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Bad Moon Rising

Bad Moon Rising

Titel: Bad Moon Rising Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Duncan
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geändert, dafür aber den schon lachhaften Optimismus zu blankem Selbstmord werden lassen. Kugeln töteten keine Flattermänner, aber vielleicht würden genug Kugeln sie ein wenig bremsen. Die Wahl der Waffen war von einem Kampf mit menschlichen Vertrauten bestimmt gewesen. Konstantinov hatte für alle Fälle ein paar Armbrüste geordert, und es gab drei Macheten, aber das reichte bei weitem nicht aus.
    Doch selbst diese Chancen waren besser gewesen als die, denen wir uns nun gegenübersahen. Soweit Walker und ich wussten, stand auf der anderen Seite eine Truppe aus zwanzig Menschen und siebenundneunzig hellwachen Vampiren.
    Ein blasser Pfad verlief in einer Reihe von Serpentinen die westliche Hügelflanke hinunter. Wir kümmerten uns nicht darum, sondern kürzten im Schutz der Bäume ab. Platanen, Zypressen, Eichen und genügend immergrüne Kiefern, um für dichtes Dunkel zu sorgen. Die Luft war kühl und still, das Gras unter den Füßen erstaunlich üppig. Keiner von uns hatte gefressen, absichtlich nicht. Die Sättigung hätte uns nur träge gemacht. Die gemeinsame Intuition grenzte an Telepathie. Ich konnte seinen Schock spüren, wie gierig er nach Leben verlangte. Lykanthropie hatte nicht ausradiert, was ihm zugestoßen war, hatte ihn aber gezwungen, es hinter sich zu lassen. Die brutale Gabe des Fluchs bestand darin, dass all die menschlichen Horrorgeschichten unter der neuen Schlagzeile verblassten: DU VERWANDELST DICH JEDEN VOLLMOND IN EIN UNGEHEUER! Ihm war ganz schwindlig von der neuen Perspektive, von der Luftaufnahme, die ihm die Landkarte seiner selbst zeigte; er hatte gedacht, sie sei erschöpft, doch nun war sie nur ein kleiner Teil eines riesigen, unentdeckten Kontinents. Die blanken physikalischen Fakten waren noch immer ein kitzelndes Sakrileg in seinen Handflächen, in seinen Fußballen. Sein Körper brüllte noch immer sein Erstaunen über diesen neuen zellulären Trick. Wolf dehnte und schnappte in ihm, holte in freudiger Besitzerschaft aus, schickte dunkle Meldungen seiner Kraft durch die veränderten Nerven. Der Mensch war davongelaufen und versteckte sich wie eine Katze, beäugte beeindruckt den neuen, keinen Spaß verstehenden Mitbewohner, der – und das war deutlich – sich mit nichts anderem als vollständiger Fusion zufriedengeben würde. Er hatte nur zwölf Nächte pro Jahr. In diesen zwölf Nächten würde er alles fordern und sich nichts verbieten.
    Mein Herz pochte heftig von dem Lauf. Die Luft war kühl genug, um den eigenen Atem sehen zu können, die Cartoonwölkchen eines wütenden Stiers. Ein paar winzige blasse Winterblüten beobachteten uns aus dem unteren Dunkel wie Elfen. Hunger flammte und wand sich in meinem Blut. Noch eine Stunde, und er würde uns rücksichtslos werden lassen. Der Kern des Wolfs war ein Idiot mit einem Ein-Wort-Vokabular: Fressen … Fressen … Fressen – bis du endlich etwas frisst, dann ist der Idiot beseligt und gibt dir tiefen animalischen Frieden dafür.
    Fünfzig Meter. Vierzig. Dreißig.
    Mias per Smartphone gesendeten Skizzen zufolge war das Kloster in der Form eines breitarmigen Kreuzes gebaut worden. Hinter der Mauer lag ein halbkreisförmiger Hof mit einer Treppe am anderen Ende, die zum Haupteingang hinaufführte. Danach bot ein Eingangsbereich fünf Möglichkeiten, zwei Flure links, zwei rechts, einen geradeaus. Geradeaus lag hinter einer Doppeltür der Hauptbereich, das Quadrat in der Mitte des Kreuzes, ein großer, fensterloser Raum mit einem Altar auf einem Podium am anderen Ende. Wir hatten detaillierte Anweisungen, wie man von dort aus an die Orte kam, wo Lorcan und Natasha unter der Erde eingesperrt waren, was in Lorcans Fall nun wohl sinnlos war. Ich fragte mich, ob Natasha überhaupt noch lebte. Konstantinov hatte Mia um eine Beschreibung seiner Frau gebeten. Mia hatte noch einen draufgelegt und ein Foto geschickt. Der Hintergrund war schwer zu erkennen, aber es handelte sich eindeutig um Natasha. Das Foto war mit einem Blitz gemacht worden, der sie ganz bleich gemacht hatte, sie blinzelte und hatte eine Hand gehoben, so als wolle sie die Fotografin abwehren.
    Ich blieb am Rande der dichten Deckung stehen. Dahinter gab es nur noch etwa ein Dutzend Bäume bis zu dem Hang, der zur Mauer und dem Tor führte. Walker stand hinter mir und legte seine Arme um mich. Seine Hände bedeckten meine Brüste, seine Schnauze stupste mich an. Das gab es also noch, trotz allem. Natürlich. Es lag Dringlichkeit in seiner Berührung, aber auch

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