Bad Hair Days - das Leben ist keine Dauerwelle
sich einmischen würde. Sie würde darauf bestehen, mir bei der Suche zu helfen, und dann würden auch die anderen davon erfahren. Die Suche nach meinem Dad würde Thema Nr. 1 bei unseren wöchentlichen Familientreffs werden. So wie die Internetstory. Großtante Rita würde bei jeder Gelegenheit zu sticheln anfangen und Tante Lilah würde dieses winzige Puzzleteil, das nur mir allein gehörte, für irgendwelche dummen Sprüche missbrauchen.
Und deshalb wollte ich allein suchen.
Aber wie sollte ich das machen? Ich versuchte es mit einer Liste.
1. Name: unbekannt
2. Wohnort: unbekannt
3. Ausbildung, Beruf: keine Ahnung
Ich hatte schon alle Handtaschen von Mum durchwühlt (dreizehn im Ganzen), um zu checken, ob sie vielleicht etwas vor mir verheimlichte. Selbst ihre »Geheimschatulle«, in der sie meine Geburtsurkunde aufbewahrt, hatte ich mir vorgeknöpft. Und wenn wir einen Dachboden oder einen Treppenschrank gehabt hätten, hätte ich dort auch nachgesehen. Also was jetzt? Ich musste meinen Dad finden. Obwohl die Karte wahrscheinlich nicht von ihm stammte, konnte ich seit meinem Geburtstag an nichts anderes mehr denken. Ich fragte mich die ganze Zeit, was er von mir halten würde, wenn er mich jetzt sehen könnte. Wie früher als kleines Mädchen stellte ich mir vor, dass mein Dad mir über die Schulter blickte, während ich ihm erzählte, was ich gerade machte. »Hier, schau mal, das ist mein Zimmer. Die Tapete stammt noch aus meiner Barbiephase und ich weiß, das ist oberpeinlich, aber Mum sagt, wir können uns im Moment keine neue Tapete leisten.« Oder: »Das dort drüben ist meine exbeste Freundin Shonna. Ihre Haare sehen grässlich aus, oder?«
Aber es war hoffnungslos. Wie soll man seinen biologischen Vater finden, den Mann, der einem seine Gene vererbt hat, wenn man nicht mal seinen Namen kennt und schon alle dreizehn Handtaschen mütterlicherseits durchsucht hat, ohne auf den mindesten Hinweis zu stoßen?
Es wurde Zeit, dass ich mir Hilfe holte.
» DNA «, sagte Billy. »Wir haben seine DNA . Oder vielmehr du hast sie.«
Ich lag auf dem oberen Bett in Billys Zimmer, in dem Stockbett, um das ich ihn früher heiß beneidet habe. Und während ich dort oben fläzte, tastete ich wie üblich unter seiner Matratze herum, weil ich wissen wollte, ob Shonna in ihrem Dorothy-Kostüm noch da war. Billy hat sich das Stück damals gleich dreimal angeschaut. Ich werde es nie vergessen, weil Shonna mir sagte, dass Billy ihr »langsam unheimlich« wurde. Andere Mädchen wären ausgeflippt vor Freude, dass jemand wie mein Cousin Billy de Souza sich drei Abende hintereinander ein beschissenes Theaterstück anschaute, nur um sie darin zu bewundern. Aber Shonna natürlich nicht. »Ich will ja nichts gegen Billy sagen«, tönte sie stattdessen, »ich meine, er ist dein Cousin und alles, aber ehrlich gesagt, macht er mir Gänsehaut.« Wenn ich an solche gemeinen Sprüche denke, frage ich mich, was ich je an Shonna Matthews gefunden habe. Aber wenigstens lag sie jetzt nicht mehr unter Billys Matratze, wie ich mit Genugtuung feststellte.
»He, Sadie, da oben ist nichts – keine schmuddeligen Zeitschriften oder so«, sagte Billy plötzlich. »Brauchst gar nicht rumzutasten.«
»Tu ich ja gar nicht«, log ich und zog ein Heft namens Guitar Now hervor, auf dem eine Freddy-Zoom-Custom-Shop-Tribute-Silverjet-Gretsch-Gitarre abgebildet war. Also doch etwas.
»Ich seh, was du machst – hör sofort auf damit! Willst du, dass ich dir helfe, oder nicht?«
»Ja«, sagte ich, weil ich ohne Billys Faktenmensch-Superhirn eindeutig nicht weiterkam. Ich kann froh sein, dass ich ihn als Cousin habe – er ist der intelligenteste Mensch, den ich kenne. »Okay, Billy, ich brauch deine Hilfe. Ich weiß nicht mal, wo ich anfangen soll.«
»Also gut, ich hab ein bisschen recherchiert«, sagte Billy. »Auf den einschlägigen Websites«, und ich beugte mich über die Bettkante und starrte ihn kopfüber an.
»Websites?«, fragte ich. »Das kann man im Internet machen?«
»Es gibt Websites, da kannst du deine DNA hinschicken und prüfen lassen, ob jemand aus der Familie deines Vaters registriert ist.«
»Echt? Und das machen die Leute? Warum?«
Billy lehnte sich in sein Kissen zurück und seufzte durch die Nase. »Genealogie, wahrscheinlich.« Er zuckte die Schultern. »Leute, die Ahnenforschung betreiben – vielleicht denken sie, dass sie was erben können oder so.«
»Aber wie soll ich das machen? Wie soll ich meine DNA dorthin
Weitere Kostenlose Bücher