Bad Hair Days - das Leben ist keine Dauerwelle
wissen … ich wollte Sie bloß mal sehen«, sagte ich, und meine Stimme wurde schriller, weil ich ihm die Frage gestellt hatte und eine Antwort von ihm wollte, und er saß nur da und lächelte und blinzelte wie … wie eine verrückte alte Eule. »Ich wollte es wissen. Ich hab einen Hinweis gefunden und dann hab ich mit der Suche angefangen und kann jetzt nicht mehr damit aufhören.«
»Ja, ja«, sagte Dr. Swain-Coles ruhig, »ich verstehe. Das versteh ich doch.«
Wieder zog sich das Schweigen endlos hin – wie bei Good as it Gets , wenn die Stimmen gezählt werden und die Fernsehfuzzis das Publikum zu Hause zappeln lassen, bis es vor Spannung an die Decke springt –, und dann endlich machte Dr. Swain-Coles den Mund auf:
»Das Problem ist … haben Sie schon mal von Tay-Sachs gehört?«
Oh nein, nicht schon wieder so ein Ablenkungsmanöver! Was würde er uns diesmal an den Kopf werfen? Eine SilikonPobacke? Oder vielleicht ein paar Brustmuskeln?
Billy schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte er.
»Das ist eine Krankheit, die in den Genen schlummert«, sagte Dr. Swain-Coles. »Genauer gesagt, auf Chromosom 15.«
»Oh«, sagte ich.
»Ich bin ein sogenannter ›stiller Träger‹«, fuhr Dr. Swain-Coles fort. »Ich habe die Krankheit nicht, kann sie aber weitergeben.«
Dr. Swain-Coles hielt Billy die Hand hin.
»Brust?«, sagte er.
Billy starrte ihn verwirrt an, dann reichte er ihm den Wabbelbeutel, den er in seine Hosentasche gesteckt hatte.
Ich gab meinen ungefragt zurück. Ich war froh, dass ich ihn loshatte. Ich wollte nur, dass Dr. Swain-Coles ein bisschen mehr Dampf machte, aber er schien plötzlich alle Zeit der Welt zu haben.
Behutsam legte er die beiden Wabbelbusen in die Plastiktüte zurück und machte die Schublade wieder zu. Dann drehte er sich zu uns um.
»Nein, Sadie«, sagte er an mich gewandt. »Ich bin nicht Ihr Vater.«
Mein Herz setzte einen Schlag lang aus und mir blieb kurz die Luft weg. Endlich hatte ich die Antwort.
»Meine Spende wurde nicht genommen. Weder von Ihrer Mutter noch von sonst jemandem, denn als ich untersucht wurde, stellte sich heraus, dass ich ein stiller Träger des Tay-Sachs-Syndroms bin. Gendefekt. Ich wusste nichts davon – niemand in meiner Familie hatte es je. Aber ich trage die Gene in mir. Was ich nicht wusste, bis Ihre Mutter mich kontaktiert hat und ich getestet wurde. Hätte ich ein Kind mit einer anderen stillen Trägerin bekommen, dann wäre das Kind mit großer Wahrscheinlichkeit daran erkrankt. Und diese Krankheit ist schrecklich.«
»Oh«, sagte ich.
»Ich kann also nicht Ihr Dad sein, Sadie – Miss Nathanson. Und es gibt auch sonst keinen Menschen auf der Welt, der mich Dad nennen kann«, fügte er hinzu und seine Augen schimmerten schon wieder. »So, jetzt wissen Sie’s, mehr gibt es dazu nicht zu sagen.«
»Oh«, sagte ich wieder.
Er war nicht mein Dad und die ganze Aufregung, die sich in mir angestaut hatte, wich mit einem Schlag von mir.
»Wir dachten …«, fing Billy an.
»Leider nicht«, unterbrach ihn Dr. Swain-Coles, »ich kann Ihnen in dieser Sache nicht helfen – so gern ich es tun würde.«
Er stand auf und wieder traf mich der Schock, weil er im Stehen kein bisschen größer war als im Sitzen.
»Und jetzt muss ich mich um meinen nächsten Patienten kümmern«, sagte Dr. Swain-Coles. »Ich wünsche Ihnen viel Glück bei Ihrer Suche.« Er kam hinter dem Schreibtisch hervor und gab Billy und mir die Hand.
»Wissen Sie«, sagte er und sein Blick war irgendwo in die Ferne gerichtet, »es gibt Männer, die so etwas – Samenspende, meine ich – aus rein altruistischen Gründen machen. Ich wollte wirklich anderen Menschen helfen.« Er schaute mich an und seine Augen schimmerten wieder. »Ich bin froh, dass Ihre Mutter einen Spender gefunden hat. Und ich hoffe, dass Sie ihn finden werden.«
Dann waren wir im Flur draußen und ich weiß nicht, wie wir durchs Wartezimmer kamen, weil man mit Tränen in den Augen nicht besonders gut sieht. Als ich wieder zu mir kam, gingen wir die Kliniktreppe hinunter. Jetzt wusste ich, dass Dr. Swain-Coles definitiv nicht mein Dad war. Schade eigentlich, denn er war ein netter Typ.
Groovechick2: Stimmungsstatus: Ich will frei sein.
SayD: Und ich will teuer sein.
Groovechick2: Haha. Wie war’s bei dir heute? Bei mir nur Tests.
SayD: Und bei mir … also das glaubst du nicht. Unheimlich. Aufregend. Traurig.
Groovechick2: Warum traurig?
SayD: Na, weil ich doch auf Dadsuche
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