BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)
Kriegspfad...
Joseph 'Dark Cloud' Renos Morgen begann üblicherweise mit ein paar tiefen Zügen aus der Gebetspfeife, die seit Generationen in seiner Familie weitergereicht wurde. Als dem gegenwärtig letzten männlichen Spross gebührte Joseph das alleinige Recht, die Mischung aus Tabak und aromatischen Kräutern zu entzünden und die darin wohnenden Kobolde freizusetzen.
Einen gesegneteren Auftakt für einen neuen Tag konnte er sich auch gar nicht vorstellen. Eine Leben ohne Rituale wäre kein Leben gewesen...
Die Hupe von Charlys Streifenwagen riss Reno an diesem Morgen jedoch vorzeitig und ziemlich brutal aus seinen träge dahin dümpelnden Gedankenflügen.
Daran,
dass
es sich um Charly handelte, gab es nicht den mindesten Zweifel. Diese Hupe, die sich anhörte wie eine in einer Stampede durchgehende Rinderherde, war unverwechselbar und einmalig im Ort.
Fluchend stellte Reno die kunstvoll bemalte Pfeife in den eigens dafür geschnitzten Ständer zurück, wuchtete seinen drei Zentner schweren, aus allen Uniformnähten platzenden Körper vom Boden hoch und lenkte ihn zur Tür.
Draußen kam ihm Charly bereits atemlos entgegen. Seine von Natur aus rötliche Haut schien in Flammen zu stehen und leuchtete wie der düster geschwollene Kamm eines Kampfhahns.
So außer sich hatte Reno seinen vergleichsweise dürren Deputy noch nie gesehen – erst recht nicht zu einer so frühen Stunde.
Charly Gomes keuchte: »Ich dachte, ich fahr' gleich bei Ihnen vorbei, Sheriff, statt anzurufen... Sind ja nur zwei Minuten vom Office bis hierher, und als der Anruf einging...«
»Worum geht es, Charly? Komm endlich zur Sache!«
»Eine Geiselnahme!«
Gomes gestikulierte fahrig, und Reno starrte ihn an, als könnte er auch ohne die Zuhilfenahme eines obligaten Röhrchens herausfinden, wie viel sein Deputy über den Durst getrunken hatte.
Wie sich herausstellte, keinen Tropfen.
Und wie sich bei Erreichen des Motels weiter herausstellte, handelte es sich um weit Schlimmeres als eine Geiselnahme.
Schon in der Eingangstür des schmucklosen Zweckbaus erwartete sie eine blutüberströmte Frau, die befremdlich unaufgeregt sagte: »Ich habe schon auf Sie gewartet.«
»Was ist passiert? Haben
Sie
angerufen?«, In Renos riesiger Faust wirkte die Dienstwaffe wie ein peinliches Spielzeug.
»Ja«, sagte die Frau und hielt Gomes, der – ebenfalls bewaffnet – an ihr vorbei ins Gebäude rennen wollte, am Arm zurück.
»Sie brauchen sich nicht zu beeilen. Es läuft Ihnen niemand weg.«
»Was soll das heißen?«, Der Deputy blinzelte irritiert. »Weitere Hilfspolizisten sind bereits –«
»Es besteht keine Gefahr mehr – jedenfalls kann ich Ihnen das für den Moment versprechen. Kommen Sie...«
Reno und Gomes folgten der Fremden, die eine Ruhe ausstrahlte, zu der nur sehr, sehr alte – oder von bestimmten Formen der Paranoia befallene Menschen fähig waren.
Letzteres musste hier der Fall sein.
Schon im Vorraum des Motels stießen sie auf drei entkleidete und abartig zugerichtete Tote, die mit den Gesichtern nach unten auf dem zerschlissenen Bodenbelag angeordnet waren.
Zwei Männer und eine Frau, die Frau in der Mitte.
Aber eine Rolle schien das Geschlecht der Toten nicht zu spielen. Im Grunde dienten sie der bloßen Niederschrift einer Botschaft, die im Näherkommen unmittelbar lesbar wurde.
Mit einem Messer oder einem anderen scharfen Gegenstand waren Linien in ihr Fleisch geschnitten worden. Zeichen, die Joseph Reno – selbst ein leidenschaftlicher Verfechter von Ritualen – regelrecht elektrisierten.
Und als er das nächstemal in die Augen der Mörderin blickte, erschien sie ihm nicht einmal mehr halb so wahnsinnig wie noch Sekunden zuvor.
Die Botschaft der Toten war ein aus elf Buchstaben zusammengesetztes, über drei Leichenrücken verteiltes Wort von verstörender, tiefwurzelnder Kraft:
MAKO-OTE-MANE.
Und dieses Wort, dieser dreihundert Jahre alte Name zwang den Sheriff von New Jericho zu sofortigem Handeln.
VERGANGENHEIT
»Es ist ein gemeiner Trickster... Trickster... Trickster...«
Die Worte des Ältesten, bevor der Dämon in Makootemanes Gestalt auch ihn vernichtet hatte, wollten Wyando nicht mehr aus dem Kopf gehen.
Ein Trickster war ein verdorbener, listenreicher Beherrscher der Materie. Der Legende nach mischte er sich bevorzugt in Tiergestalt unter die Menschen, um dort Zwietracht und Gewalt zu säen.
In einigen Mythen galten Trickster gar als Schöpfer dieser Welt. Daran glaubten die
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