BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)
erwidern, und so verfiel auch Parks wieder in Schweigen.
Das Licht des neuen Tages begann nun allmählich auch hier unten an Kraft zu gewinnen. Der sichtbare Ausschnitt der Welt wuchs für Heaven über die Ränder des Scheinwerferlichtes hinaus. Die mächtigen Baumriesen standen jetzt weniger dicht gedrängt, und das musste wohl ein Zeichen dafür sein, dass sie sich dem Rand des Waldes näherten.
So war es in der Tat. Parks stoppte das Snowmobil und wies durch die Windschutzscheibe.
»Nuiqtak.«
Heaven nickte nur, als sie die Ansammlung von Häusern in der Senke sah, die sich vor ihnen erstreckte. Vereinzelt waren die Lichter von Fahrzeugen auszumachen, die zu dieser frühen Stunde unterwegs waren, und dazwischen bewegten sich ein paar einsame Fußgänger.
Wie auch jener, der nicht weit entfernt den Hang überquerte. Mit einer seltsamen Last auf der Schulter...
Heavens Blick war von der Schärfe eines Raubtiers. Scharf sog sie den Atem ein.
Parks sah erschrocken zu ihr herüber. »Was...?«
Heaven schüttelte hastig den Kopf. »Nichts. Ich danke dir.« Sie hauchte ihm einen Kuss auf die bärtige Wange. »Und nun verschwinde.«
Sie sprang aus dem Snowmobil und eilte dem Mann hinterher.
Dem Mann, über dessen Schulter Sardon hing.
Wie tot.
»He! Halt!«
Der Mann, gewandet in der Art der Eingeborenen, blieb tatsächlich stehen. Er drehte sich um, und erst jetzt konnte Heaven sehen, dass er alt war.
Sehr
alt.
Viel
zu
alt in jedem Fall, um jemanden von Sardons Gewicht mühelos tragen zu können. Und doch tat der Inuit es, ohne auch nur das geringste Anzeichen von Anstrengung oder gar Erschöpfung zu zeigen. Nicht das kleinste Schweißtröpfchen glänzte auf seiner runzligen Stirn.
Doch Heaven war zu aufgeregt, um den Gedanken weiter zu verfolgen.
Der Alte sah ihr entgegen, fragend und abweisend.
»Was ist mit ihm?«, wollte Heaven wissen und deutete auf Sardon. Sein Gesicht war überzogen von einem schwarzen Muster getrockneten Blutes. Sie spürte, wie der Durst in ihr erwachte... Unwillkürlich wischte ein knappes Lächeln über ihr Gesicht.
Wie mochte Sardons Blut wohl schmecken? Anders als das anderer Vampire? War es kräftigender? Oder schmeckte es einfach nur – edler, so wie die Menschen fanden, dass alte, lange gereifte Weinbrände besser mundeten?
»Er muss bestraft werden«, erwiderte der Inuit.
»Ist er tot?«
»Noch nicht«, sagte der Alte.
»Was hast du mit ihm vor?«, fragte die Halbvampirin.
»Ich bringe ihn zu Tattu. Er mag über seine Strafe entscheiden.«
»Tattu?«
»Der Weltenschöpfer.«
»Ich begleite dich«, sagte Heaven bestimmt.
»Nein!«, Der Alte ließ seine Last fahren. Sardon fiel schwer in den Schnee.
Und ehe Heaven es sich versah, ging der Inuit sie an! »Niemand wird Tattus Vorhaben stören!«, keifte er.
Im Sprung verschob sich die Kleidung des Alten, so dass Heaven seinen Hals sehen konnte.
Und die beiden punktförmigen Male darauf.
Den Biss eines Vampirs.
Nun wusste sie, weshalb er die Kraft besaß, Sardon mit solcher Leichtigkeit zu tragen. Und sie spürte sie selbst, als die mageren Fäuste des Alten ihr Gesicht trafen.
Heaven taumelte zurück, versuchte einem weiteren Hieb auszuweichen, der aber trotzdem noch ihre Schläfe streifte. Schmerz durchglühte die Gesichtshälfte. Wattige Schwärze umflorte ihr Bewusstsein. Und als sie wieder einen halbwegs klaren Gedanken fassen konnte, fand Heaven sich im Schnee liegend wieder.
Der alte Inuit kauerte über ihr. Seine Hände lagen um ihren Hals und drückten mit einer Kraft zu, die ihr die Kehle regelrecht zu zerquetschen drohte.
Gleich musste es soweit sein, schneller, als sie irgendetwas dagegen unternehmen konnte!
Die Luft wurde ihr nicht einfach knapp, sie wurde ihr abgedrückt, als wären ihre Atemwege plötzlich verplombt. Schlieren aus Rot und Schwarz stiegen vor ihrem Blick auf.
Doch dann ließ der mörderische Druck um ihren Hals nach. Von einem Moment zum anderen.
Heavens Blick klärte sich rasch.
Sie sah auf den Hinterkopf des Inuit, der wie in Zeitlupe zur Seite sank. Doch als er aus ihrem Blickfeld verschwand, sah Heaven nicht etwa in den grauen Himmel hinauf.
Sie sah – Sardon.
Turmhoch schien er sie zu überragen. In seinem Blick lag ein Hass von solcher Stärke, dass Heaven sich davon förmlich niedergepresst fühlte.
Und er wusste nicht, welche Ironie in seinen Worten lag, als er fragte, was Heaven sich selbst in ähnlicher Weise vor kaum einer Minute gefragt
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