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Bad Moon Rising

Bad Moon Rising

Titel: Bad Moon Rising Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Duncan
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das allerdings nicht zu vermeiden, wenn sich unsere Blicke in dem Augenblick trafen, wenn wir es sein ließen, was es war: etwas weit Größeres, als gut für uns war. Das ist nicht ungefährlich, oder? Nein, ist es nicht. Hör nicht auf. Oh Gott, hör ja nicht auf.
    Postkoital gab das Hollywood, das jeder Amerikaner in sich trägt, seine Normen zu verstehen und deutete wiederholt irgendein Nachglühen an, wo ich auf seiner Brust herumspiele und ihn nach der Geschichte jeder einzelnen Narbe frage oder ihm irgendeine bezaubernd peinliche Geschichte aus meiner Jugend erzähle. Das ignorierten wir. Schweigen hielt uns davon ab, in das lausige Skript zu verfallen, überließ uns aber dem ominösen Kitzel, wie wenig wir einander zu sagen brauchten. Trotz all unserer Bemühungen wurden wir von ganz prosaischen Aha-Erlebnissen überfallen. Einmal wollte ich wieder in meine Jeans steigen, verhedderte mich mit einem Fuß und verlor das Gleichgewicht. Ich fiel nicht hin, sondern geriet in eine seitwärts hopsende Slapsticknummer à la Chaplin, und Walker sah zu, lächelte und meinte: »Immer mit der Ruhe, Tiger … immer mit der Ruhe«, und ich musste zum ersten Mal seit vor der Zeit in Alaska lachen, was wieder eine schreckliche Blume der Sympathie zwischen uns zum Blühen brachte. Irgendwann fiel mir auch auf, dass er davor zurückschreckte, meinen Namen zu sagen. Wenn, dann nannte er mich Miss D. Doch einmal sagte er leise und ohne nachzudenken »Talulla?«, als ich auf ihm lag. Es war dunkel, und er war nicht sicher, ob ich eingeschlafen war. Es wäre am klügsten gewesen, wenn ich so getan hätte, als sei ich eingeschlafen – stattdessen ertappte ich mich dabei, wie ich mich auf einen Ellbogen stützte, ihn auf den Mund küsste, ganz weiblich zart und entflammt davon, dass er unbedacht meinen Namen ausgesprochen hatte, unbedacht, das war der Punkt, es war so eine zerbrechliche, mutige Angelegenheit, unbedacht zu sein … Und die ganze Zeit sagte ich mir: ›Tu das nicht … tu das nicht … um Himmels willen, tu das nicht, du dumme Gans …‹, und ich spürte, wie die Kluft zwischen ihm und seinem früheren Selbst sich weitete, wie ein Planet, von dem aus er in den riesigen, völlig unbekannten Weltraum hinausschwebte. Mich.
    Wir redeten weiter nicht darüber. Darüber zu reden, würde nur zu der Einsicht führen, wie dumm es gewesen war, überhaupt damit anzufangen, und wie dumm, nicht damit aufzuhören. Ich stellte mir vor, wie meine Mutter sich das köstliche Chaos besah, das ich anrichtete. Es hätte ihr gefallen, da sie immer für das Leben war, und das Leben war nun mal zu seinen besten Zeiten ein köstliches Chaos; sie hätte es gutgeheißen, aber die Zeit der vernarrten Ignoranz von Fakten abgekürzt: »Er ist kein Werwolf, Talulla. Entweder machst du ihn zu einem, oder du musst ihn auf den Mond schießen.« Ansonsten würde sich das köstliche Chaos in einen Totalschaden verwandeln. Das erneuerte natürlich die Frage, ob ich tatsächlich jemanden verwandeln konnte, zugleich aber plagte mich der gesunde Menschenverstand: Welcher vernünftige Mensch würde mir dafür danken? Eine Affäre mit einem noch egoistischeren Motiv ließ sich nicht denken. Eine Affäre? Wohl kaum, nach Jakes und meinen Maßstäben – aber die Möglichkeit umringte uns wie ein aufziehender Sturm. Oberflächlich konnten wir uns vom Mythos der Fremden in einem fremden Land anziehen lassen, Körper, die in professioneller Kooperation zueinander stehen, die aphrodisische Nähe des Todes und der bezaubernde, ganz profane Reiz, nicht zur selben Spezies zu gehören, doch unter alldem lag meine moralische Bankrotterklärung und seine Faszination für jemanden, der (wie er fälschlich dachte) ihn ein für alle Mal von seiner Vergangenheit abtrennen konnte, indem er ihn in etwas anderes verwandelte. Die Möglichkeit bestand durchaus: Ein Teil von ihm wollte verwandelt werden.
    Es gab Augenblicke, in denen ich wusste, er war kurz davor, mir zu erzählen, was mit ihm passiert war. Er trat bis an die Kante … und dann wieder zurück, jedes Mal. Bis zu jenen frühen Morgenstunden (Walker war nie länger als zwei, drei Stunden im Hotel), als wir nach dem Sex, den wir ein wenig zu weit getrieben hatten, nebeneinanderlagen, und ich dachte, es würde keine zehn Minuten mehr dauern, bevor Zoë wach wurde und gestillt werden musste, und in der engen Atmosphäre um uns herum bewegte sich etwas, zerbrach, und ich wusste, noch bevor er den Mund

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