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Bad Hair Days - das Leben ist keine Dauerwelle

Bad Hair Days - das Leben ist keine Dauerwelle

Titel: Bad Hair Days - das Leben ist keine Dauerwelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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Anzug. Eine elegant aussehende Dame kam in diesem Moment die Treppe vor dem Eingang herunter.
    »Oh, hallo, Dr. Swain-Coles«, sagte sie und bestätigte uns damit, dass wir richtig getippt hatten.
    Die Frau war unnatürlich groß und überragte Dr. Swain-Coles um einiges.
    »Ist das Taxi größer als üblich?«, fragte ich.
    »Nein«, sagte Billy.
    »Aber die Frau hier ist unnatürlich groß, oder?«
    »Nein«, sagte Billy wieder. »Dr. Swain-Coles ist unnatürlich klein.«
    »Auf dem Foto sah er aber groß aus«, beharrte ich.
    »Woher willst du das wissen? Da saß er doch.«
    »Dann ist er eben ein Sitzriese. Außerdem, klein würde ja eigentlich passen«, fügte ich hinzu. »Ich meine, ich hab auch nicht gerade Modelgröße.«
    Wir betraten also die »Privatklinik für kosmetische Chirurgie« von Dr. Swain-Coles, und während wir die Treppe hinaufgingen, fragte ich mich, ob ich wissen würde, wer mein Dad war, wenn wir wieder herunterkamen. Ein komisches Gefühl war das – ein Gedanke, den man nicht jeden Tag hat. Ich war die ganze Zeit erstaunlich ruhig geblieben, aber jetzt flatterten mir tausend Schmetterlinge im Bauch herum und ich war so nervös, dass ich Billy beinahe überredet hätte, umzukehren und wieder nach Hause zu gehen. Aber Billy ging vor mir und seine gestrafften Schultern und sein entschlossener Gang hielten mich irgendwie aufrecht. Das Gebäude war ein typisches altes Londoner Haus, wie man es aus Kostümfilmen kennt. Wenn man aber von der hektischen Straße über die Türschwelle trat, kam man in eine weiche, friedvolle Welt aus zarten Pfirsich- und Magnolientönen, plüschigen Sofas und einem dicken cremefarbenen Teppich. Beruhigende Musik spielte im Hintergrund, so wie auf der Website, und die Empfangsdame setzte bei der Begrüßung das strahlendste Lächeln auf, das ich je gesehen habe. Sie hätte jederzeit Werbung für Zahnbleaching machen können. Wahrscheinlich bekam sie hier Personalrabatt oder so.
    »Mein Name ist Sadie Nathanson«, sagte ich zu Miss Zahnbleaching. »Ich habe einen Termin.«
    Meine Stimme kam mir ganz fremd vor, gar nicht wie meine eigene. Sie klang lauter und tiefer als sonst, als ob ich auf einer Theaterbühne stünde und die Rolle einer erwachsenen Frau spielte.
    »Oh ja!«, flötete die Empfangsdame und schaute auf ihr großes, altmodisches Terminbuch, dann lächelte sie wieder – ein warmes, herzliches Lächeln, das wohl beruhigend auf Patientinnen wirken sollte, die gleich etwas aus ihrem Körper abgesaugt oder hineingepumpt bekommen würden. Einen Augenblick schweiften meine Gedanken ab und ich überlegte, wo das ganze Zeug, das abgesaugt oder hineingepumpt wurde, hinkam. Gab es hier irgendwo einen Sammelbereich für »geparktes Körperfett«? Vielleicht ein Raum wie dieser hier, mit lauter weichen Polstersofas, über die Berge von weißem Körperfett hinauswabbelten? Oh, mein Gott! Würg.
    »Sadie Nathanson«, sagte die Empfangsfrau und deutete auf meinen Namen in ihrem Terminkalender, und ich starrte fasziniert auf ihre perfekt manikürten lila Fingernägel mit den funkelnden Glitzersteinchen drauf.
    »Nehmen Sie doch bitte Platz.«
    Billy und ich setzten uns gehorsam, versanken in den samtweichen toffeefarbenen Sesseln. Ich hatte das Gefühl, auf Wackelpudding zu sitzen.
    Wir hatten uns nach der Schule rasch umgezogen, weil wir natürlich nicht in unserer Schuluniform antanzen konnten. Dann waren wir zum Bus gehetzt. Wir hatten unseren Termin geschafft. Alles wie geplant. Jetzt mussten wir nur noch zu Dr. Swain-Coles vordringen und herausfinden, ob er mein Dad war. Das war eindeutig der schwierigste Teil.
    Ich war so aufgeregt, dass ich mich nur flüchtig im Wartezimmer umschaute und dann auf eine Zeitschrift mit dem Titel »Gärten und Landhäuser« vor mir starrte. Ich war auf das Schlimmste gefasst gewesen – Patienten mit dicken Verbänden und gruseligen Narben –, aber gegenüber von uns saßen eine Frau mit ihrer Teenie-Tochter und ein lächelnder Mann, die ziemlich normal wirkten.
    »Die sind hier alle normal«, murmelte ich erleichtert vor mich hin.
    »Hmm«, machte Billy. »Schau mal genauer hin.«
    Ich riskierte noch einen Blick und schluckte. Die Frau rechts von uns, die mit ihrer Teenie-Tochter wartete, hatte eine unnatürlich glatte Haut. Aber wenn man genauer hinschaute, sah man, wie weit ihre Augen auseinanderlagen – ganz außen am Kopf wie bei einem Kaninchen, was irgendwie komisch war. Aber vor allem der Hals darunter verriet

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