Bad Hair Years
vielversprechend, aber das ist natürlich Interpretationssache. Meine Schlussfolgerung war, dass ich also dieses Jahr weiterrauchen werde und außerdem fünfundzwanzig Kilo zunehme. Mein Tarotexperte dagegen sprach von wildem Sex das ganze Jahr, aber der ist einer von diesen Glas-halb-voll-Typen. Der Kicker ist, dass jede Karte auch eine Schattenseite hat. Da muss man höllisch aufpassen, Tarotkarten sind gnadenlos, die beschönigen nichts. Ich will nicht darüber sprechen.
Lieber lese ich meine Jahreshoroskope noch mal, die beschönigen nämlich alles. Kein glossy Frauenmagazin ist mir zu doof, es muss nur »Ihr Jahreshoroskop« draufstehen. Ihre Sterne im Neuen Jahr! Das klingt doch wie ein Versprechen, so was will man doch lesen! Auch, wenn man es zwei Minuten später wieder vergessen hat. Es klingt nach »Jetzt wird alles gut!« (Zugegeben, letztes Jahr lagen wir ein bisschen daneben, das mit dem Nacktmulch-Typ tut uns leid.) So was will man doch wissen, man kann doch gar nicht anders. Jetzt nicht an Zitronen denken!
Na? Bitte, was sag ich. Ich mag Sternzeichen, die Frage nach meinem eigenen schlägt mich deshalb erst mal nicht in die Flucht. Man muss da nicht gleich herablassend lächeln und über Sinn und Unsinn der Astrologie referieren, man kann auch erst mal mit »Wassermann« antworten, oder welches Zeichen man halt ist, wobei »Radkappe, Aszendent Zimtstern« im Übrigen nicht sonderlich originell ist. Ich finde den Gedanken hübsch, von Planeten geformt und geleitet zu werden, so kann ich meiner Wege gehen und muss nicht alle anderen für mein dummes Treiben verantwortlich machen, die können schließlich meist auch nichts dafür. Ein Planet wird außerdem selten zurückschreien, wenn man mal rumschimpft.
Allerdings wäre ich lieber Löwe, denn mit Wassermann Aszendent Fische hat man so ein kleines bisschen die Arschkarte. Man schleppt sich gleich doppelt wischiwaschi durchs Leben, bekommt immer nur den übersensiblen Kram ab, aber von schnellen Autos und Erfolg ist nie die Rede. Ich hätte wirklich sehr gerne Hörner oder Pfeil und Bogen oder wenigstens eine Mähne (ich habe sehr dünnes Haar), denn mit einem blöden Dreizack nimmt einen ja keiner ernst. Das mit dem Kopf gegen die Wand rennen zum Beispiel, so stelle ich mir vor, wäre um einiges effektiver. Zum Trost wird man als großer Menschenfreund gehandelt, ich kann das so aber leider nicht bestätigen. Ich bin bei Weitem kein Menschenfeind, ich bin nur meist sehr irritiert ob der ganzen Löwen und Schützen da draußen. Zudem wird es mir schnell mal zu laut und dramatisch, und dann versuche man bitte mal, neben einem Löwen in aller Ruhe ein Wassermann zu sein. Das geht ja gar nicht. Alle Himmeljahre werde selbst ich mit meinen sanften Fischen im Mond mal laut und böse, dann muss aber wirklich alles gleichzeitig Päng machen und Zigaretten auch alle. Ansonsten bin ich der Meinung, dass man sich schon auch mal zusammenreißen kann. Kann aber sein, dass ich da vollkommen falsch liege.
Es soll mir egal sein, denn ich habe alle meine Horoskope für dieses Jahr gelesen, von Brigitte bis Petra und kann mich an kein Einziges erinnern. Ich weiß also nicht, ob mir ein sehr großer Stein auf den Kopf fallen wird, oder ob es rote Rosen regnet. Zwar kann ich Rosen nicht leiden, sollte allerdings ein anderer Wassermann da draußen ein besseres Gedächtnis haben, er möge mir bitte die Kurzversion mailen. Stein oder Rosen genügt, bei Stein bitte die Größe angeben.
Allerdings mache ich mir jetzt schon Vorwürfe, weil ich nicht in roten Dessous mit einer Tarotkarte fuchtelnd und »Wassermann!« schreiend von einem Stuhl gesprungen bin. Andererseits würde mir das auch nicht helfen, weil: Am Beginn der Silvesternacht vor drei Jahren habe ich mich vor einem kleinen Handspiegel geschminkt. Der ist mir runtergefallen, und dann das mit den tausend Scherben. Was soll ich euch sagen, wenn das stimmt, das mit den sieben Jahren, dann hab ich die nächsten vier sowieso verloren, Höschen hin, Horoskop her. Und was hab ich mir eigentlich dabei gedacht, als ich sagte, das mit dem tollen Job mach ich selber?
»Guten Morgen! Happy New Year! Hurra!«
»Geh zum Teufel.«
»Da bin ich doch schon! Haha, kleiner Scherz.«
»Verpiss dich! Und hör auf zu schreien!«
»Red nicht so! Ich mach dir einen Tee.«
»Keinen Tee! Kein Tee! Aspirin. On the rocks. Bier. Ein Weißbier.«
»…«
»Kaffee.«
»Schon besser. Weißt du, du darfst nicht immer so über die
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