BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)
verschwendete keinen Blick mehr auf sie. Sie hatten ihre Schuldigkeit getan, und auf ihn wartete bereits die nächste Herausforderung, der nächsten Schritt zum großen Ziel.
Ob Sardon die Archonten bereits aus ihrem Kerker befreit hatte?
Es hätte nur eines Gedankens bedurft, um sich dorthin zu wenden und es herauszufinden. Doch Gabriel zog es zu einem anderen Ort.
Um seinen sehnigen Körper und das unbehaarte Geschlecht woben sich Schatten, die die Illusion von Kleidung formten, wie sie dort üblich war, wohin er sich nun beruhigt wenden konnte. Auf den unsichtbaren Schwingen, die sein höllischer Vater ihm für die Dauer seines hiesigen Aufenthalts geschenkt hatte...
Jerusalem
Durch die engen Gassen irrte ein Monster. Frühlicht fiel auf sein glänzendes Fell. Belebte Straßen mied es, obgleich die Gier es drängte, sich gerade dorthin zu begeben und in Blut zu baden.
Als unmittelbar vor ihm eine Gestalt aus einem Hauseingang trat, warf sich das Ungetüm ohne Zögern zähnefletschend auf den kleinen fetten Mann, dem sein Schweißgeruch vorauseilte. Sie stürzten beide auf das harte Pflaster. Der Mann schrie. Im Liegen schlug und trat er um sich. Bis das Monster ihm die Kehle durchbiss. Eine messerscharfe Kralle schlitzte ihm Anzug und Brust im selben Streich auf.
Da krachte ein Schuss. Die Kugel hackte in die Schulter des Monsters, das aufheulte und herumwirbelte. Aus einem Fenster des Nachbarhauses ragte ein Gewehrlauf. Als das Ungetüm seinen Blick dorthin lenkte, verschwanden die Waffe und die Fäuste, die sie gehalten hatten.
Aber der Rückzug erfolgte zu spät.
Das Monster reagierte sofort. Es wandte sich der neuen Beute zu und hebelte die verriegelte Haustür aus ihren Angeln. Die Schusswunde blutete, behinderte das Wesen aber kaum in seinem Tun und Wüten.
Als es in den dämmrigen Hausflur tauchte und auf die Treppe zu hetzte, hörte es im Stockwerk darüber eine panikverfärbte Stimme.
Der Schütze von eben telefonierte.
Bis die zuschnappenden Kiefer ihm das Fleisch aus der Hüfte rissen, hielt er den Hörer fest ans Ohr, die Muschel dicht an den Mund gepresst. Am anderen Ende der Leitung hörte ein Polizist, wie der Mann schrie, als sich die Pranke in seinem schütteren Haar verfing und ihm den Kopf weit nach hinten bog, so dass die Haut am Hals sich spannte.
»Nein –
bitte...!«
Gnade war dem Monster fremd. Seine wulstigen Lippen stülpten sich über die Kehle des Opfers. Die Augen des Mannes trübten sich, und kaum war er verstorben, verlor das Monster jegliches Interesse an dem erlegten Menschenwild.
Der Tod machte Fleisch und Blut ranzig. Ungenießbar.
Es floh vom Ort der Gräueltat, hetzte von einem Haus ins nächste. Und übernächste.
Eine Spur von Blut und Leid markierte seinen Weg. Es schien unersättlich. Rausch, nicht Hunger zwang es zu seinem Tun und Handeln. Halb wahnsinnig und nicht Herr über die in ihm erwachten, von fremder Magie geschürten Triebe lief es Amok.
Es... Sie...
Rona hielt abrupt inne, als ihr eine Gestalt den Weg verstellte; eine Gestalt, die nicht in ihr sonstiges Beuteschema passte.
»Genug!«, seufzte das Geschöpf in der bunt bestickten Tracht eines reichen Juden. Das Geschöpf, das sie in jeder Kleidung erkannt – und respektiert hätte. Und dessen bloßer Anblick die animalischen Attribute, in die ihr Körper sich verstiegen hatte, augenblicklich ausradierte.
Als wäre sie damit auch ihres stützenden Skeletts beraubt worden, knickte Rona erschöpft ein und sank auf die Knie. »Gabriel...«
»So sieht man sich wieder«, sagte der Jüngling in amüsierten Ton – einem Ton, der der Situation hohnsprach. »Ich freue mich, denn nun ist der Tag gekommen, da du deine Bestimmung erfährst. Deine und die eines jeden deiner Rasse.«
Wie betäubt blieb Rona am Boden knien. Streiflichtartig durchzuckten die Gesichter derer ihre Erinnerung, die sie seit dem Morgengrauen getötet hatte. Mit Caleb hatte es begonnen und mit einem Namenlosen – zumindest vorläufig – geendet...
Sie hob die blutüberströmten Hände vor das Gesicht und starrte darauf. Wenig später bohrte sich ihr Blick am Teufel vorbei in den Himmel.
»Wen hoffst du dort zu finden? Den Mond?«
»Aber er ist... noch nicht voll«, keuchte Rona. »Ich...«
»Du wunderst dich, weil du geglaubt hast, dich genau zu kennen – verlässlich zu wissen, wann deine 'Tage' beginnen. Und ebenso sicher, wann sie wieder endet, deine Periode der Mordlust...?«
»Ja!«
»Und wie war es,
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