BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)
Mariahs entflohen war. Unmittelbar danach hatten ihn Energien genährt, die mit nichts anderem vergleichbar waren. Solcher Art mussten die Kräfte sein, die ihn nährten. Sie würden ihn reifen lassen in dem Maße, wie es sein musste.
Vampirische Kraft, vom dunklen Keim durchdrungen, brauchte er,
wollte
er! Er musste ihre Quellen nur finden und sie ausschöpfen.
Gabriel legte sich zurück, und diesmal schloss er die Augen.
Er träumte, ohne indes zu schlafen. Im Traum sandte er den Widderköpfigen aus, auf dass er fand, wonach ihn gelüstete.
Und die Trauminkarnation wurde fündig. In einer Stadt, die man Rom hieß. Nicht weit entfernt.
Gabriel erhob sich, schlich ohne besondere Vorsicht aus dem Haus und über den Hof.
Am Tor angelangt, blieb er noch einmal stehen, wandte sich um.
Ein Schrei schnitt durch die Nacht, schwer von Schmerz und Trauer.
Giuseppe Mazzano weinte um seine Frau, die just an völliger Entkräftung gestorben war.
Gabriel fuhr mit den Fingern über sein Gesicht. Es war das eines acht- oder neunjährigen Kindes. Und sein Denken hatte sich verändert, ein klein wenig. Wissen erschloss sich ihm.
Er hob den Blick, sah hinauf zum Kloster.
»Ich komme wieder«, flüsterte er in die Dunkelheit hinein. »Denn du bist mein Ziel...«
Das zumindest wusste er. Was er an jenem Ziel zu tun hatte, wusste er nicht.
Noch nicht...
Vielleicht würde er es wissen, wenn er aus Rom zurückkehrte.
Gabriel verschwand in der Nacht. Die Stadt am Tiber war nur einen Traum entfernt.
Indien
Sahya Patnaik trieb Timots Leib unbarmherzig voran. Es kümmerte ihn nicht, dass die Menschen ihm schreiend Platz machten auf dem Weg zur Grand Trunk Road. Nur der Kelch war ihm wichtig.
Der Kelch – und das, was er darin erspürt und berührt hatte. Ganz flüchtig nur. Weder die Moschee der Vampire noch die Straße waren der rechte Ort, es weiter zu erforschen. Und erforschen wollte er es – o ja, nichts wollte er lieber! Selbst seinen eigenen Leib hätte er verschmäht, hätte man ihn vor die entsprechende Wahl gestellt. Denn Timots Körper taugte für das, was er zu tun hatte, ebenso gut. Es kam letztlich doch nur auf den Geist an, der darin wohnte und die Herrschaft führte.
Und Timot schwieg.
Weil die Kraft des »Erweckers« schier explodiert war und alles andere neben sich niedergekämpft hatte, als er das Fremde im Kelch ertastete – die Ahnung eines Geheimnisses, das größer war als alles, was er bislang erkundet hatte.
Im Gral der Alten Rasse wartete eine Aufgabe auf ihn, die eines Magiers seiner Größe wahrlich würdig war.
Und wenn es das Letzte war, das er je tat – diese Sache, diese Erkenntnis würde jedes Opfer wert sein...
Patnaik ließ den fauligen Leib des Vampirs in das Haus an der Grand Trunk Road stürmen. Achtlos stieß er jene beiseite, die er sich zur Gesellschaft erschaffen hatte, und stieg die Treppe in die finsteren Kellergewölbe des Hauses hinab, wo er jenen Raum aufsuchte, in dem er seit jeher mit Vorliebe zu »operieren« pflegte.
Das Gewölbe quoll über vor Gerätschaften und Instrumenten, deren bloßer Anblick einen normalen Menschen zumindest hätte frösteln lassen. Die steinernen Wände verschwanden hinter Regalen, die vollgestopft waren mit Tiegeln und Töpfen, in denen wiederum absonderlichste Mixturen vor sich hin stanken. Doch dieser Gestank war nichts im Vergleich zu dem, den die eingetrockneten Flüssigkeitsreste, die überall auf dem Boden und den Tischen klebten, absonderten. Die Treibhauswärme, die hier unten herrschte, trug ein Übriges dazu bei.
»Perfekt«, murmelte Patnaiks Stimme aus fremdem Mund.
Mit den Füßen schuf er in dem Durcheinander, das den Boden übersäte, eine freie Fläche, die groß genug war, dass er sich darin mit überkreuzten Beinen niederlassen konnte. Dass die welke Haut und das faulende Fleisch an Timots Beinen dabei rissen, störte ihn nicht. Und den damit einhergehenden Schmerz überließ er dem Vampir allein.
Alles Streben galt allein dem Kelch.
Dass Sahya Patnaik wie unter fremdem,
allmächtigem
Willen handelte, drang ihm nicht zu Bewusstsein...
Er stellte den Gral vor sich auf den Boden, genoss den Anblick im Licht blakender Kerzen und Fackeln sekundenlang.
Dann reckte er den Kopf etwas vor, damit er in den Kelch hineinsehen konnte. Tief tauchte sein Blick in die Schwärze jenseits der Öffnung ein. Seine Fingerspitzen berührten das raue Material der Außenwand.
Energie begann zu fließen; sichtbar flirrte sie wie
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