Backstage
sie zu warten.
Fußgänger konnten die Absperrung passieren, an der deutsche Polizisten Wache standen. Alle Zufahrtsstraßen waren für Autos mit Betonpollern gesperrt, zwei, drei Polizisten an all diesen Punkten.
Die amerikanische Botschaft von Gittern umsäumt. Lächerlich, diese Sicherheitsmaßnahmen. Man kam so nahe ans Gitter, dass man locker einen Rucksack mit Sprengstoff darüber, hinein ins Gebäude, schleudern könnte und in eine der Seitenstraßen verschwinden.
Er machte einen Bogen, kehrte zurück zu den Cafés Unter den Linden, setzte sich an einen der Tische, in die Nähe eines der Heizkörper. Er spekulierte, dass sie sich nicht auskannte und deshalb ebenfalls von dieser Seite Zugang zur Botschaft suchte. Er würde sie hier erwarten.
Warten - darin war er geübt.
Warten, mal in dem einen, dann in dem anderen Café, dazwischen rauf und runter den Boulevard.
Sie würde sein Faustpfand. Dann musste ihm jemand zuhören, ohne ihn sofort auszuliefern, er würde die Spielregeln aufstellen. Das Warten zermürbte.
Wer würde den nächsten Schritt wagen?
Er fühlte sich ungerecht behandelt, wachte mit diesem Gefühl auf, suchte es tagsüber zu verdrängen.
Er würde jetzt losgehen, die Initiative ergreifen. Eine zum Aufputschen einwerfen, besser zwei, und dann los.
Der Morgen war verkracht.
Paula hatte die fetten Grillwürste nicht vertragen und schlecht geschlafen. Das Handgelenk schmerzte, zwang sie zu ungewohnter Schlafhaltung, auf dem Rücken, den Arm zur Seite gelegt, als gehöre er nicht zu ihr, nur der Schmerz, der in der grauen Stunde vor dem Morgen zunahm. Sie mochte zunächst keine Tabletten nehmen, dann doch, als auch autogenes Training nicht half, den Schmerz in erträglichem Maß zu halten.
Tamara war, unter Protest, nach Hause gefahren. Paula wünschte, sie hätte sie nicht dazu gedrängt. In diesem großen, noch fremden Haus, außerhalb der Stadt, wandelte sich in dieser Nacht das Alleinsein in Einsamkeit, etwas, das sie so nicht kannte. Wirre Gedankenknäuel: die Teicherts, das Fest und die Erleichterung, die zu spüren war, als sie sich nach eineinhalb Stunde verabschiedeten; vielleicht mit Ausnahme von Frau Teichert, die in sie drang, wiederzukommen. Tamara hatte sich, wie versprochen, zurückgehalten und die Chauffeuse gespielt, hörte zu, als Paula sie während der Rückfahrt über den Anfang der Gespräche informierte.
Ein schwieriger Fall, zwischen Vergangenheit und Gegenwart pendelnd, so viele daran beteiligt, und sie nicht mehr im Alleingang arbeitend, den sie gewohnt war. Nicht nur Lissa hatte Schwierigkeiten mit dieser Situation.
Mailbox und Anrufbeantworter speicherten je einen Anruf von Otto, besorgte Erkundigung nach ihrem Ergehen, nach den Zeitungsmeldungen - «Das warst du doch» - über den Sturz. Zum Teufel mit dem Kerl. Er war ein Feigling, der sich zurückgezogen hatte, als es schwierig wurde. Polizisten-Schulterschluss? Oder Neuanfang in der Ehe? Egal, jetzt wollte sie nicht und schon gar nicht über ihn nachgrübeln.
Wie also weiter in dem Fall Panitz?
Lilli war der Schlüssel, vielleicht auch die Lösung des Mordes an Panitz. Sie hatten sie verlegt, am späten Abend, auf ihren Wunsch hin, in ein kleines Erholungshotel, mit ärztlicher Betreuung, am Dianasee, Nähe S-Bahnhof Grunewald, sehr exklusiv, sehr verschwiegen. Lilli hatte das von Reimann arrangieren lassen, sich vor den angerückten Paparazzi in Sicherheit gebracht.
Paula kannte das Gelände - der kleine See, nur an wenigen Stellen öffentlich zugänglich, umbaut von exklusiven Villen, in großen Gärten und mit hohen Sichthecken, die die Zäune umschmeichelten, dazwischen alter Baumbestand, der im Sommer das Gelände weitgehend in Halbdunkel hüllte.
Melissa war, wie vorauszusehen, unabkömmlich, Tamara sollte im Büro nach dem Rechten sehen, und sie würde mit dem Bus zum S-Bahnhof Wannsee und von dort die zwei Stationen zum Grunewald fahren. Nach dem Frühstück. Das Anziehen dauerte, den Kaffee zuzubereiten machte sie ungeduldig, eine volle Tasse ging zu Bruch.
Nie war sie krank. Der Körper gleichsam unter Kontrolle. Nur jetzt nicht. Aber am meisten ärgerte sie der eigene Ärger. Nun, da es darauf ankam, versagten Entspannungsübung und Meditation, höhnisch grinsend: wohl nur für Feiertage, deine Praktiken, nicht erprobt im Gewitter.
Sie ließ das Frühstücken sein, schlüpfte in Halbschuhe mit Klettverschluss, Kurzarmhemd, einen weiten Pullover, dessen Bündchen sie links aufschnitt,
Weitere Kostenlose Bücher