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Bad Hair Days - das Leben ist keine Dauerwelle

Bad Hair Days - das Leben ist keine Dauerwelle

Titel: Bad Hair Days - das Leben ist keine Dauerwelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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sie: ein Hals, der noch viel runzliger war als der von Großtante Rita. Vielleicht war die Frau sogar die Großmutter des Mädchens und nicht die Mutter. Der Mann gegenüber lächelte vage, aber nur weil seine Gesichtshaut so straff gespannt war, wie ich nach einer Weile feststellte. Der Typ hätte auch wütend sein können, ohne dass man es ihm ansah. Ich holte tief Luft und starrte über seinen Kopf hinweg an die Wand.
    Dort hing ein riesiges Foto von Dr. Swain-Coles. Lächelnd schaute er auf seine Patienten herunter. Ich studierte es gründlich und verglich in Gedanken sein Gesicht mit meinem. Eine Stirnfalte hatte er nicht, vielleicht hatte er sich aufgespritzt? Und seine Augen konnte man nicht richtig sehen, weil sie von dicken Brillengläsern verzerrt waren. Dr. Swain-Coles war also kurzsichtig. Ich dagegen sehe 100%. Sein Haar und seine Augenbrauen waren dunkel wie meine. Ansonsten hatte er nichts, was darauf hindeutete, dass wir dieselben Gene besaßen. Er war ein Fremder, mehr nicht. Und genauso sah er aus.
    Ich war so in meine Gedanken vertieft, dass Billy mich anstoßen musste, als mein Name aufgerufen wurde. Dann wurden wir zum Arzt hineingebeten.
    Ich holte tief Luft. Das war’s jetzt. Es gab kein Zurück. Mein Magen schlug schon wieder Purzelbäume.
    Dr. Swain-Coles saß hinter dem gigantischsten Schreibtisch, den ich je gesehen hatte. Es war ein großes Büro, aber der Schreibtisch nahm den meisten Raum ein. Der Sessel musste ganz hochgeschraubt sein und seine Füße auf einer Kiste stehen, weil Dr. Swain-Coles – wie auf seinem Foto – groß aussah. Und wir wussten, dass das nicht sein konnte. Auf seinem Schreibtisch standen mehrere silbergerahmte Fotos, aber nicht von seiner Frau und seinen Kindern, wie man erwarten würde, sondern von diversen Katzen. Ich erhaschte einen flüchtigen Blick auf Schwänze und Schnurrhaare, während wir hereinkamen und uns auf die andere Seite des Monsterschreibtischs setzten.
    Dr. Swain-Coles schaute uns nicht an, sondern sagte nur: »Nehmen Sie bitte Platz«, dann starrte er auf ein Notizblatt und dann zu seinem Computerbildschirm hoch. Als er endlich den Blick geradeaus richtete, zuckte er überrascht zusammen.
    »Sadie Nathanson?«, sagte er fragend.
    »Ja, das bin ich«, krächzte ich und die Worte blieben mir halb in der Kehle stecken, die staubtrocken war. Überlaut nahm ich das Ticken einer Uhr im Zimmer wahr. Ich hatte einen merkwürdigen Metallgeschmack im Mund und meine Zunge fühlte sich an wie eine alte Socke.
    Vor mir auf dem Tisch stand ein Glas Wasser und ich trank einen Schluck.
    »Ähm … und wie alt sind Sie noch mal?«, fragte Dr. Swain-Coles.
    »Ich bin achtzehn«, log ich, »aber …«
    »Dann sind Sie sehr jung für diese Klinik, wenn Sie mir die Bemerkung gestatten«, unterbrach Dr. Swain-Coles mich sanft. »Ich meine, Sie haben da eine Menge angekreuzt auf dem Anmeldeformular, aber junge Mädchen kommen sonst nur wegen einer einzigen Sache zu mir: Brustvergrößerung. Hab ich nicht Recht?«
    Dr. Swain-Coles wartete meine Antwort nicht ab. »Und eigentlich müssten Sie mit Ihrer Mutter zu mir kommen, nicht mit Ihrem …«, er warf einen Blick auf Billy, »mit Ihrem Freund.«
    Dr. Swain-Coles wies mich zurecht wie ein netter älterer Lehrer, und obwohl ich genau wusste, dass ich nicht wegen einer Schönheits- OP hier war, bekam ich fast ein schlechtes Gewissen – als wollte ich mir wirklich die Brust vergrößern lassen, ohne meine Mum um Erlaubnis zu fragen. Ich öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber ich brachte keinen Ton heraus. Billy starrte mich an, beschwor mich stumm, etwas zu sagen. Ich schüttete noch mehr Wasser in mich hinein.
    Dr. Swain-Coles kam jetzt hinter seinem Schreibtisch hervor und wieder war ich total geschockt, weil ich vergessen hatte, wie klein er in Wahrheit war. Der Typ sah aus, als ob er auf Knien hinter seinem Schreibtisch hervorkröche. Im Ernst, wenn wir nicht gesehen hätten, wie er aus dem Taxi ausgestiegen war, dann wäre ich vor Schreck tot umgefallen.
    »Und jetzt verraten Sie mir bitte, was genau Sie an Ihrer Erscheinung problematisch finden, Miss …«
    »Nathanson.«
    »Ja, richtig, Miss Nathanson … Also warum suchen Sie mich auf? Sie sind noch ein junges Mädchen – noch gar nicht richtig ausgewachsen.« Wieder wartete er meine Antwort nicht ab, sondern schlenderte zu einem großen Holzschrank in einer Ecke des Büros. »Jungen Mädchen, die zu mir kommen, um sich die Brust

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