte er ehrerbietig.
Tyler fühlte leichten Ärger aufsteigen. Was sollte dieses „Sir”? Schließlich war er doch gar nicht soviel älter als Ben Shaw! Aber durch diesen übertrieben respektvollen jungen Mann kam er sich irgendwie alt vor, und das gefiel ihm überhaupt nicht.
„Sicher wird meine Schwester von Mrs. Tremaine wissen wollen, ob sie etwas zum Picknick mitbringen soll”, fuhr Ben zuvorkommend fort. „Carrie macht einen wundervollen Pudding mit Marshmallows und Früchten, den sie…”
Marshmallowpuddihg? Für seine rauschende Party? „Das wird nicht nötig sein”, stellte er rasch klar. „Und es gibt auch keine Mrs. Tremaine. Das heißt, keine Mrs. Tyler Tremaine. Die gegenwärtigen drei Mrs. Tremaines gehören zu meinem Vater, beziehungsweise sind die Frauen meiner beiden Brüder.”
„Dann haben Sie also noch nicht in den sauren Apfel gebissen und geheiratet? Ich auch noch nicht”, vertraute Ben ihm in unerwartet brüderlichem Ton an. „Und ehrlich gesagt, ich habe es damit auch nicht eilig.”
Unbehaglich trat Tyler von einem Bein aufs andere. Er wollte mit diesem jungen Mann keine Vertraulichkeiten austauschen. Doch plötzlich wurde ihm etwas bewußt. „Sie sagten, Sie sind Carries Bruder. Handelt es sich um Carrie Wilcox, die… ehm… Witwe, die dieses Grundstück von dem alten Mr. Wilcox geerbt hat?” Irgend etwas paßte hier nicht zusammen. Konnte eine Witwe, die über Fünfzig war, einen College-Studenten zum Bruder haben?
„Ja, das ist meine Schwester, und sie…” Ben unterbrach sich, drehte sich um und rief laut; „He, Carrie, du hast Besuch!”
„Benjy, schh. Du weckst das Baby auf”, war die Witwe zunächst nur, zu hören. Der Ton war mahnend, doch es handelte sich um dieselbe kräftige, jugendliche Mädchenstimme, die ihm, Tyler, schon am Telefon aufgefallen war.
Gleichmütig zuckte Ben die Schultern. „Carrie, dein Nachbar ist hier, Tyler…”
„Oh, Mr. Tyler.” Carrie Wilcox erschien in der kleinen Eingangshalle. „Wie nett, Sie endlich persönlich kennenzulernen.” Sie ging direkt auf ihn zu, schüttelte ihm freundlich die Hand und lächelte ihn austiefblauen Augen an. „Sind Sie gekommen, um nach Schnüffler zu sehen? Ihm geht es gut. Er hat sich schnell daran gewöhnt, in einem Haus zu leben.”
Diese weiche, volle Stimme… Er nahm zwar wahr, daß sie etwas über den Kater sagte, aber er verstand nicht den Sinn ihrer
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