Bad Hair Days - das Leben ist keine Dauerwelle
operieren zu lassen, so wie Sie, meine Liebe, zeige ich immer das hier …«
Er öffnete eine Schublade und zog etwas aus einer Plastiktüte heraus.
»Hier! Fangen Sie!«, rief er und warf es mir zu.
Meine Reflexe sind zum Glück nicht schlecht und ich fing das Ding mühelos auf, das er mir zuwarf. Ob das allerdings ein Glück für mich war, wagte ich zu bezweifeln, als ich es in meiner Hand herumdrehte. Wabbelig und kühl fühlte es sich an. Eine klare Flüssigkeit in einem durchsichtigen Plastikbeutel.
»Und hier kommt Nummer zwei!«, sagte Dr. Swain-Coles und diesmal warf er den Beutel Billy zu, der ihn pflichtschuldig auffing und mich mit hochgezogenen Augenbrauen ansah.
»Das hier«, sagte Dr. Swain-Coles, während er auf uns zukam, »sind Brüste.«
»Hä?«, entfuhr es mir.
Billy ließ seinen Beutel beinahe fallen vor Schreck.
»Haben Sie gemerkt, wie schwer die Dinger sind?«, fuhr Dr. Swain-Coles fort. »Und jetzt stellen Sie sich mal vor, dass Sie so was Ihr restliches Leben mit sich herumschleppen müssen. Na, was sagen Sie? Gibt es Ihnen zu denken? Zwei gute Gründe, vielleicht noch mal drüber zu schlafen, wie?«
Ich wusste, dass ich jetzt den Mund aufmachen musste. Dass ich Dr. Swain-Coles erklären musste, warum wir in Wahrheit zu ihm gekommen waren. Ich grub meine Fingernägel in meine Handflächen und setzte zum Reden an, doch Billy kam mir zuvor.
»Also ehrlich gesagt«, warf er ein, »deshalb sind wir gar nicht hier.«
Billy redete für mich!
»Dr. Swain-Coles«, platzte ich heraus, als ich endlich die Sprache wiederfand. »Ich bin nicht wegen einer blöden Brust- OP gekommen …« Ich war so nervös, dass ich mich einen Augenblick mit Miss Frame verwechselte und meine Hände ruhig und beherrscht an die Seiten legte, hauptsächlich, um sie am Zittern zu hindern. Ich hielt immer noch die Plastikbrust in meinen Händen und sie wabbelte aufmüpfig zwischen meinen Fingern.
Dr. Swain-Coles zog sich blitzschnell hinter seinen Schreibtisch zurück, wie hinter eine Absperrschranke.
»Was soll das heißen, Sie sind nicht wegen einer Brust- OP zu mir gekommen?«, sagte er von der anderen Seite des Schreibtischs herüber. »Ich bin mir nicht sicher, ob ich Sie richtig verstanden habe.«
Ich fragte mich, ob er gerade unter seinem Schreibtisch nach einem Alarmknopf tastete.
»Also«, fing ich an und holte wieder tief Luft, genau wie Miss Frame. Ich schaute zu, wie meine Brust sich hob und senkte, dann fuhr ich fort: »Also in Wahrheit geht es … um eine Samenspende.«
Autsch. Wie bescheuert klang das denn? Und ich hatte mir so eine tolle Rede ausgedacht und auf dem Weg hierher mit Billy geprobt!
Dr. Swain-Coles schwieg, dann lächelte er mich an. »Ich fürchte, ich muss Sie enttäuschen – wir machen hier kein In-Vitro. Das ist eine völlig andere Abteilung, verstehen Sie? Und Befruchtungskliniken gibt es hier in der Gegend mehr als genug. Allerdings muss ich Sie nochmals darauf hinweisen, Miss Nathanson, dass Sie viel zu jung sind, um sich mit derartigen …«
»Also, was sie sagen wollte«, fing Billy wieder an, aber ich fiel ihm schnell ins Wort.
»Was ich sagen wollte … also ich glaube, dass meine Mum vor sechzehn Jahren übers Internet Sperma von Ihnen bekommen hat – über eine Website, die den Kontakt zu den Samenspendern vermittelt.«
Ich behielt Dr. Swain-Coles scharf im Auge, um seine Reaktion zu beobachten, aber er starrte nur angestrengt auf sein leeres Notizblatt.
Also fuhr ich fort: »Ich hab eine E-Mail mit Ihren Daten gefunden und ich frage mich, ob …«
Dr. Swain-Coles hob den Kopf und schaute mir in die Augen. Seine schimmerten verräterisch hinter der Brille.
»Also ich frage mich …« Ich konnte beim besten Willen nicht weitersprechen. Meine Kehle war zu trocken.
»Sie fragt sich, ob Sie vielleicht ihr ›Dad‹ sind«, beendete Billy meinen Satz.
Eine lange Pause entstand.
»Guter Gott«, sagte Dr. Swain-Coles und lächelte mich an, »also darauf war ich wirklich nicht gefasst. Auf absurde Verschönerungswünsche, ja. Aber das? Du liebe Güte. Wenn das kein Schlag unter die Gürtellinie ist!« Dann saß er da, lächelnd und blinzelnd.
Eine Ewigkeit lächelte und blinzelte er nur.
Und wenn er genug geblinzelt hatte, lächelte er wieder.
Und wenn er genug gelächelt hatte, blinzelte er.
Ich wurde langsam ungeduldig. Ich hatte mein Anliegen vorgebracht. Warum ließ er sich so viel Zeit mit der Antwort?
»Also ich wollte nur
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