BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)
liegen«, sagte Wyando, »wurden ausgesaugt. Ihnen wurde das Blut gestohlen, das hast auch du gesehen!«
»Alle haben es gesehen – und
gefühlt
«, erwiderte Makootemane.
»Die Verletzungen stammen von Zähnen, wie sie nur...«
»... Geschöpfe
unserer
Art besitzen«, bestätigte Makootemane. Der Ur-Adler im Hintergrund des Zeltes schlug ein paarmal kräftig mit den Flügeln. Federn stoben durch die Luft.
»Wem waren die Vögel zugeordnet?«, fragte Wyando nach einer Weile.
Jeder Arapaho-Vampir – auch er – pflegte eine enge, monogame Nähe zu jeweils einem bestimmten Artgenossen des Ur-Adlers. Diese Vögel begleiteten die Arapaho durch die Zeiten, aber immer nur kurze Etappen, denn sie waren sterblich. Wenn ein Adler starb, wählte sich der Vampir einen neuen Gefährten, den er mit seinen magischen Kräften an sich band. Was er im Gegenzug von ihm erhielt, darüber redete kein Arapaho.
Es war ein Austausch auf einer Ebene, die man mit Worten nicht erklären konnte. Die reinen Seelen der Adler nahmen das Böse, das den Herzen der Arapaho seit der Kelchtaufe innewohnte, auf und läuterten es wie eine Art spiritueller Filter, bevor es in die Indianer zurückfloss.
Denn darüber waren sich die Arapaho im klaren: Der Vampirkeim in ihnen ließ sich nicht tilgen, nur unterdrücken. Ohne die Adler würde er auf Dauer an Stärke gewinnen und wieder die Kontrolle über ihr Tun erlangen.
Dabei war es aber nicht notwendig, ständig mit den Tieren zusammen zu sein. Die Adler lebten in Freiheit, und wenn sich die meisten auch in der Nähe des Dorfes aufhielten, so waren andere weit entfernt unterwegs – so wie zur Zeit Wyandos gefiederter »Bruder«.
Makootemane antwortete auf die ihm gestellte Frage und nannte die Namen jener drei Stammesmitglieder, deren Wegbegleiter dem Anschlag zum Opfer gefallen waren.
»Wer oder was sich auch immer an den heiligen Vögeln vergangen hat«, schloss der vergreiste Vater des Stammes, »wir müssen ausschließen, dass mögliches Unheil von ihnen auf andere überspringt – dass die Saat böser Geister auch noch in anderen aufgeht...«
»Hast du deshalb befohlen, sie zu verbrennen?«, fragte Wyando. »Befürchtest du, sie könnten den Keim dessen tragen, der sie getötet hat?«
»Getötet und ausgesaugt.« Makootemane nickte. »Komm«, sagte er dann, »wohnen wir dem Akt bei. Ehe...«
»Ehe?«
Makootemanes tiefliegende Augen glommen unheimlich aus den Höhlen heraus. »Ehe sie sich vielleicht wieder erheben.«
Metseeh lag unter Büffelfellen und schlotterte vor Kälte.
Zumindest
wünschte
sie sich, Kälte wäre die Ursache ihres Befindens.
Aber sie wusste, dass sie sich selbst belog.
Das Gewölbe des Zeltes verjüngte sich nach oben hin wie ein Kegel, und Metseehs Blicke endeten an der engsten Stelle, wo der Rauchabzug lag, durch den sie den Himmel als hellen Fleck erkennen konnte.
Den Himmel...
Sie war ihm nie so fern gewesen wie heute.
Augenblicklich erschien es ihr unvorstellbar, dass sie sich überhaupt jemals wieder auf Adlerschwingen in die Freiheit der Lüfte erheben könnte.
Augenblicklich tobte der Verlust wie die Myriaden Hagelkörner eines Blizzards in ihr...
Was war geschehen? Wer hatte ihr das
angetan?
Zur Mittagszeit hatte es begonnen. Mitten im Schlaf waren Metseehs Traumbilder von Raureif umkrustet worden und abgestürzt!
Wie ihr persönliches Totem.
Aber das hatte sie erst später von Makootemane erfahren, der sie in ihrem Zelt besucht hatte, um ihr die Nachricht von der Ermordung ihres Adlers zu überbringen...
Metseeh hatte es nicht glauben wollen. Und auch jetzt versperrte sich ihr Bewusstsein der Wahrheit.
Ich träume auch dies
, dachte sie.
Gleich werde ich erwachen und –
Die Zelthaut raschelte. Geschmeidig trat eine Gestalt ein, kam ganz nah und legte ihre Hand auf Metseehs heißkalte Stirn.
»Ich wollte sehen, wie es dir geht... Du musst völlig am Ende sein...«
Ende
, echote es in Metseeh. Sie war unfähig, auch nur ein einziges Wort zu sagen. Und sie leistete auch keinen Widerstand, als die Felldecke angehoben wurde und der andere Körper zu ihr schlüpfte.
Haut an Haut.
Lahm kam lediglich der Wunsch über ihre Lippen: »Ich möchte allein sein.
Bitte
...«
»Du wirst nie mehr allein sein. Ich habe dir etwas mitgebracht. Hier, nimm... und entspann dich.«
Metseeh spürte einen jähen, nicht sehr heftigen und kaum einen Lidschlag lang anhaltenden Schmerz in ihrem Nacken, wohin die Hand ihrer Schwester geglitten war. Der
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