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Bad Hair Years

Bad Hair Years

Titel: Bad Hair Years Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Kink
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und werde immer noch minus drei, manchmal sogar vier Jahre jünger geschätzt, solange ich nicht morgens um 9:00 Uhr unter Neonlicht in irgendeinem Büro-Aufzug stehe. Gegen schlappe Muskeln kann man was tun und, mein Busen ist nach wie vor 1A, was soll bei A auch hängen. Trotzdem wäre mir lieber, die Schwerkraft würde ihre dreckigen Pfoten von mir nehmen. Denn die Falten machen mir Sorgen, sie vermehren und vertiefen sich, obwohl ich mir im Lauf der Jahre bestimmt schon den Gegenwert einer Eigentumswohnung ins Gesicht geschmiert habe. Nein, es handelt sich nicht um Lachfältchen, danke für den Versuch. Wie auch, ich war noch nie ein Sonnenscheinchen, das strahlend durchs Leben tanzt, nur weil die Blumen am Wegesrand so gut riechen.
    So weit möchte ich so oder so nicht zurückdrehen, ich bin da sehr bescheiden. Eine faltenfreie Neunundzwanzig zum Beispiel könnte man mir mit Schleifchen überreichen, ich hätte kein Interesse und wüsste auch nicht, was ich mit der reden soll. In dem Alter hat man allen Ernstes Panik vor der Dreißig, das ist zwar irgendwie süß, aber ach. Interessant wird es später, wenn einem die Aha-Erlebnisse uneingeladen um die Ohren fliegen und wenn man sich langsam mal kennenlernt. Es bewahrt mich zwar nicht davor, die immer gleichen Fehler zu machen oder immer wieder gleich blöd zu reagieren, wenigstens kenne ich meine Muster aber auswendig, kann mir also gelassen zukucken und »jaja, das dachte ich mir schon« murmeln.
    Was rege ich mich überhaupt auf, immerhin hab ich noch ein Jahr bis zur Vierzig, und sowieso ist neuerdings erst fünfzig das neue dreißig. Ein ganzes Jahr, da lässt sich doch was machen, erst mal Geld verdienen zum Beispiel. Es trifft sich ganz hervorragend, dass ich tat, wie mir vom Arbeitsamt befohlen, und mich als »Assistentin der Geschäftsführung« beworben habe. Und prompt zum Vorstellungsgespräch eingeladen wurde. Na, hurra.
    Wenigstens machen die was mit Medien, ich komme also in ein mir vertrautes Dschungelcamp und vor allem drohen mir keine Briefe nach Diktat, sondern höchstwahrscheinlich nur Reisekosten- und Spesenabrechnungen. Könnte schlimmer sein. Könnte auch eine Unternehmensberatung sein. Mit Power Point und Krawatten.

Und wo sehen Sie sich in fünf Jahren?
    Um 14:00 Uhr muss ich da sein. Um 13:52 Uhr springe ich aus der S-Bahn, laufe über eine Baustelle, dann kenn ich mich nicht mehr aus. Das heißt, ich würde gerne und sollte vor allem rennen, kann ich aber gerade nicht. Dazu müsste ich diese Schuhe und diesen Rock ausziehen, und wie sähe das denn dann aus? »Halb nackte Frau in Unterföhring festgenommen«, so sähe das dann aus.
    Ich bin nur so spät dran, weil ich mich anziehen musste. Nicht, dass ich in letzter Zeit nackt durch die Gegend gelaufen wäre, schön wär’s, es bestand nur wenig Bedarf, mich schick zu machen. Es gammelt sich nun mal bequemer in Trainingshosen und es kellnert sich besser in Chucks, auch zum Baden ziehe ich selten ein Kostüm an, und nichts anderes habe ich schließlich das ganze letzte Jahr gemacht. Außer mir spätnachts und frühmorgens Gedanken, aber auch das geht besser im Schlafanzug oder halt schlimmer, wenn ihr wisst, was ich meine. Nun ist es nicht so, dass mir mein Aussehen egal wäre, das hat man eventuell schon gemerkt. Ich liebe hübsche Kleider und hohe Schuhe und Make-up und Haarspangen, ich sehe nur keine Verwendung dafür, wenn ich gerade keinen Grund dafür sehe. Werden mir die Trainingshosen zu langweilig, schaffe ich mir selbst einen Anlass, aber sogar dafür war ich in letzter Zeit zu faul. Rumstöckeln ist auch wirklich anstrengender, als man so glaubt.
    Heute aber gilt es, den ersten Eindruck kann man nicht wieder gutmachen. Als ich aus den hintersten Ecken des Kleiderschranks wieder auftauche, bin ich völlig erschöpft und sprachlos, denn: Keines der professionellen Stücke passt mir mehr. Im übertragenen Sinne, seit mich die New Yorker Bitches in ihren Klauen hatten, passt mir alles. Derartige Kleiderkrisen hatte ich nur, als ich dick war, und damals bin ich halt nach kompletter Verwüstung des Kleiderschranks einfach frustriert zu Hause geblieben. Selber schuld, ich weiß. Dünn bedeutet nicht automatisch glücklich, ich weiß. Ich kenne beide Seiten, was glaubt ihr, wen ihr vor euch habt?
    Jetzt aber lächelt mir gequält ein Ich aus dem Spiegel entgegen, mit dem ich schlicht nichts mehr zu tun haben möchte. Nicht, weil es mir unsympathisch wäre, im Gegenteil. Es scheint

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