Backstage
verschwitzt, bemüht, die Bewegungsabläufe nachzuvollziehen, sich einzuprägen, zu lauter Dancefloor-Musik. Er agierte widerwillig, steif in den Hüften und schlecht gelaunt. Der Choreograph schrie gegen die Musik und Brauns Lethargie an, der Trainer war bemüht, die harschen Kommentare abzumildern.
Braun tapste durch den Raum.
Melissa floh auf die Terrasse, drehte dem turnenden Trio den Rücken zu, um Braun nicht in Verlegenheit zu bringen.
Dieser Job verlief beschissen. Der Tod eines Mannes, der nicht ihr Klient war. Nicht Panitz, hatte Paula wiederholt. Und doch blieben bohrende Fragen. Wenn sie Braun nicht allein gelassen hätte? Aber er hatte sie ausdrücklich um einen Gefallen gebeten. Warum? Wollte er sie aus dem Zimmer haben? Aber Panitz war sein neuer alter bester Freund.
Melissa musste an diesem Morgen einen geeigneten Moment finden, um mit Braun über Panitz zu sprechen. Doch was, wenn er etwas mit Panitz' Tod zu tun hatte?
Schluss mit den Spekulationen. Sie würde wie Paula Fakten sammeln. Die Zeitungsberichte würden zeigen, in welche Richtung man den Mordfall deutete. Und Braun musste heute bei der Kripo aussagen. Aber zuvor wollte sie herausfinden, wo er zum Zeitpunkt des Mordes war.
Wer hatte sie verfolgt? Melissa hatte die Fahrt durch die Stadt genutzt, war durch Seitenstraßen gefahren, wie so oft, um ihre Ortskenntnis zu trainieren, aber eigentlich, um die Angst der Nacht abzuschütteln: Was hatte sie gehindert, Paula anzurufen? Der Stolz, sich dieser ungewöhnlichen Situation jetzt gewachsen zu fühlen, nachdem sie gestern versagt hatte? Und sie wertete es als Versagen, dass ein Mann im Umfeld ihres Zuständigkeitsbereichs ermordet worden war, allen Fakten zum Trotz.
Die Schiebetür wurde aufgezogen, das Wohnzimmer gelüftet, die Möbel zurechtgerückt.
Die Trainer unterbrachen ihr Gespräch, als Melissa den Raum betrat.
«Er ist im Bad», sagte der eine.
«Richten Sie ihm aus, dass wir morgen um sieben wieder kommen. Auch, wenn's für den Arsch ist», setzte der andere leiser hinzu. Sie schnappten ihre Sachen und verdrückten sich.
Der allgegenwärtige Butler bot Kaffee an.
«Es war eine ruhige Nacht», sagte er, ungefragt.
Es dauerte zwanzig Minuten, bis Braun, mit feuchtem Haar und im Bademantel, erschien.
«Ich brauch erst mal Kaffee», murmelte er, ignorierte den gedeckten Esstisch, ließ sich in einen der Sessel fallen.
«Wo ist Panitz jetzt?»
«Bitte?»
«Wo, ich meine, wo haben sie Panitz hingebracht?»
«In die Gerichtsmedizin.»
«Oh Gott, oh Gott.» Braun setzte die Kaffeetasse ab, drückte sich tief in den Sessel, wie in Abwehr.
Das Wort Gerichtsmedizin weckte Bilder von chirurgischen Instrumenten, ein Skalpell, angesetzt am Körper des Freundes; man sah sich selbst dort liegen. Aber wie denkt man den eigenen Tod?
Der Butler servierte ein üppiges Frühstück auf dem Wohnzimmertisch, schnitt knuspriges Croissant auf, schob frischen Orangensaft näher zu Braun.
«Wir kommen jetzt zurecht.»
Der Butler reagierte nicht.
«Lassen Sie uns bitte allein. Wir rufen, wenn wir etwas brauchen.» Melissa schraubte sich zu voller Größe auf, machte zwei Schritte auf den Mann zu, der endlich reagierte und sich in die Küche zurückzog. Melissa schloss hinter ihm die Tür, zog sich einen Sessel nahe zu Braun, legte ihm die Hand auf den Arm. «Panitz war dein Freund. Es tut mir Leid für dich.»
«Mein Freund? Mann, der Beste.»
Melissa hielt ihm die Kaffeetasse hin.
«Nimm noch einen Schluck. Und dann erzähl mir von ihm.»
«Tom war wie besessen von ihm. Plötzlich zählte nur noch Panitz. Panitz hier, Panitz da. Panitz tut das, Panitz meint das. Ätzend.»
Lilli Braun und Paula saßen sich in einer Suite gegenüber, an einem luxuriös gedeckten Tisch. Zimmerservice. Frühstück für zwei. Lilli nippte an einem Glas Champagner. Alles an Lilli war ein Tick zu viel: die Aufsteckfrisur zum Seidenmantel in Schwarz, bedruckt mit kitschigem Blumenmotiv, der Goldschmuck, das Make-up und die Vertraulichkeit, mit der sie Paula behandelte. «Plötzlich bietet Tom ihm eine Stelle an. Als persönlicher Assistent. Ich meine, stellen Sie sich das vor. Panitz hatte doch sein eigenes Business. Er soll dir 'ne Wohnung verkaufen, sagte ich zu Tom. Aber nein, er will ihn engagieren.»
Paula ließ den Alkohol stehen. Es brauchte nur selten eine Frage, um Lilli zum Weiterreden zu animieren. Ein Nicken des Kopfes, ein mitfühlender Gesichtsausdruck, das reichte.
Paulas Blick streifte das
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