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Backstage

Backstage

Titel: Backstage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Schwarzwälder
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das ja passieren.»
    «Was meinen Sie damit?»
    «Ich bin ein altmodischer Mann, Frau, Frau von ...»
    «Oshinski.»
    «Frau von Oshinski, ja, entschuldigen Sie. Zur Sache. Ich gehöre noch der Generation an, die der Ansicht ist, dass man irgendwann für das, was man tut, was man angerichtet hat, geradestehen muss.»
    «Ist das so? Das wäre geradezu eine andere Welt.»
    «Ich habe nicht gesagt, dass es so ist, nur, dass es wünschenswert wäre.»
    «Sie haben eine bestimmte Vorstellung von dem, was damals passierte.»
    «Wie ich schon Ihrer Mitarbeiterin sagte, fühle ich mich auch jetzt an meinen ärztlichen Eid gebunden, und der beinhaltet die Schweigepflicht.»
    Ein, zwei Momente der Stille.
    «Wie soll es dann zur Verantwortung kommen?»
    «Eigene Verantwortung erkennen, darum geht es, nicht ertappt, dazu gezwungen und gerichtet werden.»
    «Ich respektiere Ihre Schweigepflicht, Dr. Beier. Aber sehen Sie nicht eine Möglichkeit, mir einen Hinweis zu geben, der Ihrer Ethik nicht zuwiderläuft und uns hilft? Die Dinge eskalieren hier.»
    «Das tun sie immer, wenn sie nicht gelöst werden, irgendwann und manchmal auf seltsame Weise, nicht?»
    Wieder schwiegen beide.
    «Ich will Ihnen etwas erzählen, das allen hier bekannt war, etwas über den Ort, an dem der Unfall stattfand. In diesem Dorf war die Stelle als Treffpunkt für Verliebte bekannt, ein Ort für Jugendliche, die sich dort zum Schmusen trafen. Verstehen Sie? Außerdem fand man frische Reifenspuren, von einem zweiten Auto; das sagt jedenfalls der Unfallbericht aus. Und nun entschuldigen Sie mich, Frau von Oshinski.»
    «Ich danke Ihnen, Dr. Beier.»
    Paula atmete tief durch. Sie wusste jetzt, wie die Ereignisse 1977 zusammenhingen.
    Die Limousine tauchte aus der Tiefgarage auf. Einige rannten hinter dem Fahrzeug her, fotografierten in die Scheiben oder hasteten zu den eigenen Autos.
    Melissa beobachtete das Spektakel von oben. Braun blätterte durch eine Tageszeitung, auf dem Titelblatt ein Foto, das den nächtlichen Sturz und Lillis angeleuchtete Silhouette an der Wand eher ahnen als erkennen ließ.
    «Lies mal.»
    Braun deutete auf eine kurze Notiz in der Tageszeitung, der Berlinteil war aufgeschlagen.
    Gerichtsmediziner fündig
    Im Zusammenhang mit dem Mordfall Braun/Panitz hatte das Verschwinden von Proben für spätere Nachuntersuchungen für Aufregung gesorgt. Magen, Darm und Leber waren nicht auffindbar. Gestern tauchte das Material wieder auf, das von einem noch unerfahrenen Mitarbeiter falsch abgelegt worden war. Die Versiegelungen waren unangetastet. Die ausstehenden Untersuchungen erfolgen in Kürze.
    «Jetzt nennen sie es schon den Mordfall Braun.»
    Melissa zuckte mit der linken Schulter.
    «Lass uns fahren. Hut, Mantel, und los. Neben dem Heizungsraum führt eine Tür auf den Hinterhof, nur von innen zu öffnen. Das Auto steht um die Ecke.»
    Ohne Zwischenfall gelangten sie zum Auto, umfuhren das Brandenburger Tor, rechter Hand der Reichstag, daneben das neu erbaute Gebäude für die Bundestagsabgeordneten, in engen Schleifen die Büroräume angeordnet, sodass man über Immergrün und Kunstwerken den Kollegen auf den Schreibtisch sehen konnte. Man musste Jalousien herunterlassen, um unbemerkt Gäste zu empfangen oder mit künftigen Arbeitgebern wie Lobbyisten zu konferieren; Lobbypflege und Wiederwählbarkeit bis zu Rentensicherung - das war das Image vieler Politiker in Melissas Bekanntenkreis. Das Gebäude mit dem gigantischen Vorbau auf Stelzen wirkte obszön. Wie konnte einer der Politiker noch von Sparen reden, ohne sich vor Scham zu übergeben, fragte sich Melissa desillusioniert.
    «In Westberlin hat sich seit der Wende nicht viel geändert.»
    «Warum willst du eigentlich in den Osten ziehen?»
    «Ist das nicht eine Stadt?»
    «Theoretisch, ja. Was kennst du vom Osten?»
    «Na ja, ich hab mich auf Panitz verlassen, der sagte, dass das neue Viertel an der Spree im Kommen sein soll.»
    «Kaufst du die Wohnung?»
    «Teichert hat mir ein gutes Angebot gemacht. Mein Anwalt prüft die Verträge.»
    «Das ging schnell.»
    «Ich muss raus aus diesem Heidelberg, dort steht die Zeit still, man merkt nichts, gar nichts von der Vereinigung.»
    «Und Lilli?»
    «Können wir das Thema wechseln?»
    «Okay. Wie wäre es mit ein, zwei zusätzlichen Leuten, Leibwächtern, die die Autofahrten absichern. Es wird nicht lange dauern, bis man entweder deinen oder Lillis Aufenthaltsort herausfindet.»
    «Ich will keine Fremden um mich, nicht im Moment. Nimm

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