Bädersterben: Kriminalroman
Hansen manchmal für seine Ehe gewünscht, aber nach den vielen Jahren lebt man eigentlich sowieso mehr nebeneinander her. Mit seinem Beruf hatte er ja auch ein besonders interessantes Hobby. Nein, verlassen würde er seine Frau nicht, aber im Nachhinein hätte er sich doch mehr Gemeinsamkeiten gewünscht.
»Pieter, ich verstehe das trotzdem nicht. Wo sind die Parallelen zum Fall auf Sylt und in St. Peter-Ording?«
Sein Kollege strahlte ihn an. »Well, das liegt doch auf der Hand. Auch der Aktivist war schon lange tot, bevor er beim Anlegen der Atlantis an der Spundwand zerquetscht wurde. Vermutlich zur Abschreckung von weiteren Protesten zur neuerlichen Elbvertiefung. Alle Opfer waren lange tot, bevor sie gefunden wurden, und alle bildeten eine Art Mahnwache.«
Gut, das konnte Hansen noch nachvollziehen. »Aber die Elbvertiefung, die betrifft doch nicht Sylt oder St. Peter-Ording. Wen sollten die Opfer dort abschrecken?«
Pieter grinste breit. »Nun, vor Sylt wird jedes Jahr für Millionen Euro Sand aufgespült zum Küstenschutz, und 30 Kilometer vor der Insel wird gerade der Offshore-Windpark Butendiek hochgezogen. In St. Peter-Ording würde man gern größere Teile des Naturschutzgebietes Wattenmeer für den Tourismus öffnen, und gleichzeitig wird geprüft, ob in 1.000 Metern Tiefe ein Endlager für Kohlendioxid aus anderen Bundesländern errichtet werden kann. Shit. Das sind alles Millionen-, wenn nicht gar Milliardenprojekte. Wenn irgendein Hirnloser dagegen agiert, wird der von den Investoren mit Geld zugeschissen oder beseitigt. Es geht um viel Kohle, um schwarze Luxusautos und blonde Frauen.«
So hatte Hansen die Sache bis jetzt noch nicht gesehen. »Mensch, Pieter, du kennst dich aber aus.«
Sein Kollege winkte ab. »No, no, nicht ich. Wir haben bei uns einen Archivfuchs, der findet so etwas alles heraus. Hansen, hast du dich eigentlich einmal gefragt, für wen dein Opfer in Sankt Peter als Abschreckung dienen könnte?«
Hatte Hansen Tag und Nacht, aber ohne eine Antwort zu finden. Er schüttelte den Kopf.
Ten Hoff fuhr fort. »Ich habe heute Morgen die Claudia verhört. Die hat mich über viele Hintergründe aufgeklärt.
Der Kieler Kommissar war irritiert. »Claudia? Welche Claudia denn?«
Erstaunt sah ihn Ten Hoff an. »Na, die Mutter von dem Malte. Hast du die Spur denn nicht weiter verfolgt?«
Auch darauf konnte sich Hansen noch keinen Reim machen.
»Na, der Malte, der jetzt in Bad Bederkesa bei seiner Mutter lebt. Der Sohn von Michael Reinicke.«
Klar, jetzt fiel es dem Kommissar wie Schuppen von den Augen. Er hatte auf eine Vernehmung von Claudia Reinicke zunächst verzichtet, weil sie und ihr Sohn nicht mehr auf der Insel gemeldet waren und er nicht einfach so in Niedersachsen ermitteln konnte. Pieter schien die ersten Teile des Puzzles richtig zusammengefügt zu haben. Dennoch, Bedenken blieben. »Hat denn Reinicke gutachterliche Aufträge an diesen Orten gehabt?«
Sein Cuxhavener Kollege nickte ernst. »Ja, aber nicht nur dort. Er war ausgesprochen dick im Geschäft für die Biologische Anstalt. Teilweise hatte er aber auch privat Unteraufträge angenommen. Die Wedeler Yachthafenvereinigung beispielsweise hatte von ihm ein Gutachten erstellen lassen, inwieweit die neuerliche Elbvertiefung ihren Sportboothafen zusätzlich verschlicken würde.«
Das erklärte immerhin den Flug von Reinicke nach Wedel, von dem der Pilot Grenz berichtet hatte. An dieser Stelle bohrte Hansen nach. »Hat die Yachthafenvereinigung das Gutachten bei der Biologischen Anstalt Helgoland bestellt oder direkt bei Reinicke?«
Ten Hoff blickte ratlos. »Das ist eine der wenigen Fragen, die mir Claudia Reinicke nicht beantworten konnte oder wollte. Schließlich bezog sie Unterhalt von ihm. Sie hat in diesem Punkt die Aussage verweigert, aber dieses Recht steht ihr auch zu. Deshalb wollte ich dich bitten, mit mir gemeinsam nach Helgoland zu fahren, um den Leiter der Anstalt zu verhören. Dr. Rogge soll er heißen. Ich kann allein dort nichts ausrichten, denn Helgoland gehört verwaltungsmäßig zu eurem Landkreis Pinneberg. Das ist euer Beritt.«
Jetzt konnte Hansen endlich einmal seinen niedersächsischen Kollegen verblüffen. »Yes. Das ist richtig, Pieter. Den Dr. Rogge kannst du aber knicken, der hat keinen Durchblick. Sei unbesorgt, wir durchforsten gerade die gesamte Anstalt. Meine besten Leute sind vor Ort, und meinen Oberkommissar werde ich nach Wedel schicken. Ich halte dich auf dem Laufenden.«
So
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