Bad Moon Rising
weit von hier separat zu entsorgen. Separat vom Rest von ihm. Lucys Ex hatte ein kleines Boot an einem ruhigen Landesteg ein paar Meilen südlich von Weston-Super-Mare. Kaum war sie wieder in menschlicher Form, brachen sie und Cloquet (und eine Ladung menschlicher Überreste) mit dem Lieferwagen auf. Sie sollten die Reste hinaus in den Bristol Channel bringen und das mit Gewichten beschwerte Massaker über Bord werfen.
Konstantinov war mit Walker in einem zweiten Wagen davongefahren, nachdem er uns abgesetzt hatte. Dank meiner Finanzierung via Cloquet hatte er einen korrupten Arzt an der Hand und einen Unterschlupf. Ich war (wiederum aus körperlichen Gründen) nicht in der Lage gewesen, ihm mitzuteilen, was Walker in Gefangenschaft zugestoßen war. Ich fragte mich, ob Konstantinov es wusste. Männlicher Missbrauchsradar. Dachte ich an Walker, tat mir das Herz weh. Es war wohl aus zwischen uns, nahm ich an. Nicht nur wegen dem, was ihm zugestoßen war, sondern weil er es gesehen hatte: Ich in all meiner schmutzigen Schönheit. Richard behauptete immer, Linda Blair hätte nach Der Exorzist mit niemandem mehr geschlafen; die Männer bekamen die Bilder nicht aus dem Kopf. Das war natürlich Blödsinn – aber vielleicht nicht, wenn die Bilder aus dem richtigen Leben stammten. Unser Abschied war ein Blick durch die Windschutzscheibe gewesen. Was hätten wir denn sonst machen können? Uns umarmen? Ich war ein zwei Meter fünfundsiebzig großes, blutverschmiertes Ungeheuer. Die Frau in mir war beschämt, der Wolf um sie voller Verachtung. Und selbst, wenn er mich wollte (und nicht endgültig impotent war), welche Zukunft gab es? Welche Zukunft hatte es je gegeben? »Bis später, Schatz. Hm-hm. Viel Spaß beim Töten.« Und das war noch, bevor wir die andere bitter lachhafte Wahrheit herausfanden: Je mehr ich für ihn empfand, desto wahrscheinlich wurde es, dass er als Opfer endete.
Es sei denn natürlich, ich verwandelte ihn.
Warum nicht? Wenn ich Lorcan nicht zurückbekam, gab es kein Ende an verrückten Gesten, die ich in der Leere anstellen konnte. »Tja«, hörte ich meine Mutter mit spitzbübischer Vernunft sagen, »warum denn nicht? Was hat er denn noch zu verlieren?«
Das war allerdings nicht das Problem. Das Problem war, wenn ich ihn verwandelte, würde er mich am Ende dafür hassen. Früher oder später würde er vergessen, dass er es so gewollt hatte. Früher oder später würde er sich fragen, wie ich ihm so etwas hatte antun können. Früher oder später würde jeder Mist, der ihm widerfuhr, meine Schuld sein. Das war so sicher wie das Amen in der Kirche. Ich wusste es, das Ungeheuer wusste es, selbst Walker wusste es.
Draußen wurde es hell. Zoë schlief in meinen Armen. Gläserne Blasen von Wolf waren in meinen Adern gefangen, und das verdaute Leben stand verwirrt herum und weinte wie ein Kind am ersten Schultag. Fasern des Ungeheuers klammerten sich noch an Nackenmuskeln, Gesäß, Waden. Opferblut und Opferfleisch pochten und glühten, ein Gefühl wie Zimmerwärme nach einem Aufenthalt in der Kälte draußen.
Devaz, der länger geduscht hatte als jeder andere von uns, schlief auf der Couch im Wohnzimmer. Mit ihm hatte ebenfalls niemand gerechnet, es gab also keine Männerbekleidung für ihn. Stattdessen hatte er sich in Lucys ausgebeulteste Jogginghose zwängen müssen. Der Anblick war so unappetitlich, dass alle froh waren, als er einschlief und wir eine Decke über ihn werfen konnten.
»Sollten sie nicht langsam zurück sein?«, fragte ich.
Madeline, die sich ebenfalls geschrubbt hatte, akkurat geschminkt war und saubere Sachen trug (dunkelblaue Levis, enges weißes T-Shirt, schwarze Wildleder-Cowboystiefel), war gerade hereingekommen und setzte den Wasserkessel auf. Zwischen uns herrschte eine dichte, zweideutige Atmosphäre, noch immer durch Wolfs Telepathie. Ich wusste, sie war sich der Tatsache bewusst, dass ich die sapphische Möglichkeit auf dem Gelände der WOKOP beiseitegeschoben hatte, auch wenn ich nicht erkannte, wie sie wohl reagiert hätte, wenn ich sie berührt hätte. Ich nahm an, dass sie professionell auch Frauen ›begleitete‹, vielleicht auch nur, weil es wirtschaftlich dumm wäre, das nicht zu tun, doch nach allem, was ich wusste, war das rein geschäftlich. Außerdem gab es ja jetzt Devaz und Fergus, falls ich nach einer lieblosen Version von Vögeln Töten Fressen suchte, kein Grund also, auf Lesbentum zurückzugreifen. Dieser Satz klang in meinem Kopf mit der Stimme
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