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Back to Blood

Back to Blood

Titel: Back to Blood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wolfe
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hatte mit der Arbeit an sich nichts zu tun. Wenn er die Fotografien überhaupt mal selbst berührt hat, dann höchstens, um sie in den Briefumschlag an Dalique zu stecken. Obwohl, er hat sicher einen Assistenten, der das für ihn erledigt. No Hands — das ist ein bedeutendes Konzept heute. Der Künstler setzt nicht mehr seine sogenannten ›Fertigkeiten‹ ein, um die Leute hinters Licht zu führen. Er ist kein Zauberer mehr. Seine Hände spielen keine Rolle mehr. Das ist natürlich das Konzeptuelle an der ganzen Sache. So verwandelt er das, womit der manuelle Künstler eine Wirkung erzeugt … in etwas, das den Betrachter zwingt, auf eine tiefere Art über das Kunstwerk nachzudenken. Es ist fast so, als würde er eine vierte Dimension erfinden. Und so entsteht das beste, das zeitgenössischste Werk der ganzen kommenden Generation. Fast alle von Doggs’ Objekten auf dieser Messe sind ikonisch. Jeder, der eins von deinen Stücken zu Gesicht bekommt, Maurice, wird sagen, ›Mein Gott! Das ist Doggs am Anfang seiner klassischen Periode.‹ Ich bin fest davon überzeugt, dass es genau das ist: avantgardistisch und gleichzeitig klassisch. Solche Kunst ist nicht jeden Tag zu haben! Glauben Sie mir, Maurice! Heute haben Sie … wirklich … zugeschlagen! «
    Wirklich zugeschlagen … Fleischmann sah sehr zufrieden aus, aber sein Lächeln war das perplexe Lächeln eines Menschen, der sich sein Glück nicht erklären kann. Es war offensichtlich, dass er kein einziges Wort von A.A.s Ausführungen verstanden hatte. Weshalb Magdalena sich gleich besser fühlte, denn auch sie hatte kein Wort verstanden.
    Anstatt als Abbild einer siebzehn Millionen Dollar schweren Verblüffung einfach nur dazusitzen, stand Fleischmann auf, entschuldigte sich bei A.A. und sagte, er sei gleich wieder da. Da die Tische eng beieinanderstanden, musste Magdalena aufstehen, um ihn durchzulassen. Zufällig schaute sie sich im Raum um. Ihr Herz machte einen Satz. Da war er, nur vier Tische hinter ihr, der Russe, den sie nach dem Dinner gestern Abend so kurz, so innig! kennengelernt hatte. Und er schaute ihr mitten ins Gesicht. Sie war so überrascht und aufgeregt, dass sie nicht wusste, was sie tun sollte. Winken? Zu seinem Tisch rennen? Einen Kellner mit einer Nachricht schicken? Einer Blume? Einem Taschentuch? Ihrer Halskette mit dem winzigen Herzanhänger? Als ihre Gedanken sich wieder gefangen hatten, hatte er sich schon wieder den sechs oder sieben Leuten an seinem Tisch zugewandt. Aber sie war sich sicher. Er hatte nur sie angeschaut.
    Was? Jetzt war es Norman. Er stand auf und fragte A.A., ob sie vielleicht zufällig wüsste, wo die Herrentoilette sei. ::::::Vielleicht kann er einfach meine bösen Blicke nicht mehr ertragen und will deshalb nicht mehr neben mir sitzen.:::::: A.A. zeigte in die gleiche Richtung, in die Fleischmann gegangen war. »Die ist nebenan in der BesJet-Lounge«, sagte sie. »Hier gibt’s keine.«
    Ohne Magdalena eines Blickes zu würdigen, zog er ab. Jetzt waren nur noch die beiden Frauen übrig, A.A. und Magdalena, die sich gegenübersaßen und keine Ahnung hatten, worüber sie reden sollten.
    Magdalena hatte eine Idee. Das war ihre Chance! Sie setzte sich wieder, ihr Rücken war jetzt dem Russen zugewandt, während A.A. in seine Richtung schaute. Bis jetzt hatte A.A. noch kein einziges Wort mit ihr gesprochen. Sie hatte sie nicht mal angeschaut. Magdalena stand wieder auf und lächelte A.A. übertrieben breit an. Grinste sie? Egal, sie war fest entschlossen, das Lächeln durchzuhalten. Sie ging um den Tisch herum, lächelnd, grinsend. Ihre Lippen spannten sich so über und unter ihren Zähnen, dass sie das Gefühl hatte, sie schnitt eine Grimasse.
    A.A. sah perplex aus. Nein, misstrauisch. Offensichtlich hatte sie nichts weniger erwartet, als dass Magdalena mit ihr ins Gespräch kommen wollte. Dieses ahnungslose kleine Ding, das mit dem berühmten Pornoarzt hier aufgekreuzt war … Magdalena las all das aus ihrem Gesicht, das und den Wunsch, das ahnungslose kleine Ding möge doch bitte jetzt das Passende tun — nämlich freundlicherweise aufhören zu grinsen, sich von ihr fernhalten … und in Luft auflösen … All das und noch mehr konnte Magdalena unter dem blonden Bob erkennen, der auf einer Seite gescheitelt war und quer über Stirn und Auge zur anderen Gesichtshälfte schwang … aber jetzt, nach all dem betonharten Gegrinse, gab es kein Zurück mehr … und sie schob den Stuhl, auf dem gerade noch Fleischmann

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