BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)
Feinde.
Vampirblut!
Heaven blinzelte in die Helligkeit des noch frühen Tages. Draußen war die Sonne bereits aufgegangen. Ihre goldenen Strahlen trafen fast waagerecht auf die Jalousien der Fenster und malten dunkle Streifen an die gegenüberliegende Wand. Staub tanzte im zerteilten Licht.
Heaven reckte sich, gähnte und schluckte mehrmals, um den Geschmack nach altem Leder loszuwerden, der in ihrem Mund war. Nicht, dass es etwas genutzt hätte...
Ihre Glieder waren so schwer und träge wie ihre Gedanken. Sie trat an das kleine Waschbecken des Motelzimmers und schaufelte sich kühles Nass ins Gesicht. Aber auch das half nicht, den letzten, hartnäckigen Rest von Müdigkeit loszuwerden.
Vielleicht würde etwas frische Luft helfen...
Heaven wandte sich zur Tür und gab dem Symbionten, der sich als breiter Gürtel um ihre Taille gelegt hatte, sie in eine Jeans und einen Rollkragenpullover zu kleiden.
Er reagierte nicht.
Verblüfft blieb Heaven stehen und wiederholte den Befehl.
Nichts. Keine Reaktion der nachtschwarzen, gestaltwandlerischen Masse, die ihr als Kleidung und Schutz diente. Er behielt die Form des Gürtels bei.
Irgendetwas stimmte hier nicht!
Der Gedanke brannte sich wie mit Feuer in Heavens Hirn.
Erst dieser Traum. Dann das nicht weichen wollende Gefühl der Schläfrigkeit. Und nun das Versagen des Symbionten – oder zumindest ihrer geistigen Verbindung zu ihm.
Was war hier los?
Nur mit dem Gürtel bekleidet trat sie zur Tür, öffnete sie mit einem Ruck.
Und erstarrte.
Die Welt dort draußen hatte sich dramatisch verändert.
Der Highway war verschwunden; ebenso die Motelgebäude und die kleine Tankstation. Das Land war nicht länger eine von sanften Hügeln unterbrochene Ebene, sondern zeigte herbstlich bunte Wälder und in der Ferne hochaufragende, schneebedeckte Berge – ohne ein einziges Zeichen von Zivilisation.
Das Gebäude, in dem Heaven übernachtet hatte, stand nur wenige Schritte vom Rand einer Schlucht entfernt, an deren Grund das silberne Band eines gewundenen Flusses das Sonnenlicht reflektierte.
Fassungslos, aber auf seltsam
unechte
Weise nicht wirklich erschrocken trat Heaven ins Freie.
Obwohl das verdorrte Laub auf dem Boden die frühwinterliche Jahreszeit wies, verspürte sie keinerlei Kälte. Dabei war der Wind, der über ihren nackten Körper strich, fühlbar kühl. Doch es war, als würde die Empfindung die Nerven unter ihrer Haut nicht erreichen.
Heaven sah sich um – und erschrak nun doch. Aber nur, weil der Anblick so unerwartet kam und noch bizarrer war als alles bisher.
Das Haus hinter ihr war verschwunden! An seiner Stelle erhob sich eine schroffe Felswand.
Heaven trat an sie heran und strich mit den Händen über den Stein. Er war fest und real, kein Trugbild.
Was zum Teufel ging hier vor?
Die Frage blieb unbeantwortet. Es gab absolut keinen Hinweis, kein greifbares Objekt und keine Person, die Heaven hätten helfen können, dieses Rätsel zu ergründen.
Ihr blieb also nichts übrig, als die Stelle zu verlassen, an der sie in diese andere Welt
(oder Wirklichkeit?)
getreten war, und anderenorts nach einer Lösung zu suchen.
Noch einmal versuchte sie, das Mimikrykleid nach ihrem Willen umzuformen. Abermals reagiert es nicht.
Die Felsgalerie, auf der sie sich befand, verlief gute fünfzehn Schritt breit in sanfter Biegung um den Berg herum. Heaven folgte ihr in östlicher Richtung, wo die Sonne langsam höher stieg und das Land in all seiner wilden, ursprünglichen Schönheit mit Leben erfüllte.
Das einzige Leben, dem Heaven begegnete, waren ein paar Mäuse, die in den Büschen dicht an der Felswand raschelten und Reißaus nahmen, als sie sich ihnen näherte, und einige Vögel am Himmel.
Sie kletterte über einen umgestürzten Baumstamm, dessen Wurzeln in der dünnen Erdschicht am Berg nicht genügend Halt gefunden hatten, überwand einen Felsbruch, der sie gefährlich nahe an den Abgrund brachte, und gelangte endlich auf sicheres Terrain.
Vor ihr lag nun eine kleine Hochebene, nur etwa eine Meile breit, eine halbe tief und an drei Seiten von steil aufragendem Fels umgeben.
Heaven blieb wie angewurzelt stehen, als sie die erste Spur von Zivilisation erblickte: Noch in den Schatten der mächtigen Steilwände gelegen, duckte sich eine einfache Holzhütte unter verkrüppelten Tannen. Aus ihrem gemauerten Kamin stieg eine dünne Rauchfahne fast lotrecht in die würzige Morgenluft.
Heaven atmete unwillkürlich auf. Noch wusste sie nicht, wer diese
Weitere Kostenlose Bücher