Bad Hair Days - das Leben ist keine Dauerwelle
schicken? Muss man sich dafür Blut abnehmen lassen? Iiih!«
»Die DNA zu beschaffen, ist das geringste Problem«, sagte Billy kühl – meine Venen interessierten ihn offenbar überhaupt nicht.
»Für dich vielleicht – ist ja nicht dein Blut.« Mir kamen langsam Zweifel, ob ich das durchstehen würde.
»Wangenabstrich. Du schabst was von deiner Mundschleimhaut ab und schickst es weg.«
»Abschaben?«
»Ja, mit einem Wattestäbchen. Die schicken dir ein DNA -Set, aber meistens nimmt man ein Wattestäbchen.«
Oh, ich liebe Billy. Er ist so clever.
Wir fuhren also Billys Laptop hoch und klickten uns in die größte Website ein – familiendna.com –, aber als wir die Infos über die verschiedenen Tests lasen, kratzte sich Billy am Kopf und brummte irgendwas, weil alle Tests für Männer bestimmt waren, die ihre Väter suchten.
»Das Problem ist«, sagte er schließlich, »dass du kein Y-Chromosom hast.«
»Und was bedeutet das?«, fragte ich, obwohl ich mir die Antwort selbst geben konnte. Manchmal höre ich schließlich auch zu, wenn Mr Graves in Bio über Genetik und DNA spricht. (Die meiste Zeit sitze ich allerdings nur da, starre auf die Spucke in seinen Mundwinkeln und frage mich, ob seine Frau ihm je gesagt hat, dass er es abwischen soll, oder ob es ihr gar nicht mehr auffällt.)
»Die DNA im Y-Chromosom wird vom Vater an die Söhne weitergegeben, aber nicht an die Töchter. Jungen haben das X- und Y-Chromosom, aber Mädchen nur X. Das bedeutet, dass wir deinen Vater so nicht aufspüren können – dafür sind die Tests noch nicht weit genug. Du hast das X-Chromosom von deinem Vater – oder eigentlich das X-Chromosom von der Mutter deines Vaters –, sonst wärst du ein Junge.«
Ich schaltete allmählich ab. Das war zu viel Information auf einmal für mich.
»Aber diese Tests«, fuhr Billy fort, »können nicht mit dem X-Chromosom gemacht werden, sondern nur mit Y, und da ist bei dir leider Fehlanzeige.«
Na bitte, Fehlanzeige auf ganzer Linie – im Dadbereich und im Freundschaftsbereich sowieso, und jetzt auch noch bei den Chromosomen. Ich kletterte wieder auf Billys Stockbett hinauf und verkroch mich unter der Decke.
»Tut mir echt leid, Sadie«, sagte Billy. Es klang ehrlich, aber hier oben unter der Decke war es so schön kuschelig, dass ich keine Lust hatte, wieder herunterzukommen.
Am Ende trieb mich Shonna Matthews heraus – oder vielmehr das Bild von ihr im Sportdress, das ich in Billys Kissenhülle fand.
»Hast du das aus dem Jahrbuch ausgeschnitten, Billy?«
»Ähm … ja.«
»Abartig, echt.«
Vielleicht lag Shonna in Bezug auf Billy doch richtig. Ich vergrub meinen Kopf wieder unter dem Kissen.
»Sadie«, hörte ich Billy sagen, »warum fragen wir nicht deine Mum nach ihm? Zeig ihr doch deine blöde gefakte Geburtstagskarte und FRAG SIE ! Selbst wenn sie dir nichts sagen kann, weiß sie vielleicht, wo du suchen musst.«
Okay. Abgesehen von dem Problem mit der übergriffigen Familie hatte Billy ja Recht. Vielleicht war es besser, in den sauren Apfel zu beißen, nach Hause zu gehen und Mum zu fragen, anstatt ihre dreizehn Handtaschen zu durchwühlen und mit Wattestäbchen in meiner Mundhöhle herumzufummeln?
Aber ich konnte Mum nicht fragen.
Es ging einfach nicht.
Oder doch?
Okay. Was Billy sagte, war im Prinzip richtig. Der einfachste und direkteste Weg, etwas über meinen Dad zu erfahren, ging über Mum. Wenn ich Mum fragte, riskierte ich allerdings, dass sie mir wieder ihren Vortrag über die Großherzigkeit der Spender hielt und dass ich ein absolutes Wunschkind gewesen sei. Sie würde feuchte Augen bekommen und womöglich Tanta Lilah anrufen. Aber wenn sich der erste Aufruhr gelegt hatte, würde sie mir helfen, und selbst wenn sie keine weiteren Informationen hatte, wie Billy meinte, wüsste sie vielleicht, was zu tun war. Vielleicht lohnte es sich ja doch, meine Familie einzuschalten, schon allein um den »Fiesgirls« eins reinzuwürgen. Das hatten sie verdient für ihren blöden Streich. Und was hatte ich letztlich von meinen Verwandten zu befürchten? Auch wenn sie mich manchmal tierisch nervten – gemein waren sie nicht, ganz im Gegensatz zu Shonna und Imelda.
Als ich vor unserer Wohnungstür stand und den Schlüssel ins Schloss steckte, war ich schon fast entschlossen, Mum auf das Thema anzusprechen. Und zwar jetzt gleich. Von der Dadkarte würde ich ihr allerdings nichts erzählen, weil sie sonst nicht lockerlassen würde, bis sie herausgefunden
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