Backstage
erzählen.»
«Erzählste wieder Bücher?»
«Hol uns noch was zu trinken, Kutti.»
Zögernd machte sich Teichert auf den Weg ins Haus. «Also, wie war das damals? Ist doch sicher verjährt, und ich bin nicht bei der Polizei, auch wenn ich einen Mord aufklären will.»
«Na ja. Damals tauschten doch alle. Panitz suchte einen DDR-Bürger mit Konto, und wir hatten nischt gegen eine kleine Rücklage.»
Frau Teichert bückte sich, pflückte ein spätes Osterglöckchen. «Hier. Für Sie. Wo ist denn der Bruch? Sie haben Schmerzen, nicht?»
«Ja. Es ist ein Bruch am Handgelenk, ich bin gefallen, wollte mich auffangen, aufstützen, so ein Reflex, zu blöde, und nun ist das Handgelenk geschwollen und deshalb der Gips noch aufgeschnitten, bis das Gelenk abschwillt, der Verband darüber hält es zusammen.»
Paula befiel große Sehnsucht, bei dieser Frau zu klagen, Schmerzen zuzugeben; sie hatte was Mütterliches, Sorgendes an sich, nach dem sie sich schon als Kind gesehnt hatte - stell dich nicht so an, mit 38,9 Fieber bleibt man nur dem Sportunterricht fern. «Kannst du mal nach dem Kartoffelsalat sehen?»
Teichert trug ein Tablett mit zwei Gläsern Wein und einer Flasche Bier, brachte Tamara mit: «Ihr Frauen trinkt doch am liebsten Wein.»
«Sie müssen schon entschuldigen. Aber sie ist oft allein, da freut sie sich, wenn sie jemand zum Reden hat, da ist sie der reinste Wasserfall und dann noch mit 'nem Gläschen Wein.» Paula lächelte, prostete mit ihrem Wasser Frau Teichert zu. «Sie hat mir von Ihren Anfängen mit Panitz erzählt, vom Geldtausch, damals.»
«So, hast du das. Na ja. Es war nicht viel, was Panitz aufbrachte.
Er tauschte zum richtigen Zeitpunkt, eins zu ich weiß nicht mehr. Der hatte das Geschäftemachen im Blut, immer was neues, mehr am Machen als am Geld interessiert. Der suchte damals eine Chance für neue Geschäfte, wollte keine Gruppen mehr managen. Hat mich einfach angesprochen, als ich mir das Begrüßungsgeld abholte, kann sich niemand mehr vorstellen, die Schlangen, um an den Hunderter zu kommen, da hamse den Opa vom Land mitgeschleppt, damit der auch noch. Panitz und ich haben danach ein Bierchen getrunken, und so hat sich das entwickelt. Er hat mir sein Geld anvertraut, hatte ja keine Sicherheit. Der hatte die Idee mit dem Bauen, dachte an den Zuzug von außerhalb, und als Berlin offiziell Hauptstadt wurde, waren wir schon im Geschäft, und dann zündete es noch mehr. Wir aus dem Osten sind damals in viele Fallen getappt, ausgenommen worden, aber nicht von Panitz. Jetzt quatsch ich wie meine Frau. Irgendwas haben Sie an sich, das einem zum Reden bringt.»
Er nahm einen kräftigen Schluck aus der Pulle.
«Ich weiß von den Tabletten», sagte Paula.
«Waren Sie in seiner Wohnung? Haben Sie dort welche gefunden, ja? Ach, deshalb sind Sie hier. Ach je. Ich dachte, er hätte längst aufgehört damit. Er war doch bei diesen, na, so was wie Anonyme Alkoholiker, nur für Tabletten und so was. Es geht einem gar nicht ein, dass jemand das einfach so nimmt. Er sagte, es ist wie mit Alkohol, immer ein Gläschen mehr, bis man Säufer ist.»
Paula zeigte ihm eine der gefundenen Schachteln.
«Ob er einen Arzt an der Hand hatte? Hat er Rezepte gefälscht? Apotheken überfallen oder die Beute aufgekauft?»
«Mit dem Zeug hab ich nischt am Hut, ich krieg nicht mal 'ne Kopfwehtablette runter, ohne zu würgen. Ich hab ihn mal erwischt, als er völlig weggetreten war, in seiner Wohnung, wo ich unangekündigt geklingelt hab, weil er wichtige Unterlagen zu Hause hatte. Da lag das Zeug auf dem Tisch. Da hat er versprochen, aufzuhören. Die Firma haben wir auf meinen Namen eingetragen. Stellen Sie sich vor, der baut Mist in so 'nem Zustand oder würde erwischt damit.»
«Tabletten sind doch legal.»
«Wusste ich, was er alles nimmt? Und wo er's her hat? Er war ja auch einverstanden, dass wir's so regelten. Mir ging das nicht ein. Abends so dösig, und tagsüber wie angezündet, hellwach und ein Mordsverkäufer.»
«Verkaufte er auch die Tabletten?»
«Ach was. Das hätte ich doch mitgekriegt, wenn er so einen Handel betrieben ... Moment mal, Sie haben mich russisch reden hören, als Sie bei mir im Büro waren, stimmt's? Denken Sie, ich mach einen auf Tablettenhandel, auf Russenmafia?» Teichert lachte lauthals. «Ich hab in der Schule Russisch gelernt. Mafia! Die interessiert was anderes. Autos. Was weiß ich. Jetzt essen wir erst mal was, Frau von Oshinski.»
«Einen Moment noch. Sehen Sie,
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