Back to Blood
gesessen hatte, dicht neben A.A.s Stuhl … sodass ihre Köpfe nur noch einen halben Meter voneinander entfernt waren … aber was sollte sie sagen? No Hands schoss ihr plötzlich durch den Kopf —
»— Miss Carr — Marilynn — darf ich Sie Marilynn nennen?«
»Natürlich« — mit distanziertem, bohrendem Blick, der sagte, »Nenne mich, wie du willst, Kindchen, und dann aber ab durch die Klappe in den Keller, okay?«
»Marilynn« — Magdalena war sich bewusst, dass ihre Stimme einen Tonfall angenommen hatte, den sie noch nie von sich gehört hatte. »Was Sie vorhin über die No Hands Art gesagt haben, das war so-o-o-o faszinierend! Warum ist diese Kunst so bedeutend?«
Die Bitte um Expertise nahm A. A. s Mimik etwas von ihrer Kühle. Aber dann stieß sie einen tiefen Seufzer aus, den Seufzer eines Menschen, der weiß, dass ihm eine mühselige … und sinnlose Aufgabe bevorsteht. »Nun«, sagte sie. »Sind Sie vertraut mit dem Satz ›Alle große Kunst dreht sich um Kunst‹?«
»Nei-i-i-n …« Magdalena lächelte weiter kongenial und fixierte mit weit aufgerissenen Augen ihre Lehrerin, ganz die wissensdurstige Schülerin, die die Quelle gefunden hat.
Wieder ein vor Überdruss triefender Seufzer. »Er bedeutet, dass es nicht ausreicht, beim Betrachter eine Wirkung zu erzeugen. Ein Kunstwerk muss die Kunst bewusst reflektieren —« Sie hielt abrupt inne. Sie beugte sich auf intime, vertrauliche Art zu Magdalena vor. »Darf ich Sie auch was fragen? In welcher Beziehung stehen Sie zu — also, woher kennen Sie Ihren Freund, Dr. Norman Lewis? Ich habe gehört, er ist ein prominenter Psychiater … Pornografiesucht oder so was?«
Magdalena wusste nicht, was sie antworten sollte. Seine Freundin? Einfach nur gute Freunde? Angestellte? Im Moment spielte das keine Rolle. Die Hauptsache war, dass sie genau im Blickfeld des Russen Sergej Koroljow saß. Sollte das Interesse an seinen Tischgenossen einmal so lange nachlassen, dass er in ihre Richtung schaute, sollte er eine zufriedene, ja fröhliche junge Frau sehen … die an ihrem Tisch in eine vertrauliche Unterhaltung verwickelt war, die augenscheinlich zu einer Clique gehörte und sich vollkommen wohlfühlte in der geistigen Atmosphäre einer VIP -Lounge … und in den inneren Zirkeln der Art Basels dieser Welt — kurz, ein wunderschönes Wesen, das dazugehört und dort zu Hause ist, wo die Post abgeht.
»Oh, ich arbeite bei ihm«, sagte sie zu A. A.. »Ich bin psychiatrische Krankenschwester.« Hörte sich besser an als einfach nur Krankenschwester .
»Und dann hat er sie einfach so zur VIP -Eröffnungsfeier der Miami Basel eingeladen?«, sagte A.A. »Netter Boss.« Sie schaute Magdalena mit einem hinterhältigen und bedeutungsschwangeren Lächeln in die Augen.
::::::Miststück! Was soll ich darauf sagen?!:::::: Ihr Gehirn digigoogelte nach einer Antwort und fragte sich gleichzeitig, ob sie so aufgeregt aussah, wie sie sich fühlte. Nach einer zu langen Pause: »Ich glaube, Mr. Fleischmann hat die VIP -Ausweise besorgt. Er ist ja so-o-o-o großzügig!«
»Ja, das ist er wirklich«, sagte A.A. »Egal, also Dr. Lewis, der …«
»Und er verlässt sich absolut auf Ihr Urteil«, sagte Magdalena.
»Wer?«
»Mr. Fleischmann. Das sieht man sofort! « Magdalena war alles recht, was das Gespräch von Norman wegführte. Und Gott sei Dank zauberten ihre Schmeicheleien ein aufrichtiges Lächeln in das englische Bob-Gesicht.
»Das hoffe ich!«, sagte A.A. »Er hat heute wirklich ein paar sehr gute Entscheidungen getroffen.«
»Ich wünschte, ich würde nur halb so viel von Kunst verstehen wie Sie, Marilynn. Ein Zehntel, ein Hundertstel. Ich muss zugeben, ich hatte bis heute noch nie von Jed Doggs gehört.«
»Jeb«, sagte A.A.
»Jeb?«
»Sie sagten ›Jed‹, er heißt Jeb Doggs. Über den Status ›Nachwuchskünstler‹ ist er inzwischen hinaus, und ›Aufstei gender Stern‹ hat er, glaube ich, auch schon wieder abgelegt. Er hat es geschafft. Er hat jetzt richtig Fahrt aufgenommen. Ich freue mich sehr für Maurice … und was er sich erst freuen wird, wenn er sieht, wie steil es mit Jeb Doggs aufwärtsgeht.«
::::::Geschafft! Diese eitle Schlampe, jetzt geht es ihr nur noch um sich selbst, die Norman-Magdalena-Story ist vergessen.::::::
Aus dem Augenwinkel sah sie, dass Koroljow sich von seinen Tischgenossen abwandte und in ihre Richtung schaute ::::::nein, nicht zu mir:::::: zu einem Punkt weit neben ihr. Als er sich wieder umwandte, hielt sein Kopf auf
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