BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)
Bösen, niedere Kreaturen, die es nicht wert sind, dass wir ihnen Beachtung schenken«, sagte er. »Vielleicht hätte ich sie vor Urzeiten schon vom Antlitz dieser Welt tilgen sollen, aber selbst für solches Aufhebens schienen sie mir zu gering. – Trotzdem trafen wir mehr als einmal aufeinander; einmal sogar in jener Zeit, von der ich dir eben erzählte. Und von dieser einen Begegnung will ich dir berichten, denn sie kam später noch in Zusammenhang mit meinem Wirken an der Seite des Menschensohns...«
Vergangenheit
Nahe der Stadt Gerasa
Von Anbeginn war es die Natur der vampirischen Rasse, sich in Sippen zu organisieren. Unter der Führung eines Oberhauptes, das vom Hüter des Lilienkelchs erwählt und mit dessen eigenem Blut getauft wurde, lebten sie in Städten, die groß genug waren, um einerseits ihre Existenz geheim zu halten und andererseits genügend Nahrung zu liefern.
Doch es gab auch Einzelgänger unter den Vampiren. Die einen mochten mit ihrer Sippe in Zwist geraten sein und sich deshalb aus dem Bund gelöst haben, andere waren wohl schlicht aus der Art geraten und für ein Leben in der Gemeinschaft nicht geschaffen.
Gadar war von seiner Sippe verstoßen worden!
Einst hatte er in der ägyptischen Hafenstadt Alexandria die Kelchtaufe erfahren, und wohl an die hundert Jahre hatte er sich den Weisungen seines Oberhauptes gefügt. Dann aber begann er Kritik zu üben an seiner Führung, erst nur hinter seines Blutvaters Rücken, dann ganz offen, und schließlich hatte er seine vampirischen Brüder und Schwestern zur Rebellion aufgerufen.
Der Kelchhüter war hinzugekommen, und man saß über Gadar zu Gericht. Das Urteil lautete auf Verbannung; er musste Alexandria verlassen und durfte seinen Fuß nie mehr über die Grenzen seiner Heimatstadt setzen.
Die Kunde darüber verbreitete sich unter den Sippen in jenem Teil der Welt, und so fand Gadar auch nirgends sonst Aufnahme. Fortan zog er also umher, einem Geist gleich, den die Ruhelosigkeit umtrieb und zugleich verbat, irgendwo sesshaft zu werden.
Ein ebenso grausames wie unwürdiges Schicksal für einen Vampir. Wut wuchs und wucherte in Gadar, Zorn auf jene, die ihm das Joch solchen Daseins aufgezwungen hatten.
Und schließlich fraß der Hass so übermäßig in ihm, dass Gadar ihn nicht mehr allein auf die konzentrierte, die über ihn geurteilt hatte, sondern auf alle, die von ihrer Art waren – ein Vampir begann die Alte Rasse zu verabscheuen.
Und er sann auf Rache.
Allein, das wusste Gadar, würde er nicht die geringste Chance haben, einen wie auch immer gearteten Plan gegen das vampirische Volk auch nur im Ansatz umzusetzen.
Er brauchte einen Verbündeten. Jemanden, den die Alte Rasse aus gutem Grunde fürchtete.
Gadar brauchte –
–
MICH
.
Ich war zu jener Zeit dem Menschensohn auf der Spur, noch aber ohne ihn gefunden zu haben. Mein Weg führte mich in jeden Winkel Galiläas, und so kam ich eines Tages auch nach Gerasa am Ufer des Sees Genezareth.
Der Nazarener hatte die Stadt schon wieder verlassen, und seine Fährte verlor sich, als hätte der Wind sie verweht. Also blieb mir nichts anderes, als sie auf profanste Weise wiederzufinden: Ich musste herumfragen unter den Gerasenern.
In sonderlicher Eile war ich nicht. Zeit spielte nie eine große Rolle für mich. Zudem konnte ich meinen Aufenthalt in Gerasa auch nutzen, um meine Saat auszubringen. So schloss ich auch hier den einen oder anderen Pakt, verpflichtete mir eine Handvoll Menschen, indem ich ihnen einen Wunsch erfüllte, auf dass sie mir im Gegenzug einen Gefallen zu tun versprachen, wann immer ich es wollte. Dazu sei gesagt, dass ich durchaus nicht immer auf eine Tat als Gegenleistung bestand; mitunter genügte mir auch eines Menschen Seele als Preis in solchen Händeln.
Darüber vernachlässigte ich mein vordringlichstes Ziel freilich nicht, und das hieß in jener Zeit eben, den Menschensohn zu finden.
Gasthäuser waren zu jeder Zeit die ergiebigsten Informationsquellen, und nicht anders war es in Gerasa. Ich mischte mich also in einer Schankstube unters Volk, ließ mir Wein auftragen und verhielt mich unauffällig. Dass meinem Ohr kein Wort entging, das im Raum gesprochen wurde, merkte niemand.
Man redete über mancherlei. Die einen verrieten hinter vorgehaltener Hand und dem Siegel der Verschwiegenheit – aber doch laut genug, dass wenigstens drei, vier Leute es mithörten – , was sie über andere erfahren hatten; einige sprachen davon, dass das
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