Back to Black - Amy Winehouse und ihr viel zu kurzes Leben
Sammlung von mehr oder weniger skandalösen Interviewszenen zusammentragen, in denen Amy sich entweder hemmungslos betrank und mitten im Gespräch einschlief oder auch mal pinkelnd auf ihrer Toilette saß und den Anrufer erst einmal en detail wissen ließ, wo sie sich gerade befand und warum. Noch bevor sich der Journalist (wahrscheinlich handelte es sich um Garry Mulholland, der ebenfalls für den Londoner »Guardian« arbeitete) von seinem Schrecken erholen konnte, wurde er seinerseits von Amy mit anzüglichen Fragen bombardiert:
»Hatten Sie eigentlich schon mal Sex mit meiner Musik? Oder kennen Sie jemanden, der zu meiner Musik gebumst hat? Das würde ich zu gerne von Ihnen wissen, denn, das ist ein verdammt cooler Test um herauszufinden, ob Menschen ganz bei sich sein können, wenn sie meine Musik hören. Fragen Sie doch bitte mal alle Ihre Freunde!«
Andererseits konnte Amy in einigen der vielen Interviews, die sie im Laufe ihrer Karriere gab, auch sehr schlagfertig, geistreich und witzig reagieren – jedenfalls wenn sie gut drauf war. Dann konnte sie ebenso intelligenten wie derben Charme versprühen, konnte Witze auf ihre Kosten ertragen (sie musste ordentlich einstecken) und sich trotzdem nicht einmal anstrengen, um herzlich mitzulachen – selbst als ihr der Moderator Simon Amstell nach ihrem fatalen Katie-Melua-Katzen-Aids-Ausrutscher
»im Spaß« (oder zu ihrer Ehrenrettung) ironisch unterstellte, sie wäre wohl »voll auf Crack« gewesen, als sie dies sagte.
Garry Mulholland, der mehrere ausführliche Interviews mit Amy führte, erinnerte sich vor allem daran, dass er ihren Redeschwall bisweilen rüde stoppen musste.
»Sie sagte immer exakt das, was ihr gerade durch den Kopf ging. Als wir zum Beispiel über die Entstehungsgeschichte ihres ersten Albums sprachen und sie schilderte, wie sehr sie die Trennung ihres damaligen Freundes Chris Martin mitgenommen hätte, begann sie plötzlich, die intimsten Details dieser Beziehung auszuplaudern.«
Er hätte Amy darauf hin gebeten, lieber den Mund zu halten, da er ansonsten in Versuchung geraten würde, alles aufzuschreiben und zu veröffentlichen – was sie dann mit Sicherheit bereut hätte.
»Ich bin sicher, sie hätte mir verraten, wie lang und dick sein Penis war, wenn ich sie danach gefragt hätte.«
Nach diesem Interview war Mulholland endgültig klar geworden, dass Amy kein Gespür für »Selbstzensur« besaß – oder vielleicht auch nur keine Lust darauf hatte.
»Amy war dadurch natürlich eine traumhafte Interviewpartnerin. Sie öffnete stets ihr Herz und ließ einen hineinschauen«, sagte Mulholland, »doch sie kannte eben leider auch keine Grenzen.«
Einmal lud sie ihn nach einem Konzert im »Jazz Cafe« in Camden wie einen alten Freund zu sich nach Hause ein. Nie hätte der »Guardian«-Mann damit gerechnet, die privaten Gemächer des Stars zu betreten. Aber Amy wies ihn lediglich an, »ihr doch bitte schön die Gitarre und den Verstärker aus dem Auto zu holen und die Treppe
raufzutragen«. So stand Mulholland plötzlich in ihrer Wohnung, die seiner Meinung nach einen »gewissen Grad an Verwüstung« aufwies. Mit Sicherheit handelte es sich bei dieser Formulierung um eine höfliche Untertreibung.
Zu diesem Zeitpunkt, Anfang des Jahres 2005, also wenige Wochen bevor sie ihrem späteren Ehemann Blake Fielder-Civil im »Good Mixer« begegnen sollte, hatte Amy nicht nur mit zahlreichen öffentlichen Fauxpas auf sich aufmerksam gemacht, auch die Gerüchte, sie sei alkoholabhängig und rauche viel zu viel Gras, machten immer lauter die Runde. Zudem wurde in der Szene längst offen darüber geredet, dass sie zur Bulimikerin geworden war. Ihre Eltern und ihr Management, die sie wochenlang nur sporadisch zu Gesicht bekommen hatten, begannen nun erstmals, sich wirklich ernsthafte Sorgen um Amy zu machen. Sie hatte stark abgenommen, aber sie führte ihren Gewichtsverlust auf eine tolle neue Diät zurück:
»Man kann sich das leckerste Essen bestellen, kaut es, bekommt so den Geschmack mit und spuckt das Essen wieder aus«, sagte sie Nick Godwyn, um ihn zu beruhigen.
Dabei war sie längst zum Erbrechen übergegangen. Auf der Hochzeit eines Freundes, so wurde es kolportiert, hätten sich die Leckereien vom Buffet auf ihren Teller »nur so getürmt« und sie hätte »alles in sich reingeschaufelt«. Um kurz danach auf der Toilette zu verschwinden und alles wieder rauszuwürgen. Dies hätten andere Gäste, die vor der Toilette warteten, genau
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