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Bad Hair Years

Bad Hair Years

Titel: Bad Hair Years Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Kink
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ob es so etwas wie eine Busfahrerzentrale überhaupt gibt, halte aber trotzig weiter die Tür auf und ziehe so den – noch – stillen Unmut der restlichen Fahrgäste auf mich. Natürlich ist mir zu diesem Zeitpunkt bereits klar, dass ich die Oma nicht allein im Bus lasse, natürlich fahre ich mit der Oma das gesamte Münchner Busnetz ab, und zwar so lange, bis wir die Winterstraße gefunden haben. Ich weigere mich nur noch, das auch zu glauben, schließlich bin ich nur kurz Kippen holen. »So was! Jetzt fahren’s halt mit mit Ihrer Oma!«, entrüstet sich dann letztendlich doch eine Frau recht laut aus dem hinteren Teil. Ich kläre das Missverständnis nicht auf, schwöre mir aber, dass meine Mundwinkel sich niemals derart böse nach unten eingraben werden. Dann geht die Bustür zu, und die Oma und ich fahren Richtung Sendlinger Tor.
    »Wissen’s, mei Neffe macht ein Weihnachtsessen!«
    »Der hätt sie aber schon abholen können, Ihr Neffe.«
    »Ja mei. Gscheiter wär’s scho gwesn.«
    Dabei lacht sie unter ihrer Wollmütze, und ich kann mir vorstellen, wie sie ihrem Neffen zur Begrüßung ein »hättst mi fei scho abholen können!« um die Ohren haut. Zu Recht.
    »Mei, des is so nett, dass Sie mit mir mitfahren!« Ja. Mei. Zigaretten gibt’s auch am Sendlinger Tor. »Soll ich Polizei anrufen?«, will der Busfahrer von mir wissen, »wegen alte Frau?«
    Wenn das so weitergeht, muss er die Polizei wegen der jungen Frau anrufen, jetzt aber soll er bitte nur herausfinden, welcher Bus zur Winterstraße fährt. Das schafft er dann auch, wir müssen nur einmal am Gärtnerplatz umsteigen, die Oma und ich. Und da erst mal zwanzig Minuten warten, auf den 52er, Feiertagsfahrplan. Dabei wird mir zwar noch kälter, aber nicht langweilig, denn diese Oma ist eine lustige. Sie wirkt überhaupt nicht verwirrt, eher belustigt, dass sie derart planlos allein in der Stadt unterwegs ist.
    »Haben Sie denn die Telefonnummer von Ihrem Neffen?« Ich weiß nicht, wieso ich frage, ich habe nicht mal mein Handy dabei.
    »Na, mei, de hob i aa ned.«
    »Aber die Adresse stimmt schon?«
    »Ja! Jaja, Winterstraß!«
    »Und welche Hausnummer?« Jetzt hab ich sie. Jetzt muss ich wahrscheinlich doch noch die Polizei rufen.
    »Zwei! Winterstraße zwei!« Es klingt fast ein bisschen triumphierend.

    »Sie sind mir fei scho eine.«
    »Ja, I woass scho«, lacht sie und rattert eine Telefonnummer runter, die von ihrem Neffen, »jetzt weiß i’s wieder!«
    Sie schafft es tatsächlich, gleichzeitig ein bisschen hilflos, gelassen und frech zu wirken. Wär ich die Oma, ich bekäme keine Luft mehr vor lauter Schimpfen auf den sauberen Herrn Neffen, der mich nicht mal an Weihnachten mit dem Auto abholen kann. Aber ich werde wahrscheinlich auch mal eine sehr böse alte Oma.
    Ich erkläre dem zweiten Busfahrer die Lage, versichere mich doppelt und dreifach, dass der Bus auch wirklich zur Winterstraße fährt, obwohl die eine der Haltestellen ist, dann bleibe ich neben der Oma stehen, die schon gut gelaunt in der ersten Reihe sitzt.
    »Müssen’s ned mitfahren«, spricht der Busfahrer, »das ist gleich bei der Haltestelle, ich bring sie dann schon hin.«
    Ich lasse mir das noch x-mal hoch und heilig versprechen, dann steige ich aus. »Mei danke, Sie san so nett, Sie san ein richtigs Christkindl!«, verabschiedet sich die Oma und winkt.
    Den ganzen Heimweg und auch danach noch mache ich mir Vorwürfe, dass ich nicht doch noch mitgefahren bin. Vielleicht hätte ich den Neffen anrufen müssen oder gar die Polizei. So dramatisch schien es mir aber nicht, sie hat halt nur den richtigen Bus nicht gefunden, das darf man schon mal mit über achtzig. Traurig bin ich auch, alte alleine Menschen machen mich immer traurig. Ich weiß, das geht den meisten so, und Weihnachten ist auch, aber mich bringt ja schon die lustigste Oma im Sommer zum Weinen. Ich bin ein schlechtes Christkindl. Der Herr Neffe allerdings, der Herr Neffe darf mir auch nicht über den Weg laufen. Und ich gehe davon aus, dass mir irgendein himmlisches Excelsheet mehr als nur ein paar Karmapunkte dafür gutschreibt. Ich kann’s wirklich brauchen.
    Alle Jahre wieder bin ich wie alle anderen froh, wenn’s vorbei ist. Erst wenn der letzte Christbaum aus dem Fenster fliegt, kann ich aufatmen, die Rückenlehne wieder gerade stellen und mein Tablett einklappen. Ready for Take-off, sozusagen, käme da nicht alle Jahre wieder erst einmal der Januar, das hysterische Stück.

Es tut mir leid, Januar, aber

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