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Bad Moon Rising

Bad Moon Rising

Titel: Bad Moon Rising Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Duncan
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nicht rühren. Die Luft in der Kabine schmerzte vor unseren beiderseitigen Intuitionen. Plötzlich nahm ihr Geruch zu.
    »Jake«, antwortete sie. »Weiter weiß ich nicht.«
    Die weltengroße Computersimulation war fast vollständig. Über das Gefühl der Unausweichlichkeit hinaus war ich verletzt: Warum hatte er mir nichts davon gesagt? Wie hatte er es gemacht? Hatte er denn nicht den Virus? War er nicht unfähig, den Fluch weiterzugeben? Moment. Nein. Ellis hatte ihm doch gesagt, dass die WOKOP ihm bei passenden Gelegenheiten den Antivirus verpasst hatte. Drinks im Zetter. Das Hotel in Caernarfon. Hatte er gewirkt?
    Dieser Typ, mit dem ich mich traf.
    Das Zetter. Caernarfon.
    Die letzte Kleinigkeit der gigantischen CGI-Metamorphose fand ihren Platz. Wir hatten unsere neue Form angenommen.
    »Sie sind Madeline«, erklärte ich.
    »Ja«, erwiderte sie. »Woher wissen Sie das?«

28
    Es war unvorsichtig von mir, sie einfach so mit ins Dorchester zu nehmen, aber ich war nicht in dem Zustand, um besonders klug zu handeln. Ich sagte zu ihr, wir könnten im Taxi nicht reden, und als wir endlich in meiner Suite die Türen hinter uns zumachten, kochten die Fragen schier über. So schnell (und so einfach) wie möglich, erklärte ich ihr alles, was ich wusste: Jake; die fast völlige Ausrottung der Art; WOKOP; die Vampire; der Virus. Sie wusste nichts von der Jagdgesellschaft, war ihres Wissens nach nie verfolgt worden und hatte noch nie einen Vampir gesehen, nahm aber die Neuigkeit ihrer Existenz fraglos hin. Ich erwähnte die Tagebücher mit keinem Wort. Sie hätte sie lesen wollen, aber Jake war nicht sonderlich charmant gewesen. Das wir ihn gemeinsam hatten, verstärkte natürlich noch die Intimität, zwang mich zu inneren Bildern, die hübschen kleinen Vertuschungen in ihrem Gesicht, wenn er seinen Schwanz in ihren Hintern schob, die beiden, wie sie Champagner tranken, aufstanden, nackt waren, sie, wie sie sich im Bett in Caernarfon auf sein Handy rollte. Das hätte Feindschaft, zumindest Eifersucht bedeuten sollen, tat es aber nicht. Wolf übertrumpfte alles: wir waren fasziniert voneinander, wie gerade erst einander vorgestellte Schwestern. Da waren natürlich die äußerlichen Unterschiede, Nationalität, Bildung, Geschmack (ihr Mensch hatte mich abgestempelt als smart, vielleicht ein bisschen hochnäsig und, wichtig und beruhigend: nicht so schön wie sie), doch all dies verbrannte in der Hitze des Ungeheuers, das wir gemeinsam hatten, das mit uns dort saß wie ein pädophiler Onkel mit seinen beiden versauten Nichten. Jedenfalls hatte Madeline, trotz all dem Spott, den Jake für ihre Fähigkeiten übrighatte, die Geschäftsfrau in uns beiden erkannt, den Schmutzfleck des Kommerzes, die vollkommen sachliche Beziehung zu Geld. Das und die Verpflichtung zur Selbsterhaltung, zum Leben um jeden moralischen Preis. »Du liebst das Leben, weil es nichts anderes gibt. Es gibt keinen Gott, und das ist sein einziges Gebot.« Jake hätte ihr das nicht zu sagen brauchen.
    Sie hatte sich in der Nacht nach ihrer letzten Begegnung im Castle Hotel in Caernarfon verwandelt. Danach kehrte sie noch einmal zurück, um ihn zu suchen, aber zu dem Zeitpunkt war er natürlich schon in Frankreich gewesen.
    »Er hat mir davon erzählt«, sagte Madeline, »dass er zweihundert Jahre alt sei, und dass er jeden Monat Menschen tötet.« Sie saß mit einem schlanken, gestiefelten Bein über dem anderen in einem der cremefarbenen Ledersessel der Suite und trank einen Gin Tonic. Zoë war milchsatt, fühlte sich erkennbar sicherer und schlief in ihrer Wiege. Cloquet war auf seinem Zimmer. Ich hatte ihn angerufen und gesagt, ich sei wieder zurück, wolle aber nicht gestört werden. Ich brauchte Madeline erst mal für mich allein; er hätte alles nur verkompliziert. »Die Kunden erzählen einem alles Mögliche«, fuhr Madeline fort. »Die Hälfte von ihnen zahlt genau dafür. Normalerweise hört man sich das Ganze mit einer gehörigen Portion Skepsis an, oder? Bei ihm war das anders. Ich meine, wenn er einem Zeug erzählte, dann hörte sich das an wie aus einem Buch oder so.« »Er«, Jake, flammte zwischen uns auf und erlosch wie angenehm beschämender Sonnenschein. Es war, als würden wir beide uns nackt sehen. »Und dann der Kopf des armen Kerls in der Tasche«, fuhr sie fort. »Ach herrje. Und der andere Kerl nur: ›Er ist ein Werwolf, Schätzchen, hast du das nicht gewusst?‹, und ich denk noch: ›Verdammte Scheiße.‹ Ich meine, hinterher

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