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Bad Moon Rising

Bad Moon Rising

Titel: Bad Moon Rising Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Duncan
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nutzlose Waffe fallen und ließ sich fesseln. Drei Jäger näherten sich Konstantinov. »Auf die leichte oder die harte Tour, Mike?«, fragte einer von ihnen. »Liegt bei dir.« Noch bevor Konstantinov antworten konnte, schoss er ihm mit einem Betäubungspfeil ins Bein. Konstantinov fiel auf die Knie und ließ die Pistole fallen. Sein dunkles Gesicht war weich. Mit einer ungeheuren, hypnotisierenden Anstrengung stellte er sich auf ein Knie, schob den rechten Fuß unter sich, scharrte in der Luft, suchte nach Halt … und fiel um.
    Murdoch wendete sich wieder Hoyle zu. Ich spürte in Walker eine Art Erschöpfung, weil er wusste, wie weit sich Murdoch von gewissen Dingen entfernt hatte und wie sinnlos es war, auf Mitleid zu hoffen.
    Ich wünschte, Hoyle wäre bewusstlos gewesen, aber das war er nicht. Er konnte sich nicht rühren, aber er wusste, dass der Mann über ihm stand. Gefühle, die mir nicht zustanden, flackerten auf.
    Murdoch steckte in der vertrauten Sackgasse der Verärgerung. Am Ende war es immer ärgerlich, dass man herausfinden konnte, wie viel Gewalt ein Körper ganz genau ertragen konnte, bevor er starb. Jeder Körper ist anfänglich faszinierend und einzigartig. Jeder ist anfänglich der Wohnsitz einer Person. Wie in der Pornographie. Aber genau wie die Rituale in der Pornographie bereitete auch Gewalt der Einzigartigkeit ein schnelles Ende. Schon bald war die Person verschwunden, und alles, was übrig blieb, war dummes, endliches Fleisch. Und die Dummheit und Endlichkeit war eine Sackgasse, weil dein Wille unendlich ist und sich nicht befriedigen lässt. Dein Wille verlangt, dass die Person für immer da ist.
    (Wohingegen beim Werwolf … ja was? Da blieb die Person für immer? Sicherlich waren meine Opfer immer Menschen. Sicherlich lebten sie in mir weiter. Sicherlich war die Person niemals von der leiblichen Hülle getrennt. Wieder ein neuer Raum im Haus der vielen absurden Wohnungen: Ich las die Bücher, Murdoch verbrannte sie. Ich war Erotik, er war Pornographie. Jake wäre stolz auf mich gewesen.)
    Murdoch hob seinen Stiefel und trat so hart er konnte auf Hoyles Kopf. Hoyles Augenlider flatterten. Blut floss ihm aus dem Mund, genau wie der Saft aus einer Dose Kirschen, die ich mal sinnloserweise mit Laurens Taschenmesser angepikst hatte. Murdoch holte aus und trat Hoyle ins Gesicht. Hoyles Kopf schlug nach hinten, ein Zahn flog davon. Einen Augenblick lang stand Murdoch mit dünnlippigem, geschlossenem Mund da und atmete durch die Nase. Dann nahm er das Maschinengewehr von der Schulter und packte es am Lauf. Er stellte sich richtig hin, holte mit der Waffe bis über die Schulter aus und ließ sie mit aller Kraft auf Hoyles Kopf knallen.
    Das wiederholte er vielleicht eine Minute lang, fünfzehn oder zwanzig Schläge, dann hörte er wieder auf.
    Hoyle war natürlich tot. Sein linkes Auge lag auf dem Boden, sein Gehirn schaute zur Hälfte aus dem Schädel. Ein Kreis aus dunklem Blut hatte sich um den Rest seines Kopfes gelegt. Das Bild erinnerte mich an eine Monty-Python-Zeichnung, an eine von Terry Gilliams grotesk fesselnden Animationen. Murdoch stupste mit der Schuhspitze nach dem Augapfel. In den Männern ringsherum steckte eine Masse an stummer Energie. Murdoch sah Walker eine Weile mit leeren Augen an. Es schien, als müsse einer von ihnen etwas sagen, doch beide schwiegen. Ich hatte eine starke Empfindung für all die Zeit und Energie, die ich darauf verwendet hatte, mir einzureden, nicht daran zu glauben und doch daran geglaubt zu haben, dass all dies hier mich zu meinem Sohn bringen würde. All die Zeit und Energie und der Glauben zerflossen zu nichts, wie Vertrauen in einen Verräter, wie Milliarden in einem Finanzskandal.
    Dann spürte ich einen stechenden Schmerz in der Schulter, und innerhalb von fünf Sekunden war alles schwarz.

35
    Ich erwachte vom Gestank nach Vampir.
    Und Desinfektionsmittel. Dem folgten umgehend die Erinnerungen an Murdochs gelangweiltes Gesicht, an Hoyles Auge am Ende des Sehnervs und Zoës warmen, zerbrechlichen, nach Schlaf duftenden Kopf, als ich sie zum Abschied küsste.
    Ich drehte mich zur Seite und übergab mich.
    Ich lag allein auf dem Boden einer Gefängniszelle. Drei auf vier Meter, blanker Beton zu drei Seiten, die vierte eine Reihe von zehn Zentimeter dicken Stahlstäben, die selbst Wolf in all seiner Macht nicht verbiegen konnte. Ein gelber Eimer. Eine große Plastikflasche Wasser. Das Summen einer Klimaanlage und das schalldichte Gefühl, tief

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