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BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)

BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)

Titel: BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Weinland / Timothy Stahl / Adrian Doyle
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brüllten und seinen Verstand auf eine imaginäre Grenze zu hetzten, über die er nie mehr zurückkommen würde, wenn er sie einmal überschritten hatte...
    »Wahnsinn...«, wehte es von den bebenden Lippen seines lederhäutigen Gesichts. Die Furchen darin, die ihn in den Augen anderer selbst wie aus Holz geschnitzt aussehen ließen, bewegten sich wie von eigenständigem Leben beseelt.
    Im Gegenlicht der aufgehenden Sonne von einer glühenden Aureole umgeben stand der »Tote« da, und durch die tiefsten Brustwunden, die sich noch nicht geschlossen hatten, bohrten sich blutfarbene Lichtlanzen, auf denen er sich vor Schmerz zu winden schien. Dann wucherte die Schwärze auch in diesen Löchern und verschloss sie.
    Einer körperlosen Leibgarde gleich flankierten die Schatten der Totempfähle den Auferstandenen –
    – der selbst keinen Schatten warf!
    Nathan Tulliver wunderte sich, dass er in dem Chaos, das in ihm tobte, überhaupt Muße und Gelegenheit für diese merkwürdige Beobachtung fand.
    Doch schon im nächsten Augenblick wurde er abgelenkt.
    Als der unheilige Heilungsvorgang auf das Gesicht des anderen übergriff.
    Eben noch eine formlose Fratze aus Blut und zerfetztem Fleisch, schienen sich mit einem mal unsichtbare Hände der amorphen Masse anzunehmen, um sie zu modellieren. Sie schufen einen noch lippenlosen Mund, der sich öffnete und all den Schmerz, der sich in dem Wiederbelebten aufgestaut hatte, in einem einzigen Schrei entließ.
    Tulliver erzitterte unter der Gewalt des Brüllens und wandte den Blick ab. Als er wieder hinsah – nach drei, allerhöchstens vier Sekunden – , hatten die Unsichtbaren ihr Werk vollendet.
    Der Inuit sah in ein wiederhergestelltes Männergesicht – doch auf eine Weise, die er selbst nicht in Worte fassen konnte, schien es ihm beinahe schlimmer als im zerstörten Zustand. Die Augen lagen im Schatten buschiger Brauen und tief in ihren Höhlen, doch ihre dunkle Färbung rührte nicht daher. Sie waren vielmehr von der Farbe eines sternenlosen Nachthimmels, und sie strahlten ebensolche Kälte aus, wie sie in den unbegreiflichen Weiten der Unendlichkeit herrschen mochte.
    Ein harter Zug lag um die Lippen des anderen, und doch verriet dieser Zug mehr als nur Härte oder auch Ingrimm. Er zeugte von unvorstellbarer Grausamkeit, von gnadenloser Brutalität, von abgrundtiefem Hass – und von vielen Dingen mehr, die zu benennen Nathan Tulliver nicht mehr die Zeit hatte.
    Denn der andere kam näher.
    Vielleicht war es die Kälte, die ihn immer noch in ihrem eisigen Griff hielt, vielleicht auch der Blick aus diesen glanzlosen Augen, die den Inuit lähmte und bannte und ihm die Krummaxt aus den Fingern fallen ließ.
    Als der andere ihm so nahe gekommen war, dass er den Geruch des Todes, der ihm immer noch anhing, wahrnehmen konnte, registrierte Nathan Tulliver noch zwei Auffälligkeiten:
    Eine kreuzförmige Narbe, die auf der Wange seines Gegenübers prangte und wie in
schwarzer
Glut zu leuchten schien.
    Und zwei elfenbeinfarbene Spitzen, die sich unter seiner Oberlippe hervorschoben.
    Im nächsten Moment nahm der alte Holzschnitzer nur noch eines wahr.
    Schmerz.
    Doch auch der ließ nach, pulsierte im Takt seines immer müder schlagenden Herzens aus ihm heraus.
    Und er verebbte vollends, als Sardon den letzten Tropfen Blut aus seinen Adern gesogen hatte.
     
     
    Auch anderenorts, auf der jenseitigen Hälfte des Erdballs in Indien, wurde der Tod betrogen.
    Seit vielen Nächten schon.
    Augen, die Jahrhunderte geschaut hatten, öffneten sich in einem finsteren Gewölbe. Ein Stöhnen wehte durch die Dunkelheit, doch es war nicht von jener Art, mit dem letzte Müdigkeit nach langem Schlaf wich. Vielmehr kündete es von Enttäuschung, und Schmerz schwang darin mit.
    Enttäuschung und Schmerz – weil sich der Tod einmal mehr nicht als endgültig erwiesen hatte.
    Der Vampir versuchte sich aufzurichten. Aber es dauerte lange, bis sein verwüsteter Leib den gedanklichen Befehlen gehorchte, und selbst dann wollte sich ihnen noch jedes einzelne Glied widersetzen. Weil selbst die geringste Bewegung Qualen bedeutete, die an dem bisschen Kraft, das noch in dem geschundenen Körper steckte, zehrte, ohne es indes zur Gänze zu verschlingen.
    Etwas
ließ nicht zu, dass jene allerletzte Neige von Energie aufgebraucht wurde.
Jemand
, der an diesem Rest von Leben hing, obwohl es nicht das seine war – und obwohl er dem Tode stets mehr zugetan gewesen war als dem

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