BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)
Unsichtbare.
Nein, er ist nicht unsichtbar
, berichtigte sich Hidden Moon.
Ich kann ihn spüren, er ist da... mehr als nur da. Er ist – überall!
»Gestatte mir zunächst die Frage nach deiner Person«, fuhr der andere fort. »Wer bist du, und was führt dich in mein kleines Reich?«
»Mein Name ist Wyando. Und wer ich bin, dürfte dir nicht verborgen geblieben sein...« Der Arapaho zögerte erneut. Die Beweggründe, derentwegen er hierhergekommen war, erschienen ihm mit einem Mal –
falsch
...
Er hatte Heaven in diese Stadt geführt, damit sie endlich ihren Durst löschen konnte.
Das hätte er nicht tun dürfen! Er hätte sie längst töten müssen, sich an ihrem Blut laben sollen – zum Wohle all derer, die von der Alten Rasse noch übrig waren!
»Du bist von meiner Art«, sagte der andere, »aber du bist nicht
wie
ich.«
»Doch«, flüsterte Hidden Moon, »ich bin es. Ich werde es. Ich muss, ich will...«
Seine Stimme klang heiser, rau vor Durst. Nicht allein seine Kehle schien ausgedörrt; sein Innerstes drohte zu vertrocknen, wenn er nicht endlich trinken konnte.
»Du scheinst mir verwirrt, mein Freund.«
Hidden Moon starrte flammenden Blickes in die Dunkelheit.
»Zeige dich mir endlich«, knurrte er.
»Nun, wenn dir so viel daran liegt...«
Das Licht der Kerzen gewann von einem Moment zum nächsten an Kraft, wogte hinaus über die Grenzen des Bereichs, den es bisher erfüllt hatte, und ließ endlich den sichtbar werden, der sich in Schatten gehüllt hatte. Wie von flüssigem Gold umflossen erschien dem Arapaho die Gestalt.
Bleich und nackt war der andere, von fast kalkiger Farbe seine Haut. Sein haarloser Schädel schien ihm wie aus Gips gefertigt; scheinbar augenlose Höhlen klafften in seinem hageren Gesicht. Nur tief in diesen Löchern glomm ein düsterer Funke und vermittelte den Eindruck von Leben. Lippen und Mund des anderen waren so welk, dass er ihn kaum mehr richtig zu schließen vermochte. Weit ragten die gewaltigen Eckzähne aus seinen Kiefern...
»Verzeih, kein schöner Anblick«, sagte er in tatsächlich entschuldigendem Tonfall. Eine Schattenwelle floss über seine Gestalt –
– die zu einer anderen geworden war, in dem Moment, da die Bewegung aus Dunkelheit verebbte.
Einzig die Färbung seiner Haut war gleich geblieben. Ansonsten jedoch erweckte er den Anschein eines Mannes im besten Alter, stattlich und von kräftiger Statur, mit dunklem, vollen Haar und in kostbarste Gewänder gekleidet.
Der Arapaho sah stumm und starr zu ihm hin, erschauernd unter der Macht, deren Hauch ihn eben gestreift hatte – und zugleich tiefer in ihn gedrungen war. Um aufzurütteln, was längst zu erwachen begonnen hatte...
»Komm zu mir«, bat der andere mit einladender Geste.
Hidden Moon erhob sich von dem Bett und ging zwischen den Kerzen hindurch zu der Gestalt hin.
»Folge mir«, sagte der Vampir und ging voran.
Der Arapaho tat, wie ihm geheißen, folgte dem anderen durch Korridore und Säle, deren Glanz und Prunk den des Raumes, in dem er erwacht war, noch übertraf. In einem Saal von fast domähnlichen Ausmaßen blieben sie schließlich stehen. Der andere bedeutete Hidden Moon, Platz zu nehmen. Er selbst setzte sich ihm in der Diwan-Landschaft gegenüber.
»Nun«, sagte der Herr des Hauses, »erzähle mir, wer du bist.«
Hidden Moon tat es. Er erzählte die Geschichte seines Stammes, ihres Lebens und wie sie ihr Wesen geändert hatten in der Zeit nach der Kelchtaufe. Doch in seinen Worten schwang kein Stolz mit über ihre Besonderheit mit, darüber, dass sie dem dunklen Keim in sich widerstanden und ihn bezwungen hatten. Er hatte nur noch Verachtung übrig für sich und seinesgleichen. Und als er schließlich auf jene zu sprechen kam, die sich Heaven nannte, war nur noch Hass in seiner Stimme.
»So seid ihr also gekommen, mich zu töten?«, fragte der Vampir belustigt.
»Ja«, antwortete der Arapaho, »aber dieses Ansinnen liegt mir inzwischen unendlich fern.« Er knirschte vernehmlich mit den Zähnen. Seine Hände ballten sich zu Fäusten, so fest, dass schwarzes Blut zwischen seinen Fingern hervor sickerte. »Ich habe jetzt nur eines im Sinn«, erklärte er weiter.
»Und das wäre?«
»Ich will Heaven töten, sie bestrafen für all das, was sie unserer Rasse angetan hat.«
Der andere klatschte lahm in die Hände.
»Köstlich, köstlich«, kicherte er. »Ich denke, deinem Wunsch kann entsprochen werden.«
»Ich bin bereit, alles dafür zu tun«, sagte Hidden Moon
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