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Bad Hair Days - das Leben ist keine Dauerwelle

Bad Hair Days - das Leben ist keine Dauerwelle

Titel: Bad Hair Days - das Leben ist keine Dauerwelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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ein Liebesherz auf die rote Backsteinwand vor dem Wohnblock. Dann schrieb ich RSC und AS und CW in die Mitte.
    »Komisch«, sagte ich in Gedanken zu Shonna, in einer Parallelwelt, in der wir noch Freundinnen waren und Arm in Arm zur Schule gingen, »das sind die Anfangsbuchstaben von meinen Dads.«
    »Du bist vielleicht ein Glückspilz«, würde Shonna antworten, »du hast gleich drei und alle deine Dads sind so was von cooool!«
    »Ach du liebe Güte – die Anfangsbuchstaben von deinen drei Dads!«, würde Mum in dieser anderen Welt sagen. »Die werden sich schieflachen, wenn sie das hören. Wir müssen es ihnen sofort erzählen, wenn sie von der Arbeit nach Hause kommen.«
    Aber nichts davon würde je in Erfüllung gehen, weil Shonna mich hasste und Mum mir nicht zuhörte und RSC , AS und CW gar nicht wussten, dass sie eine fünfzehnjährige Tochter hatten, die in Hackney, Ostlondon, lebte.

Schon von Weitem hörte ich Großtante Ritas Stimme – die Frau war besser als jeder Lautsprecher. Aber gut, dass sie da war und Mum von mir ablenkte. Die Arme saß wahrscheinlich wie festgenagelt an ihrem Platz und biss sich auf die Lippen, um nicht loszuprusten.
    Ich schlich in den Gang, stellte den Trolley an seinen Platz zurück und hievte den PC heraus. Auf Zehenspitzen schleppte ich ihn in Mums Zimmer, quetschte ihn hinter die Frisierkommode zurück und stellte Mums Geheimschatulle obendrauf. Dann holte ich tief Luft und öffnete die Wohnzimmertür.
    Mum und Großtante Rita saßen am Tisch und verspeisten Essiggurken. Iiih. Beide starrten mich überrascht an.
    »Oho!«, bellte Großtante Rita. »Sieh mal einer an: meine Lieblingsgroßnichte.«
    Dann prustete sie los und ich lachte höflich mit, obwohl ich den Witz schon Zillionen Mal gehört hatte.
    »Hi, Tante Rita«, sagte ich und umarmte sie herzlich. Ich meine, klar, sie ist eine grässliche alte Frau, die einem echt Angst einjagen kann, aber irgendwie liebe ich sie auch. Sie ist ja praktisch meine Ersatzoma und ich finde, dass sie ihre Rolle super ausfüllt, obwohl Mum der Meinung ist, dass sie sich zu viel einmischt.
    Ich habe keine richtigen Großeltern. Meine Oma und mein Opa sind beide innerhalb von drei Jahren gestorben, als Mum und Tante Lilah noch in die Grundschule gingen. Wir reden nicht viel über meine Großeltern, weil es einfach zu traurig ist. Mir tut sogar Tante Lilah leid, wenn ich daran denke. Mum und Tante Lilah und Großtante Rita gehen einmal im Jahr in die Synagoge, um für meine Großeltern zu beten und Kol Nidrel zu hören, ein total trauriges Lied, ganz in Moll, bei dem man praktisch Selbstmordgedanken bekommt, und manchmal holt Mum die alten Fotos raus, weil sie wissen will, ob ich inzwischen ihrer Mutter ähnlich sehe. Aber das lässt sich nur schwer sagen, weil die Bilder entweder überbelichtet oder zu verschwommen und körnig sind. Jedes Mal, wenn ich mich beschwere, dass unsere Familie zu eng aufeinandersitzt, reibt Mum mir unter die Nase, wie glücklich ich sein kann, dass wir einander haben. In letzter Zeit fällt es mir allerdings schwer, das als »Glück« zu sehen. Zum Beispiel jetzt.
    »Warst du weg?«, fragte Mum, nachdem ich Großtante Rita umarmt hatte. »Mein Gott, du bist ja ganz blass und heiß«, fügte sie hinzu und packte meine Hand, »und deine Hände sind ganz verschwitzt. Ich glaube, du hast Fieber. Rita – sie hat Fieber.«
    Kein Wunder, dass ich blass und verschwitzt war. Ich hatte schließlich gerade erst erfahren, dass ich drei mögliche Dads besaß, und hatte noch dazu einen 5-Kilo- PC in Mums Zimmer geschleppt – auf Zehenspitzen.
    »Ach, ihr fehlt nichts, Angela«, sagte Tante Rita. »Du regst dich immer viel zu schnell auf. Willst du ein Essiggürkchen, meine Liebe? Die hier sind sehr gut. Mit Dill.«
    »Nein danke, Tante Rita.« Ich hasste Essiggurken – schon immer.
    »Angela, sie will keine Essiggurke!«, rief Großtante Rita entsetzt. »Dann muss sie wirklich krank sein.«
    Ich hasste Essiggurken und alles sauer Eingelegte.
    »Sadie hat doch noch nie Essiggurken gegessen«, sagte Mum.
    »Was? Noch nie Essiggurken gegessen?«, rief Großtante Rita. »Da stimmt was nicht, Angela, glaub mir. Du siehst gar nicht gut aus, Sadie, setz dich hin, damit du wieder zu Atem kommst.«
    »Mir geht’s gut, ehrlich«, sagte ich. »Ich hab gerade nur ein bisschen frische Luft gebraucht. Deshalb war ich kurz spazieren.«
    Großtante Rita folgte mir mit den Augen, als ich mich zu ihnen an den Tisch setzte. Dann

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