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Bad Hair Days - das Leben ist keine Dauerwelle

Bad Hair Days - das Leben ist keine Dauerwelle

Titel: Bad Hair Days - das Leben ist keine Dauerwelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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hatte, wer dahintersteckte. Nein, ich würde ihr nur sagen, dass ich den Mann suchen wollte, dem ich die Hälfte meines Erbguts verdankte.
    Ich weiß nicht, warum, aber irgendwie war es mir unangenehm, das Wort »Dad« in Mums Gegenwart in den Mund zu nehmen. Ich war ja nicht auf der Suche nach einer Vaterfigur, weil ich die nämlich direkt vor der Nase hatte, in Gestalt von Onkel Zé, der mich praktisch mit aufgezogen hatte. Ganz abgesehen von Tante Lilah, die für mindestens zehn Väter zählte. Mehr Verwandtschaft konnte ich beim besten Willen nicht verkraften.
    Als ich die Haustür aufmachte, hörte ich Mum im Wohnzimmer telefonieren.
    »Dann geben Sie mir bitte den Filialleiter«, sagte sie mit unverhohlener Gereiztheit in der Stimme, als hätte sie am liebsten losgeschrien: WAS IST DAS DENN FÜR EIN IDIOTENLADEN HIER ? Wenn Mum geladen ist, kann sie ganz schön aufdrehen. Der Typ am anderen Ende der Leitung tat mir direkt leid.
    Pause.
    »Was? Der Filialleiter ist nicht da?«
    Pause.
    »Gut, dann möchte ich bitte mit ihm sprechen.«
    Pause.
    »Warum muss er mich zurückrufen, wenn er doch da ist?«
    Pause.
    »Wollen Sie mir erzählen, dass es keinen Vorgesetzten auf Ihrer …«
    Halbe Pause.
    »Bitte nicht in diesem Ton! Oder muss ich Sie daran erinnern, dass ich eine langjährige Kundin …«
    Pause.
    »Sie haben mein Konto ohne Vorwarnung gesperrt und ich möchte jetzt mit Ihrem … GEBEN SIE MIR JETZT BITTE SOFORT IHREN  …«
    Wieder folgte eine Pause und dann krachte es. Vermutlich hatte Mum das Telefon aus der Steckdose gerissen und durchs Wohnzimmer geschleudert, als Ersatz für den Kopf des Filialleiters, der leider nicht in Reichweite war. Ich spähte zur Tür hinein. Mums Augen waren ganz rot und die Haare an ihrer Stirn vorn aufgebauscht, weil sie wahrscheinlich mit den Fingern durchgefahren war. Das macht Mum immer, wenn sie mit der Bank telefoniert oder mit den Kreditkartentypen oder sonst irgendwelchen Bankfuzzis, die unser Konto sperren, wenn wir am wenigsten drauf gefasst sind.
    Mum macht die Buchhaltung für viele kleine Geschäfte in unserer Gegend und irgendwie bringt sie ihre Kunden immer dazu, alle anfallenden Rechnungen pünktlich zu bezahlen, außer ihre eigenen. Seit ich denken kann, schlittern wir von einer Finanzkrise in die andere. Das kann auf Dauer ziemlich stressig sein – und teuer, weil so viele Telefone dabei draufgehen. Meine Dadpläne waren fürs Erste gestorben. Ich konnte Mum jetzt unmöglich über den Mann ausfragen, der ihr vor sechzehn Jahren sein Sperma gespendet hatte. Oder doch? Ich musste es einfach wissen …
    »Mum?«, sagte ich.
    Mum kroch in der Ecke herum, sammelte die abgebrochenen Telefonteile auf und versuchte sie wieder zusammenzusetzen.
    »Oh«, sagte sie und schaute mich verlegen an. »Hab gerade das Telefon bisschen fallen lassen … oder vielmehr geschmissen, wenn ich ehrlich sein soll …«
    Mum hielt zwei herausgebrochene Zahlentasten hoch und versuchte sie in das Gerät zurückzurammen, was natürlich der totale Blödsinn war.
    »Mum, ich glaub, diesmal brauchen wir ein neues«, sagte ich vorsichtig. »Du kannst die Tasten nicht wieder reinkleben oder mit dem Absatz reinhämmern.«
    Mum starrte auf das Telefon, dann lächelte sie mich an. »Du hast ja so Recht«, sagte sie und ließ sich auf die Couch fallen, wo sie zwischen ihren Papierstapeln versank.
    Meine Mum könnte richtig hübsch aussehen, wenn sie wollte. Bisschen Make-up, gute Frisur, ein paar coole Klamotten, die zu ihrer zierlichen Figur passten, und schon würde sie wie eine smarte kleine Mini-Managerin aussehen. Aber leider trägt sie nur zwei verschiedene Frisuren – beide von 1987 und beide macht Tante Lilah (mich lässt sie ja nicht ran). Ihr Make-up ist meistens Eau naturale , also praktisch nicht vorhanden, und sie trägt Farben, die sie blass machen. Wenn ich sie manchmal anschaue, kann ich gar nicht glauben, dass wir miteinander verwandt sind. Vielleicht hat ja mein Dad einen guten Kleider- und Frisurengeschmack. Es gab nur einen Weg, das herauszufinden. Ich holte tief Luft.
    »Hast du was?«, sagte Mum, bevor ich auch nur den Mund aufmachen konnte. »Du siehst noch so käsig aus.«
    »Mir geht’s gut«, sagte ich.
    »Das kommt davon, dass du immer so lange aufbleibst«, beharrte Mum. »Du schläfst nicht genug und du isst auch nichts Anständiges zum Frühstück. Oh, mein Gott – ich hätte nie gedacht, dass ich mal so was sagen würde: Du schläfst nicht genug und

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