Bädersterben: Kriminalroman
ausgerechnet mit Dieter Duckstein zusammen. Dieser niederträchtige Kerl hatte früher schon dem Investor Heidenreich aus Hamburg die Frau ausgespannt, und als sie sich von ihm getrennt hatte, lernte er in Polen Anna Maria kennen und nahm sie sozusagen als Ersatz einfach mit nach Deutschland, ohne Rücksicht auf ihre Bedürfnisse zu nehmen. Na ja, und weil Duckstein wegen mancherlei Projektfinanzierungen am Rockzipfel von Dr. Rogge hängt, kam sie öfter mit auf die Insel. So habe ich sie kennen- und lieben gelernt.«
Kommissar Hansen blickte Rasmus Rasmussen tief in die Augen. Der Mann war gebrochen. »Ist Duckstein denn mit Dr. Rogge ins Geschäft gekommen?«
Rasmussen verneinte das. »Zunächst nicht, er wirkte einfach zu unseriös. Aber irgendwann haben sich Reinicke und Duckstein gefunden, ein Herz und eine Seele. Im Anschluss hat Reinicke mit Geld nur noch um sich geworfen, obwohl er lediglich ein mittelprächtiges Salär bezog. Mir war das egal, solange Anna Maria sich von Duckstein vernachlässigt fühlte und in meine Arme wechselte. Sie war eine tolle Frau. Es war unglaublich, wie sie in wenigen Jahren aus der abgehalfterten Pension meiner Eltern ein Vier-Sterne-Haus gezaubert hat.«
Im Geiste zog Kommissar Hansen im Vergleich zu europäischen Häusern zwar zwei Sterne ab, obwohl das immer noch einen Stern mehr bedeutete als bei seiner bescheidenen Pension in Sankt Peter. Doch nach dem Gang mit Ten Hoff über die Insel schien ihm die Klassifizierung für Helgoländer Verhältnisse durchaus berechtigt zu sein.
Jetzt bohrte Ten Hoff nach. »Herr Rasmussen, hat es Sie denn nie nervös gemacht, dass Duckstein ständig wegen Reinicke auf die Insel kam?«
Rasmussen schüttelte energisch den Kopf. »Zunächst eigentlich nicht. Anna Maria und ich waren schließlich frisch verheiratet, und ich hatte mehr das Gefühl, ausgerechnet meinen undankbaren Bruder im Auge behalten zu müssen.«
Hansen griff ein. »Aber irgendwann haben sich Duckstein und Ihre Frau wieder getroffen, richtig?«
Rasmus Rasmussens Blick glitt jetzt auf den Boden des Tresens. »Das ist leider Gottes richtig. Sie haben sich anfangs versteckt getroffen, aber auf einer kleinen Insel wie Helgoland kann man Geheimnisse nicht verbergen. Wissen Sie, letzten Dienstag hat meine Frau im dicken Nebel einem späteren Hausgast, der sie auf einem Horrorflug begleitet hatte, im Nebel am Hafen zum Dank einen Kuss auf die Wange gedrückt. Keine zwei Minuten später klingelte bei mir bereits das Telefon. Sie können sich vorstellen, wie sehr ich mich auf diesen Gast gefreut habe.«
Innerlich musste Hansen grinsen, denn das konnte nur Stuhr gewesen sein.
Ten Hoff klinkte sich wieder in das Gespräch ein. »Ihr Bruder hatte nach meiner Aktenlage inzwischen ebenfalls geheiratet. Hat seine Frau denn von alledem nichts mitbekommen?«
Rasmussen zuckte mit den Schultern. »Ruth? Nein, das glaube ich nicht, denn so richtig herangelassen hatte Anna Maria nach meinem Empfinden den Fiete anscheinend nicht. Im Gegenteil, je öfter Duckstein auf die Insel kam, umso schroffer behandelte sie Fiete. Deswegen hat sich das Verhältnis zu meinem Bruder auch wieder entspannt. Zum Schluss haben wir sogar wieder Skat zusammen gekloppt. Letztendlich habe ich in der Verwandtschaft nur noch meinen Bruder, und Blut ist nun einmal dicker als Wasser.«
Hansen war sich nicht sicher, ob Rasmussen mit seiner Einschätzung richtig lag oder ob es Wunschdenken war. »Aber Ihre Frau hat sich in der Folge wieder öfter mit Duckstein getroffen, richtig?« Rasmussen nickte. »Nicht nur öfter, Kommissar, sondern auch immer ungenierter. Vorgestern Abend sollen Duckstein und sie wie ein trautes Paar in den Mocca-Stuben gesessen haben. Zum Schluss ging Anna mehr oder weniger, wann und wohin sie wollte. Irgendwann habe ich aufgehört, sie zur Rede zu stellen. Eine glückliche Ehe war das nicht mehr.«
Der Kommissar nickte zwar, aber eine glückliche Ehe, was hieß das schon? Manche Ehen sind für beide Partner irgendwann nur noch ein Joch.
Kommissar Ten Hoff führte das Gespräch weiter. »Gestern am Hafen soll sich eine hässliche Szene abgespielt haben, als Ihre Frau dem flüchtenden Duckstein hinterhergelaufen ist und ihn arg beschimpft hat.«
Stille breitete sich am Tresen aus. Es dauerte eine Weile, bis Rasmussen Luft holte, um die Tragödie weiter zu erzählen. »In der Biologischen Anstalt tobt schon länger ein Kampf um die Führung zwischen Jürgen Rogge und seiner eifrigen
Weitere Kostenlose Bücher